Pfarrer P. Johannes zum Fest der Erscheinung des Herrn
Liebe Pfarrgemeinde!
Das heutige Fest „Erscheinung des Herrn“, das ältere und ökumenische Weihnachtsfest erschließt uns das Weihnachtsgeheimnis in besonderer Weise. Sterndeuter kommen aus dem Osten, um dem König zu huldigen, dessen Stern sie aufgehen haben sehen. Eine kleine Fürstenstadt wird gepriesen, weil aus ihr der Retter hervorgehen wird, der verheißene, sehnsüchtig erwartete Christus-Messias. In dieser ungeheuren Spannung zwischen universal und regional spielt sich also Weihnachten ab.
- „Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren worden war, siehe, da kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen.“ (Mt 2,1-2)
Diese Aussage des Matthäusevangeliums eröffnet den Blick auf das Geheimnis des Menschen selbst. Der Mensch ist offensichtlich immer auf der Suche nach einem Geheimnis, das ihm das Leben in seiner ganzen Fülle eröffnet. Auch der einigermaßen Zufriedene spürt genau: Es muss doch mehr geben! Das hier kann doch nicht das ganze Leben sein! Das gibt es doch nicht, dass ich nur für einige Jahrzehnte in eine Welt hereingeboren bin, um im Grunde meines Wesens ständig Angst vor dem todsicher eintretenden Augenblick zu haben, an dem ich die Welt wieder verlassen werde. Es kann doch nicht sein, dass ich mich hier abplage, und schließlich wird sich alles in NICHTS auflösen! Alle meine Träume, meine Liebe, meine Sehnsucht, meine Trauer, meine Hingabe, meine Angst, auch mein Zorn…. Alles sinnlos???
Es ist die Sehnsucht nach dem, der auf diese Fragen Antwort geben könnte, der diese Sterndeuter nach Zeichen am Himmel suchen lässt, die Hinweise geben könnten. Sie erkennen ein Zeichen, das für sie so deutlich ist, dass sie aufbrechen und sich auf die Suche begeben.
Ihr Ziel ist Israel, und – wo sollte der König geboren werden, der so kosmische Bedeutung haben sollte, dass die Sterne darauf hinweisen – doch nur in einem Königspalast!
2. Du, Betlehem im Gebiet von Juda, bist keineswegs die unbedeutendste unter den führenden Städten von Juda; denn aus dir wird ein Fürst hervorgehen, der Hirt meines Volkes Israel. (Mt 2,6)
Für Herodes und die Schriftgelehrten ist ganz klar: Wenn ein Stern Menschen aus dem Ausland dazu bewegt, dann kann nur der seit Jahrhunderten ersehnte Christus jetzt geboren worden sein. Schon der Seher Bileam hatte von einem Stern gesprochen. „Ich sehe ihn, aber nicht jetzt, ich erblicke ihn, aber nicht in der Nähe: Ein Stern geht in Jakob auf, ein Zepter erhebt sich in Israel“ (Num 24,17). Und der Prophet Micha (5,1 f.) wird hier direkt zitiert.
Es ist geradezu schockierend, dass irdische Machtgier so weit gehen kann, das Heil der Welt, das jetzt ganz nahegekommen ist, nicht nur abzulehnen, sondern zu versuchen, es mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln aus dem Weg zu räumen!
Das war offensichtlich zu allen Zeiten so, und davor ist sogar die Kirche selbst bis in unsere Zeit nicht gefeit. Auch hier gibt es ständig die Versuchung der irdischen Machtgier, die die religiösen Möglichkeiten dazu schamlos ausnützt, sich selbst auszubreiten. Im Laufe der Geschichte sind geistliche Menschen wegen ihrer Kritik gefoltert oder sogar auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden. Man denke nur an das Todesurteil für Jan Hus auf dem Konzil zu Konstanz, oder an Savonarola, der es gewagt hat, den damaligen Skandalpapst zu kritisieren. Auch die Armutsbewegung des Christentums im Hochmittelalter wurde von der reichen und mächtigen Kirche mit Argusaugen betrachtet und man suchte sogar bei Franz von Assisi irgendwelche Irrlehren, um ihn eventuell verurteilen zu können.
3. Als sie den Stern sahen, wurden sie von sehr großer Freude erfüllt. Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm. (Mt 2,10 f.)
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Die Sterndeuter entdecken den Stern neu. Offensichtlich haben sie ihn aus den Augen verloren, als sie vor dem Königspalast standen. Sie haben jetzt dazugelernt. Der König, dem die wirkliche Macht zusteht, braucht keinen Palast. Ihm genügt eine Futterkrippe. Was wahrhaft groß ist, braucht sich nicht aufzuspielen, braucht kein Machtgehabe! Ein Retter, der die aus den Augen verliert, die gerettet werden sollen, ist kein Retter. Wie soll jemand den Armen helfen können, der gar nicht weiß, was Armut ist? Es kommt noch dazu, dass jemand, der unter Machtneurose leidet, wohl zu den Ärmsten überhaupt gehört. Wer sich ständig sich selbst beweisen muss, leidet doch in Wirklichkeit unter furchtbaren Minderwertigkeitskomplexen. Wie soll man aber einem Herodestypen helfen können? So werden später Leute wie Kajaphas oder Hannas oder auch Pontius Pilatus für den Heiland am gefährlichsten und schließlich tödlich werden. Gerade die österliche Offenbarung des göttlichen Sieges wird aber zeigen, wer wirklich würdig ist, Macht zu beanspruchen.
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In der Offenbarung des Johannes wird es im Lobpreis über das Lamm, das geschlachtet wurde, zum Ausdruck gebracht: „Sie riefen mit lauter Stimme: Würdig ist das Lamm, das geschlachtet ist, Macht zu empfangen, Reichtum und Weisheit, Kraft und Ehre, Lob und Herrlichkeit. Und alle Geschöpfe im Himmel und auf der Erde, unter der Erde und auf dem Meer, alles, was darin ist, hörte ich sprechen: Ihm, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm gebühren Lob und Ehre und Herrlichkeit und Kraft in alle Ewigkeit. Und die vier Lebewesen sprachen: Amen. Und die vierundzwanzig Ältesten fielen nieder und beteten an.“ (Offb. 5,12-14)
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.