Pfarrer P. Johannes zum 28. Sonntag im Jahreskreis
![Festmahl pixabay](/img/ca/04/917050d86d531380e05e/-table-decoration-1632189_1280a.jpg)
Liebe Mitchristen!
Wir hören am heurigen 28. Sonntag im Jahreskreis das Gleichnis vom König, der die Hochzeit seines Sohnes mit den wichtigsten Persönlichkeiten seines Reiches feiern will. Diese Evangelienstelle ist von Fronleichnam her sehr bekannt. Es handelt sich wieder um ein Himmelreichsgleichnis, und Jesus spricht hier die Tragik des völligen Desinteresses der Geladenen an, die auch noch brutal mit den Boten verfahren, und nicht merken, dass sie sich damit ihre Zukunft endgültig verbauen. Dieses Bild vom Hochzeitsmahl darf aber auch mit der Bedeutung von Essen und Trinken in der ganzen Bibel zusammen gesehen werden:
- Das Mahl als Zeichen des Bundes mit Gott:
Das wichtigste Mahl ist für die Juden das Pascha, das auch heute noch in Erinnerung an die Befreiung aus der Sklaverei der Ägypter in der Zeit des ersten Frühlingsvollmondes gefeiert wird. In Ex 24,9-11 ist von einer geheimnisvollen Begegnung von Mose und den Ältesten des Volkes Israel mit Gott die Rede, bei der diese „aßen und tranken“, und die Vision in Jes 25,6 spricht von einem Mahl, das Gott am Ende der Zeiten für alle Völker bereiten wird mit den köstlichsten Speisen und erlesenen Weinen. Dies ist auch die erste Lesung des heutigen Sonntags. Immer wieder ist das Mahl ein besonderes Zeichen des Bundes zwischen Gott und seinem Volk.
- Das Mahl als Zeichen der Vergebung:
Für den obersten Zollpächter Zachäus wird das gemeinsame Mahl, zu dem sich Jesus selbst einlädt (Lk 19,5 ff), zur Versöhnungserfahrung, und in der Gleichnisgeschichte vom verlorenen Sohn veranstaltet der Vater ein großes Fest und lässt das Mastkalb schlachten und er sagt ihm auf diese Weise die Vergebung zu.
- Das Hochzeitsmahl im Matthäusevangelium (Mt 22,1-14)
Betrachtet man nun das Hochzeitsmahl, zu dem der König einlädt, als Zeichen für die wunderbare Zuwendung Gottes zum Menschen, als Zeichen der Befreiung und der Versöhnung, dann gibt es im heutigen Evangelium zwei erschreckende Verhaltensweisen, mit denen Jesus darstellt, wie die Menschen üblicherweise darauf reagieren. So wie auch im Gleichnis vom Festmahl bei Lk 14,15-24 interessieren sich die Geladenen nicht für das Angebot Gottes. Etwas anderes ist ihnen wichtiger. In der Version des Matthäus kommt aber noch etwas hinzu: Hier handelt es sich um die Einladung zur Hochzeit des Königssohnes, und die Eingeladenen zeigen sich nicht nur uninteressiert, sondern auch in ihrem Alltag gestört, so sehr, dass einige sogar über die Diener des Königs herfallen, sie misshandeln und umbringen. Der König reagiert darauf ähnlich wie der Gutsbesitzer im Gleichnis vom vorigen Sonntag gegen die bösen Winzer. Dort sucht sich der Gutsbesitzer neue Winzer, hier sucht sich der König neue Gäste, und zwar dürfen alle kommen, Gute und Böse!
Jetzt aber folgt die zweite Enttäuschung des Königs: Auch diese Gäste müssen sich der Tragweite der Einladung bewusst sein. Sie müssen sich auf das Hochzeitsmahl des Königssohnes einstellen. Tatsächlich gibt es jemand, der nicht einmal ein hochzeitliches Gewand anzieht. Das neue Kleid steht für die neue Existenz. Es darf nicht so weitergehen wie bisher. Es bekommt jeder eine Chance, aber die muss auch genützt werden.
- Unser Alltag:
Klar braucht alles eine gewisse Regelmäßigkeit, und gegen Routine ist nichts einzuwenden. Die Gefahr insbesondere unserer Zeit liegt darin, dass wir den Ernst unserer Existenz übersehen. Menschen, die ständig mit Hunger oder Krieg zu kämpfen haben, sind gezwungen, angesichts ihrer Not ihre eigenen Grenzen zu überschreiten. Die Normalität macht bequem. Üblicherweise beginnt man erst nachzudenken, wenn etwas den Alltag lahmlegt. Aber auch dann wünscht man sich nichts sehnlicher, als dass alles wieder so wird, wie es war. Das gilt auch dann, wenn der Weg zurück zur Normalität aussichtslos ist. Das stelle ich auch in der gegenwärtigen Krise fest. Obwohl viele sagen, dass es für die Welt katastrophal wäre, wenn alles so weitergehen würde wie bisher, hofft man, dass alle Flugzeuge wieder fliegen, alle Kreuzfahrtschiffe wieder fahren, die Wirtschaft boomt wie bisher, der Konsum wieder anspringt, der Tourismus wieder floriert, der Finanzmarkt wieder läuft wie vor der Coronakrise und so weiter. Ich wage zu behaupten, dass es sehr vernünftig wäre, wenn wir die derzeitige Situation als Chance zu einem grundlegenden Umdenken auffassen würden. Das Leben ist mehr als der ganz gewöhnliche Alltag. Die Botschaft des christlichen Glaubens verlangt unendlich mehr als das Aufrechterhalten einer religiösen Tradition und das Jammern, dass die heutige Jugend dieser Tradition müde geworden ist. Es wird auch notwendig sein, gesellschaftlich und wirtschaftlich eine neue Art von „Alltag“ zu entwickeln.
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.