Pfarrer P. Johannes zum Weihnachtsfest
Liebe festliche Gemeinde!
Wir hören beim Mettenamt jedes Jahr das wunderbare Weihnachtsevangelium, das wirklich berührend das Mysterium der Menschwerdung des Gotteskindes erzählt, zunächst ohne irgendwelche wunderbaren Ereignisse, von der Volkszählung über die Herbergsuche bis zur Geburt in einem Viehunterstand, in einem Stall. Der zweite Teil erklärt nicht nur den Hirten, sondern auch uns in der Botschaft der Engel das unfassbare Geheimnis. Die Fortsetzung im sogenannten Hirtenamt ist dann der Besuch der Hirten, die wieder nur ein normales, armes Ereignis sehen, aber fähig sind, das Wunder zu glauben.
1. Es geschah aber in jenen Tagen, dass Kaiser Augustus den Befehl erließ, den ganzen Erdkreis in Steuerlisten einzutragen.
Der Evangelist Lukas ordnet das wunderbare Ereignis in den geschichtlichen Rahmen ein: Die römische Besatzungsmacht soll im Auftrag ihres Kaisers feststellen, wieviel Steuern man dem Volk Israel abknöpfen kann. Genannt wird auch noch der damalige römische Statthalter in Syrien. Erwähnt wird, dass Josef aus dem Stamm Davids stammt und deshalb nach Betlehem reisen muss, um sich dort aufschreiben zu lassen.
Damit zeigt Lukas auch schon den extremen Kontrast zum Friedenskönig an, von dem die Engel dann singen werden. Dem Kaiser geht es um Macht und Geld, Christus wird es um die Botschaft von der Liebe des himmlischen Vaters gehen, die gratis ist, die keine Leistung fordert, die nur mit ganzem Herzen angenommen werden muss, was aber gar nicht leicht für die Mächtigen ist, wie sich gleich zeigen wird.
Lukas erwähnt dann noch, dass Josef nirgends Platz findet für Maria, die kurz vor einer Geburt steht. (Gerade diese furchtbare Notsituation damals hat in unseren Tagen beklemmende Aktualität. Die Interessen des Kaisers damals offenbaren sich auch in der gegenwärtigen Politik in beschämender Weise.) Der Heiland wird in einem Stall geboren und wird, wie das Evangelium ausdrücklich erwähnt, in eine Krippe gelegt. Das ist vielleicht oft romantisiert worden, spiegelt aber in der erschreckenden Realität, wie sie Lukas schildert, die unvorstellbare Not, in der der Großteil der Menschheit leben muss.
2. Der Engel sagte zu den Hirten: Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll!
Der zweite Teil des Weihnachtsevangeliums beginnt noch sehr irdisch und alltäglich: Da sind Hirten auf dem Feld und halten Nachtwache bei ihrer Herde. Hirten waren damals vom vornehmen, geregelten Leben ausgeschlossen, waren einfache, naturverbundene, aber oft auch ruppige Typen, mit denen man lieber nichts zu tun haben wollte.
Bei Lukas sind es aber zunächst auch die einzigen, denen geoffenbart wird, was hier eigentlich geschehen ist. - Euch ist heute der Retter geboren worden!
Das kann für uns eine Warnung sein: Das geregelte, vornehme Leben im Überfluss ist nicht gerade dazu angetan, die Ungeheuerlichkeit der Weihnachtsbotschaft in ihrer Tiefe wahrzunehmen, da ihnen der Engel gleich sagt, dass sie überhaupt nichts Besonderes sehen werden, sondern nur ein Kind, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.
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Gerade die Hirten vermögen aber das Wunder zu erkennen. Nur sie hören den Gesang der Engel: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens. Nur sie glauben der Botschaft, dass Gott jetzt einer friedlosen Welt einen Frieden anbietet, der alles Irdische überbietet, ja, der aus der Höhe, vom Himmel, von Gott selbst kommt. Den anderen bleibt dieses Geheimnis verborgen. Denen ist das Begreifliche, Berechenbare wichtiger.
3. Die Hirten sagten zueinander: Lasst uns nach Betlehem gehen, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr kundgetan hat!
Wir hören diesen dritten Teil des Weihnachtsevangeliums nicht beim Mettenamt, sondern in der Hirtenmesse, dem Auroraamt am Weihnachtstag selbst. Dieses Aufbrechen der Hirten, das in vielen Weihnachtsspielen auch dargestellt wird, ist aber sehr wichtig, und unsere Weihnachtskrippe zeigt uns ebenso die Verehrung des Kindes durch die Hirten.
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Wenn die Heilsbotschaft ergeht, kann man nicht so weiterleben wie bisher. Da ist Aufbruch gefordert. Was so faszinierend ist: Die Hirten sehen genau, was ihnen der Engel gesagt hat, eine armselige Situation. Da ist nichts von einem Retter zu sehen, der ihr Schicksal ändern wird, im Gegenteil, sie erleben eine Atmosphäre, die ihnen vertraut ist: Einen Stall und eine Futterkrippe, in der ein neugeborenes Kind liegt. Gerade auf diese Weise können sie aber erkennen, dass Gott nicht auf die Welt kommt, um das irdisch Mächtige, Reiche zu verherrlichen, sondern Armut und Not auf sich zu nehmen. Der Herr kommt so in diese Welt, dass die bisherigen Außenseiter, die Menschen zweiter Klasse, plötzlich die ersten sind. Den Armen wird das Evangelium verkündet!
Die Hirten haben die Botschaft verstanden. Sie erzählen von der Botschaft des Engels und werden damit die ersten Verkünder des allerheiligsten Geheimnisses! Lukas erwähnt auch noch, dass alle staunten, dass Maria alle diese Worte bewahrte und in ihrem Herzen erwog, und er erwähnt ausdrücklich, wie glücklich die Hirten waren, und wie sie Gott priesen für alles, was sie gehört und gesehen hatten. Man könnte fast heraushören: Sie waren gerade deswegen so von Freude erfüllt, weil es so und nicht anders war, weil der Retter tatsächlich so armselig geboren worden war.
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