Pfarrer P. Johannes zum 4. Fastensonntag
Es gilt jetzt, genauer zu bedenken, was das heißt, aber auch, warum sich so viele gegen das göttliche Licht wehren. Dabei sollten die Aussagen der Frohbotschaft in den größeren Rahmen eingeordnet werden:
1. „Wenn jemand nicht von oben geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.“ (Joh 3,3)
Das heutige Evangelium ist die Fortsetzung des nächtlichen Gesprächs zwischen Jesus und dem Gesetzeslehrer Nikodemus. Dieser versteht das Jesuswort nicht, und der Herr spricht dann von einer Geburt aus Wasser und Heiligem Geist. Damit darf durchaus ein Verweis auf die Taufe und auf ein Leben in einer Gemeinschaft, die sich auf Christus gründet, erkannt werden. Getragen ist dieses Leben von der Kraft des Heiligen Geistes, im Glauben an die Auferstehung. Während das normale Leben nur vordergründig Erfolg verspricht, aber schließlich in der Sinnlosigkeit des Todes endet, eröffnet sich hier eine ganz neue Lebensmöglichkeit mit einer Ewigkeitshoffnung, die zugleich Neugestaltung des irdischen Lebens ermöglicht. Der Blick auf das Reich Gottes verändert die Maßstäbe für die persönlichen Entscheidungen grundlegend. Was normalerweise in Angst und Panik versetzt, verliert seinen letzten Schrecken.
2. „Wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der glaubt, in ihm ewiges Leben hat.“
Damit wird auf das Ereignis von Num 21,4-9 Bezug genommen. Die Israeliten hatten sich in der Wüste gegen Gott aufgelehnt, woraufhin Giftschlangen viele Menschen bissen. Als Mose zu Gott schrie, wurde ihm befohlen, eine Kupferschlange auf einer Fahnenstange zu befestigen. Wer diese nach dem tödlichen Biss anblickte, blieb am Leben.
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Der Bezug zum Kreuzestod Jesu ist offensichtlich. In der todgeweihten Welt ermöglicht der erhöhte Herr die Lebensrettung! Zu betonen ist, dass es normalerweise keinen Ausweg aus der Verfallenheit an den Tod gibt. Wer von der Schlange gebissen wird, hat keine Überlebenschance! Im Blick auf die göttliche Liebeszuwendung in Jesus Christus eröffnet sich Zukunft, der auch das Schlangengift nichts anhaben kann.
3. „Denn darin besteht das Gericht: Das Licht kam in die Welt, doch die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht; denn ihre Taten waren böse.“
Im Gesamtzusammenhang des heutigen Evangeliums können wir das Wort vom Licht, das bei Johannes so wichtig ist (Joh 1,9; 8,12; 9,5; 12,46) als neues Bild für den erhöhten Menschensohn sehen. Dann stellt sich die Frage, warum so viele, die durch den Blick auf ihn am Leben bleiben könnten, lieber die Finsternis und damit den Tod wählen. Das Handeln eines Menschen bleibt nicht ohne Auswirkung auf die Weise, die Welt und auch sich selbst zu sehen. Taten der Finsternis trüben den klaren Blick auf die Wirklichkeit, sie engen das Gesichtsfeld ein ähnlich wie ein Glaukom. Man sieht nur mehr, worauf man fixiert ist und nimmt die größeren Zusammenhänge nicht mehr wahr.
Mir fällt da immer das Gleichnis vom reichen Mann und dem armen Lazarus im Lukasevangelium (Lk 16,19-31) ein. Der reiche Mann ist unfähig geworden, den armen Lazarus zu sehen, und Jesus geht so weit, zu sagen, dass nicht einmal ein Toter, der auferstehen würde, diese einmal eingetretene Blindheit heilen könnte. Wer es gewöhnt ist, in der Finsternis des Egoismus zu leben, ist nicht mehr fähig zu sehen, was nur im Licht der Liebe Gottes wahrgenommen werden kann.
Sowohl in der ersten als auch in der zweiten Lesung geht es um Aussichtslosigkeit, aus der Gott trotzdem einen Ausweg findet: Im 2. Buch der Chronik geht es um die Zerstörung Jerusalems und die babylonische Gefangenschaft unter Nebukadnezzar. Dann aber beruft Gott den Perserkönig Kyros, und die Gefangenen dürfen zurück nach Israel und mit einem Neuaufbau beginnen. Der Epheserbrief schreibt, dass die Menschen durch die Sünde tot waren, und das ist doch endgültige Ausweglosigkeit. Gott kann auch hier noch neues Leben schaffen.
Es mag äußerst schmerzlich sein und widerspricht allemal den Plänen der Menschen, aber Gott vermag aus dem scheinbar endgültig Zerbrochenen und Abgestorbenen etwas Lebendiges neu zu schaffen.
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.