Pfarrer P. Johannes zum 33. Sonntag im Jahreskreis
![© Pfarrgemeinde Wilhering](/img/83/b4/48b0671d5de1a186ede9/--1759168_1280.jpg)
Liebe Mitchristen!
Für uns ergeben sich aus diesem Gleichnis folgende Überlegungen:
- Der Mann vertraut seinen Dienern sein Vermögen an entsprechend ihren Fähigkeiten.
Es braucht schon ein großes Vertrauen, das Vermögen aus der Hand zu geben und mehrere Personen damit wirtschaften zu lassen. Aber auch die Bereitschaft der Diener, die Verantwortung zu übernehmen und im Sinne des Eigentümers bestmöglich zu wirtschaften, verdient Beachtung. Es braucht Mut und Entschlossenheit, diese Aufgabe zu übernehmen. Das Vertrauen des Herrn ist offensichtlich eine große Motivation für die Diener, all ihre Energie für die bestmögliche Erfüllung des Auftrages aufzuwenden.
- „Du bist ein tüchtiger und treuer Diener!“
Die Aufgabe, mit den anvertrauten Talenten gut zu wirtschaften, zeigt sich in diesem Gleichnis als eine Art Prüfung. Die Diener sollen sich als treu, tüchtig und verlässlich erweisen. Es geht um etwas viel Größeres als dieses Wirtschaften. Der Herr sagt nämlich, als er Rechenschaft verlangt: „Du bist im Kleinen ein treuer Verwalter gewesen, ich will dir eine große Aufgabe übertragen.“ Diese große Aufgabe wird bei Matthäus nicht ausgeführt, bei Lukas ist es die Teilhabe an der Königsherrschaft. Im heutigen Evangelium ist damit die Einladung verbunden: „Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn!“
- „Weil ich Angst hatte, habe ich dein Geld in der Erde versteckt.“
Dass Angst ein schlechter Ratgeber ist, ist allgemein bekannt. Angst engt das Gesichtsfeld ein, lässt nur mehr einen eingeschränkten, vertrauten Bereich sehen und verdeckt viel eigentlich Naheliegendes. In diesem Gleichnis wird das damit angesprochen, dass der schlechte Diener nicht einmal auf die Idee gekommen ist, das Geld auf die Bank zu bringen. Angst lässt sich nicht vernünftig erklären. Sie ist Ursache für Kriege und Terror, für Machtgier und Ausbeutung, macht zur Freundschaft unfähig und lähmt die Fähigkeit zur Nächstenliebe.
- „Nehmt ihm das Talent weg und gebt es dem, der die zehn Talente hat!“
Zunächst dürfen wir nicht vergessen, dass auch dieses Gleichnis wie viele andere das Geheimnis des Himmelreiches anrühren möchte. Es geht bei den oft recht schrägen Bildern, die Jesus malt, um den tiefsten Grund unserer Existenz. Eine Ahnung, dass das Leben mehr ist als die irdische Welt, schlummert wohl in jedem Menschen. Die Gleichnisse wollen im Zuhörer den Horizont über den irdischen Alltag hinaus öffnen.
Das brutale Wort des Herrn in diesem Gleichnis könnte uns sagen: Wenn du deine Hoffnung nur auf den durch deine Angst eingeschränkten Bereich setzt, wird letztlich nichts überbleiben. Du hast eine unüberbietbare Chance vertan. Dieses Wort erinnert auch wieder an die törichten Jungfrauen, die so wie die geladenen Gäste dann draußen stehen werden, und die wie der Gast ohne Hochzeitsgewand in die äußerste Finsternis geworfen werden. Das Angebot des Herrn kann angstfrei, spontan, mutig und kreativ genützt werden.
Erinnern wir uns nochmals an die Himmelreichsgleichnisse vom Senfkorn und vom Sauerteig. Es ist so viel Wachstumsenergie da, die nur freigegeben zu werden braucht. Es ist im Menschen so viel Gutes da, das nur darauf wartet, sich entfalten zu können. Der größte Feind des Wachstums ist die Angst.
Wie soll man aber mit der eigenen Angst umgehen? Denken wir zurück an die Coronakrise. Sie ließ in vielen Menschen verborgene Ängste in einer erschreckenden Weise ausbrechen, und irrationale Fantasien lähmten geradezu absurd jedes vernünftige Abschätzen des Risikos. Es scheint aber, dass auch die Corona-Leugner von Ängsten so beherrscht wurden, dass sie die Realität, die durchaus bedrohlich war, nicht mehr wahrnehmen konnten.
Auch Jesus hatte Angst. Das zeigen die Evangelien im Ölbergleiden auf Getsemani in aller Deutlichkeit. Jesus sucht in dieser Situation Trost bei seinen Freunden, die aber schlafen. Mit aller Kraft vertraut er sich seinem himmlischen Vater an, den er in dieser Situation aber auch als schweigend erlebt. Dennoch schöpft er daraus Kraft, sich dem Entsetzlichen zu stellen. Jesus zeigt uns damit, dass das alltägliche billige Dahinleben mit dem Ignorieren der subtilen Angst irgendwann an seine Grenzen kommt, und dass es nur eine Möglichkeit gibt, nämlich, sich die Angst einzugestehen und sie vor Gott auszusprechen.
Ein großer Meister im Umgang mit der Angst der Menschen war der weltbekannte Lehrer der Psychotherapie, Viktor Frankl. Er wusste, wovon er sprach, hatte er doch selbst die Gräuel der Konzentrationslager erlebt. Er war der Überzeugung, dass im Menschen eine Kraft vorhanden ist, gegen die eigene Angst anzukämpfen. Das heutige Gleichnis darf man als einen Appell Jesu verstehen, die positiven Kräfte zu nützen, den Blick auf das Bereichernde und Erfüllende im menschlichen Leben zu lenken und sich nicht von dem Beängstigenden beherrschen zu lassen.
Dazu gehört das Wort in der Gleichniserzählung, das die Ewigkeitsperspektive eröffnet: „Ich will dir eine große Aufgabe übertragen. Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn!“
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.