Pfarrer P. Johannes zum 25. Sonntag im Jahreskreis
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Liebe Mitchristen!
Die Gleichnisgeschichte von den Arbeitern im Weinberg (Mt 20,1-16a) gehört zu den bekanntesten der Bibel. Es mag sich schon mancher darüber ärgern so wie auch die, die den ganzen Tag gearbeitet haben, wenn jemand, der nur eine Stunde tätig ist, den gleichen Lohn bekommt. Man hört auch manchmal die Äußerung, warum jemand, der hart arbeitet, mit seinem Steuergeld die Nichtstuer finanzieren soll. Es ist vielleicht gut, hier einige überraschende Überlegungen anzustellen.
- Es handelt sich um ein Himmelreichsgleichnis!
Wir haben heuer schon mit vielen Gleichnissen das Himmelreichsgeheimnis erahnt: Im Bild von der Saat auf gutem und schlechtem Boden, mit dem Weizen im Unkraut, mit Senfkorn und Sauerteig, mit dem Schatz im Acker und mit der kostbaren Perle. Diesmal geht es um ein äußerst merkwürdiges Verhalten eines Gutsbesitzers. Der wichtigste Satz ist wohl: „Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Gutsbesitzer.“
Unsere irdischen Maßstäbe sind geprägt von der Sorge um das alltägliche Leben. Da muss es um Verlässlichkeit gehen. Die Arbeit dient vor allem dem Überleben. Die eigene Familie braucht eine gewisse finanzielle Grundlage. Darum kümmert sich auch die Gewerkschaft. Es muss gerechten Lohn geben.
Das Gleichnis deutet hier allerdings das Problem einer Arbeitslosigkeit an: „Niemand hat uns angeworben.“ Ich kenne Personen, die bereits viele Jahre bei einer Firma gearbeitet haben, die dann auf Grund der Wirtschaftslage viele Mitarbeiter gekündigt hat. Ich kenne auch die psychischen Folgen davon, die vielen nicht bewusst sind, die einen sicheren Posten haben. Ein Arbeiter, der Freude an einer wichtigen Tätigkeit hatte, wird dort auf einmal nicht mehr gebraucht. Viele haben da das Gefühl, in ein Loch zu fallen! Da kann eine ganze Welt zusammenbrechen.
Wer davon nicht betroffen ist, hat dafür kein Verständnis. Es verdient großen Respekt, wenn sich jemand, der seine Arbeit verloren hat, aufraffen kann, dann etwas ganz Neues zu beginnen. Insofern entspricht das Verhalten des Gutsbesitzers auch irdisch gesehen dem eines Sozialstaates, der auf soziale Notfälle reagiert, die wir beispielsweise gerade jetzt haben.
- „Das Himmelreich ist mitten unter euch!“
Wir sollten uns aber noch eine ganz andere Frage stellen: Himmel ist geheimnisvoll mitten unter uns. Der Himmel beginnt für uns nicht erst nach dem Tod oder am Ende der Welt. Himmel leuchtet immer wieder in unserem Leben auf. Es gibt paradiesische Stunden, wo ein Friede spürbar wird, den die Welt nicht geben kann. Es gibt Augenblicke unbeschreiblichen Glückes, die als Geschenk erfahren werden und Kraft geben, den Alltag mit den vielen Belastungen mit neuer Kraft anzugehen.
Wir können uns, ausgehend vom heutigen Evangelium, die Frage stellen, wo die Maßstäbe des Berechnens und Bezahlens einer Leistung nicht mehr gelten. Das gilt jedenfalls dort, wo nicht mit Geld oder anderer materieller Gegenleistung bezahlt wird, sondern wo der persönliche Einsatz Glück und Freude bewirkt. Dort erspürt man etwas von Himmel.
- Wo Liebe herrscht, ist man glücklich, wenn man sich einsetzen kann. Der Liebende kennt die Frage nach Bezahlung nicht. Eine Mutter, die sich für ihr Kind müht und sorgt, rechnet nicht mit materiellem Ertrag. Liebe kann harte Arbeit bedeuten, aber Liebe geschieht immer um der Liebe willen und kennt keine anderen Absichten. Wer verliebt ist, wird unermesslich viel tun, um den geliebten Menschen glücklich zu machen. Das ist keine Belastung, sondern Freude und Glück.
- Mich fasziniert auch der vielfältige ehrenamtliche Einsatz. Es ist unglaublich, wie viel Zeit im Bereich von Rettungsdienst, Feuerwehr und in unzähligen Vereinen eingesetzt wird, und wieviel Freude dabei erlebt wird. Diese segensreichen Tätigkeiten werden zwar manchmal in der Öffentlichkeit erwähnt, und das ist auch gut so. Vieles geschieht aber so unauffällig, dass es gar nicht wahrgenommen wird. Es tut erst dann weh, wenn jemand egoistisch diese Angebote ausnützt und sich vielleicht denkt, wenn es schon so verrückte
Menschen gibt, dann hole ich für mich heraus, was geht. Wenn sich also jemand beispielsweise im Bergsport extremen Risiken aussetzt mit der Überlegung, der Bergrettungsdienst ist ohnehin da, um mir zu helfen, dann ist das nur mit Blindheit gegenüber dem hervorragenden ehrenamtlichen Engagement vieler Helfer zu erklären. Großartig aber trotzdem der Grundsatz der Hilfsorganisationen: Wer in Not ist, dem wird geholfen!
- Auch Spiel und Sport ist für mich ein Zeichen für das Himmelreich. Es ist unglaublich, was Menschen im Amateursport leisten. Kein Chef könnte von seinen Mitarbeitern verlangen, sich so zu verausgaben wie junge Sportler in den untersten Fußballklassen bei einem Spiel. Man denke auch daran, dass
viele sogar dafür bezahlen, bei einem Marathon einfach nur mitlaufen zu dürfen. Ähnlich ist es bei vielen Spitzenmusikkapellen in kleineren Dörfern, die allesamt ehrenamtlich tätig sind bei kirchlichen Festen und öffentlichen Anlassen, und die großartige Kinder- und Jugendbildung betreiben.
In diesen und wohl vielen anderen Fällen gibt es diese Beschwerden nicht, dass da ein anderer besser wegkommen könnte. Und so viel auch mit bezahlter Arbeit geleistet wird, das Kostbarste, das ein Mensch tun kann, ist sicher das, was unbezahlbar ist! Früher hat man davon gesprochen, dass jemand etwas um Gotteslohn macht. Und genau dort leuchtet etwas vom Himmelreich auf.
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.