Pfarrer P. Johannes zum Ostermontag
![pixabay](/img/02/81/0002252b5aa246257cda/--Emmaus-1-.jpg)
Wir hören dieses Evangelium immer am Ostermontag, Es ist die Botschaft einer Verwandlung, wie sie viele Menschen auf ihre Weise schon erlebt haben, und die in einer erfahrenen Sinnlosigkeit einen völlig neuen Sinn aufleuchten lasst.
Verzweiflung:
„Wir aber hatten gehofft…“, so sagen die Jünger zum Auferstandenen, den sie nicht erkennen. Da waren so viele Projekte, Ziele, Modelle des Erfolges, und Jesus aus Nazaret hat noch viele neue Möglichkeiten eröffnet, die sie sich entsprechend ihren irdischen Vorstellungen ausgemalt haben.
Auch heute setzen sich die Menschen große Ziele und sind bereit, sehr viel dafür zu investieren. Es mag allerdings auch Typen wie den „verlorenen Sohn“ geben, die es allzu leichtnehmen.
Und dann kommt der Crash. Im Falle der Emmausjünger ist es die Verhaftung Jesu und seine Verurteilung zum Tod. Jetzt ist alles aus. Alles ist absurd geworden, die ganze Lebensenergie wurde sinnlos verschwendet. Wozu soll man noch leben? Es bleibt vielleicht noch die Flucht, raus, weg, sich betäuben…. Das könnte alles Mögliche sein, Flucht in die Arbeit, in eine Sucht, manchmal auch in Kriminalität.
Der Crash kann auch, wie in einem konkreten Fall, als Folge eines schweren Unfalls eine Querschnittlähmung sein, sodass jemand auf einen Schlag zu einem Pflegefall wird. Wie soll man damit umgehen? Da stellt sich die Frage, ob es sich noch zu leben lohnt.
Der „verlorene Sohn“ hockt jetzt bei den Schweinen und ihm bleibt von allem Übermut nur noch die Depression, eine Erfahrung der Sinnlosigkeit.
- Jesus, der Auferstandene, geht mit.
„Was sind das für Dinge, über die ihr auf eurem Weg miteinander redet?“ So fragt der Herr die beiden, und sie schütten ihm ihr Herz aus. Sie reden von den vielen Erwartungen, die sie hatten, von den Plänen, von ihrem Engagement, und vom Zerbrechen aller Hoffnungen. Sie zeigen ihr bisheriges Leben, dem jetzt der Boden entzogen worden ist, sodass sie das Gefühl haben, in einen Abgrund zu stürzen.
So mag es dem querschnittgelähmten Sportler gehen, wenn er sich seine Medaillen und Pokale ansieht, so geht es wohl vielen, bei denen früher alles wunderbar gelaufen ist.
- „Wie schwer fällt es euch, alles zu glauben…“
Jetzt erschließt Jesus den beiden Jüngern größere Zusammenhänge. Man hätte das alles schon früher bedenken können, aber es passte nicht zu den bisherigen Lebensplänen. Man hat es ausgeblendet. Erst nachdem die bisherige Welt zusammengebrochen ist, wird Platz für neue Sichtweisen.
Der Fremde eröffnet, ausgehend von den Propheten, was in der ganzen Schrift über Jesus gesagt ist. Ich könnte mir vorstellen, dass den betrübten Wanderern bei seinen Worten immer wieder ein „ach ja!“, „tatsächlich“, „wahrhaftig“ oder ähnliches über die Lippen gekommen ist und dass ihnen ständig ein neues Licht aufgegangen ist, auch die Frage: „Warum bin ich da nicht schon früher draufgekommen?“
In der Parabel vom „verlorenen Sohn“ wäre es der Augenblick der Erkenntnis, dass es beim Vater dem niedrigsten Sklaven besser geht als ihm. (Man mag sich durchaus auch die Lebensgeschichte von Thomas Geierspichler ansehen, der bei Paralympics mehrere Medaillen mit seinem Rennrollstuhl gewonnen hat. Unter YouTube findet man eine Reihe von Interviews, in denen er von seinen Lebenserfahrungen, insbesondere von seinem schweren Unfall und den Jahren danach erzählt.)
- „Bleib bei uns!“
Langsam erschließt sich also eine neue Welt mit neuen Perspektiven. Diese Welt ist fast allen normalen Menschen fremd. Jeder hat seine Lebensperspektiven auf einen beschränkten Horizont gegründet und begnügt sich damit. Die Emmausjünger spüren genau, wie sehr sie die Nähe dieses Fremden brauchen, der ihnen die größere Wirklichkeit aufgezeigt hat. Er soll bei ihnen bleiben. Lukas erwähnt ausdrücklich, dass er mit ihnen ging, „um bei ihnen zu bleiben.“
Und da nimmt der Begleiter Brot, spricht das Dankgebet, bricht es und gibt es ihnen. …… Und da durchdringt sie augenblicklich die himmlische Wirklichkeit.
Mir kommt diese Erfahrung so vor wie der Augenblick, in dem Petrus, Jakobus und Johannes auf dem Berg der Verklärung Jesus im himmlischen Licht gesehen haben. Es ist ein unvergänglicher Augenblick, ein Aufleuchten der vollen Wirklichkeit in unserer kleinen, beschränkten Welt. Jetzt wird ihnen die wahre Bedeutung des Seins offenbar.
- Noch in derselben Stunde brachen sie auf und kehrten nach Jerusalem zurück.
Die beiden sind verwandelt! Aus der anfänglichen Verzweiflung ist eine neue Gewissheit geworden, die sie mit solcher Kraft erfüllt, dass sie, die wohl schon die Übernachtung bestellt hatten, jetzt in die Stadt zurücklaufen, von der sie nichts mehr sehen und hören hatten wollen. Es ist eine geteilte Erfahrung. Da braucht man nicht darüber zu reden, jeder weiß, dass der andere das gleiche erlebt hat! Diese Erfahrung muss jetzt weiter geteilt werden! „Wir haben Jesus erkannt, als er uns das Brot brach!!!“
Diese neue Kraft hat im Lauf der Geschichte viele in Erstaunen versetzt. So wundert sich der hohe Rat in Apg 4,13 über Petrus und Johannes, ungelehrte Leute, die mit solchem Freimut Jesus als den Auferstandenen verkünden und dabei Kopf und Kragen riskieren. „Wir können unmöglich schweigen über das, was wir gesehen und gehört haben!“
Bei Paulus gibt es den Satz: „Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde!“ (1 Kor 9,16). Auch der Prophet Jeremia schreibt in 20,9, dass er es nicht schafft, das Wort Gottes nicht zu verkünden, weil es dann in seinem Inneren wie ein Feuer brennt, das nicht auszuhalten ist.
So wird es wohl den Emmausjüngern gegangen sein – ein unsagbares Glücksgefühl trotz aller Ängste, eine Freude, ein unbeschreibliches Drängen, das Wort des Lebens weiterzusagen.
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.