Pfarrer P. Johannes zum 23. Sonntag im Jahreskreis
![Reden-Hören-Weghören pixybay](/img/0c/5d/f5605aa83e8704a0c9b6/-face-65058.jpg)
Liebe Mitchristen!
Die vierte große Rede Jesu (Mt 18), in der es um das Leben in der Christengemeinde geht, wird uns die nächsten zwei Sonntage beschäftigen. Sie beginnt mit dem Rangstreit der Jünger, wo Jesus die Kleinen würdigt, und dem Gleichnis vom verlorenen Schaf. Dann folgt die Stelle, die, wir soeben gehört haben: Wie sollen wir mit schwierigen Menschen umgehen (Mt 18,15-20)?
- „Wenn dein Bruder sündigt…“
Sicher sind hier ernste Vergehen gegen die zehn Gebote gemeint. Manche Verhaltensweisen gefährden das gesunde Gemeindeleben so sehr, dass daran viel Gutes zu zerbrechen droht. Da entsteht „böses Blut“. Es gibt Menschen, die es nicht aushalten, wenn andere glücklich sind. Vor etwa 30 Jahren hat mir jemand erzählt, dass sich eine Nachbarin immer neue Bosheiten gegen ihn hat einfallen lassen, die ihn fast zur Verzweiflung gebracht haben. Er hat immer versucht, freundlich zu bleiben. Das ärgste war, als sie Jauche in den Wassergraben geleitet hat, von dem sein unterhalb liegender Fischteich versorgt wurde, bis alle Forellen verkehrt geschwommen sind!
In näherer Umgebung hat jemand jeden Morgen eine tote Ratte vor seiner Haustür gefunden, die ein Nachbar in der Nacht hingeworfen hat.
- …Geh zu ihm und weise ihn unter vier Augen zurecht!
Das ist wohl der schwierigste Liebesdienst überhaupt. Man soll nichts weitererzählen, sondern versuchen, mit Freundlichkeit und Wohlwollen die Situation zu bereinigen. Es ist für jemand, der selbst nie auf die Idee käme, einem anderen Bosheiten anzutun, unendlich schwierig, höflich zu bleiben, die Würde dessen zu wahren, der einen schon bis zur Weißglut gebracht hat, die Dinge sachlich anzusprechen, die so verletzend waren und die Freude rauben. Die erste Reaktion wäre: „Dem muss man das heimzahlen!“ Leider hat es dadurch schon viele Feindschaften über Generationen hinweg gegeben, und viele Verwundungen sind nie geheilt worden. Die Psychologie weiß von frühkindlichen Verletzungen, die auf andere projiziert werden, und mancher, der daran leidet, hält es nicht aus, dass andere glücklich sind. Wenn allerdings Heilung gelingt, dann war das ein ganz großer Liebesdienst. „Du hast deinen Bruder zurückgewonnen!“
- Hört er aber nicht auf dich….
Auch dann soll man noch nicht aburteilen, sondern sich ein oder zwei fähigen Leuten anvertrauen, mit deren Unterstützung man nochmals das Gespräch sucht. In unserer Zeit gibt es qualifizierte Psychologen, aber auch sonst Menschen mit einem Gespür für so extrem angespannte Situationen. Immer noch sollte es wohlwollend und wertschätzend zugehen. Hier müsste sich die Kraft des christlichen Glaubens erweisen und die göttliche Liebe erfahrbar werden. Erst wenn auch das nicht hilft, ist es Sache der christlichen Gemeinde. Man darf nicht einfach zuschauen. Ein Mensch kann das Leben der Christengemeinde vergiften. Von einem Extremfall schreibt Paulus im 1. Korintherbrief 5,5. Dort muss klargestellt werden, dass ein bestimmtes Verhalten in einer Christengemeinde keinen Platz haben darf.
- Was ihr auf Erden binden werdet, das wird auch im Himmel gebunden sein…
Dieses rätselhafte Wort klingt auch bei der Übergabe der Schlüssel des Himmelreiches an Petrus (Mt 16,19) an, und ich möchte es von den Himmelreichsgleichnissen her verstehen. Kann ich in einem Menschen guten Boden für das Wort Gottes schaffen, sodass in ihm das Himmelreich wachsen kann? Wenn es gelingt, einem Menschen das Himmelreich zu erschließen, dann muss dieser Mensch etwas vom Himmel in mir spüren. „Heimzahlen“ gibt es im Himmel sicher nicht. Andererseits hat es Jesus geschafft, Menschen von den dunklen Kräften, die über ihn Macht ausgeübt haben, zu befreien. Die Austreibung von Dämonen durch Jesus wird man sicher vor allem in dieser Richtung verstehen müssen. Jesus hat es geschafft, Menschen von der Herrschaft des Egoismus, der Ausbeutung und Entwürdigung, der Verachtung anderer und von der Bosheit zu befreien. Die Christengemeinde hat dort, wo der Heiland immer dann zugegen ist, „wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind" (vgl. Mt 18,20), heilende Kraft! Es gilt, diese Kraft, die dem Himmel Tür und Tor öffnet, zur Geltung zu bringen.
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.