Pfarrer P. Johannes zum Schutzengelfest
Zum Geheimnis der Schutzengel soll es hier auch einige wichtige Überlegungen geben. Wir dürfen dazu durchaus Alltagserfahrungen heranziehen, vor allem auch, dass wir uns in der Beziehung füreinander die Schutzengel zum Vorbild nehmen sollten.
1. Die schönsten und reichsten Erfahrungen brauchen erfahrene Begleiter!
Dass ein Kind erfahrene Begleiter ins Leben braucht: Eltern, ältere Geschwister, Verwandte, Lehrer und viele andere Menschen, die ihm wohlwollend und klar zielführende Wege zeigen, ist unbestritten. Aber auch Erwachsene brauchen in vielen Situationen Wegweiser, die neue Perspektiven eröffnen. Aus meiner Erfahrung sind es geistliche Begleiter, aber auch Meister, die mich in die Welt der Kunst einführen, oder Bergführer.
- Manches auf dem geistlichen Weg ist festgefahren. Es gibt Sperren, die den größeren Blick verhindern. Manchmal kann es auch wehtun, sich von fixen Vorstellungen zu lösen. Hier braucht es den wachen Blick eines Menschen, der mir wohlwollend, herzlich, aber auch entschieden, zugleich aber mit großer Demut neue Wege eröffnet.
- Das gilt besonders auch für die Musik und den Gesang. Da muss man sich einmal sagen lassen, dass bei der Atemtechnik etwas falsch läuft, oder dass man einen Ton immer zu tief ansingt, auch, dass man undeutlich und schlecht artikuliert spricht. Da muss oft sanfter Druck ausgeübt werden, dass bestimmte schwierige musikalische Phrasen unermüdlich trainiert werden müssen, auch wenn das langweilig erscheint. Manchmal kann einem diese ständige Kritik auf die Nerven gehen, aber sie ist notwendig. Jemandem, der Spitzensportler werden will, geht es nicht viel anders.
- Will ich wunderbare Bergerlebnisse haben, brauche ich einen erfahrenen Begleiter. Auf den Kürnberg kann ich wohl allein wandern, die erste Tour auf den Traunstein hätte ich mich alleine nie getraut, und das ist auch gefährlich. Für den Dachstein, geschweige denn für den Großglockner ist professionelle Begleitung unabdingbar. Gerade die schönsten Bergerlebnisse sind nur mit einem verlässlichen Partner möglich.
2. Schutzengel:
Das biblische Buch Tobit erzählt, dass der junge Tobias eine lange Reise machen soll. Sein Vater fordert ihn auf, einen Reisegefährten zu suchen. Da heißt es: „Tobias ging auf die Suche nach einem Begleiter und traf dabei Rafael; Rafael war ein Engel, aber Tobias wusste es nicht. Er fragte ihn: Könnte ich mit dir nach Rages in Medien reisen? Bist du mit der Gegend dort vertraut?“ (Tob 5,4-5). Diese Reise steht unter dem Segen Gottes, und alles, was der alte Tobit ersehnt, erfüllt sich. Er erhält das Augenlicht wieder und sein Sohn wird mit seiner Frau Sara, die er im fernen Land gewonnen hat, glücklich. Das Buch Tobit offenbart die Kostbarkeit einer gesegneten Begleitung und macht uns bewusst, wie sehr uns Gott auf einem Weg zu einem gelungenen Leben führen will. Er bietet seine Engel auf, in denen sein Name gegenwärtig ist.
Im Buch Exodus heißt es: „Ich werde einen Engel schicken, der dir vorausgeht. Er soll dich auf dem Weg schützen und dich an den Ort bringen, den ich bestimmt habe. Achte auf ihn, und hör auf seine Stimme! … Denn in ihm ist mein Name gegenwärtig“ (Ex 23,20 f.). Wir dürfen dieses Schriftwort so verstehen, dass wir geheimnisvoll unter dem Schutz Gottes stehen, der will, dass wir das Ziel unseres Lebens erreichen. Es liegt an uns, ob wir uns der göttlichen Führung anvertrauen, die er uns durch den Schutzengel angedeihen lässt. Gott zwingt uns zu nichts. Wir können auch Widerstand leisten. Wir können seine Führung ablehnen. Im Bild gesprochen: Jemand kann sagen, das weiß ich selbst besser. Ich gehe den Klettersteig allein. Ich brauche keinen Lehrer, ich lasse mir von niemand etwas sagen. Es gibt also den falschen Stolz! Wir hören ja oft von Bergrettungseinsätzen, bei denen jemand aus einer ausweglosen Situation gerettet werden muss, in die er sich besserwisserisch selbst hineinmanövriert hat. Oft begeben sich dabei die Helfer in große Gefahr. Anstatt das Ziel zu erreichen, findet man sich erheblich verletzt im Krankenhaus wieder, um nicht von den Kosten zu reden, die dadurch entstehen. Mancher hält sich wohl für einen Reinhold Messner, der aber selbst sehr lange professionell unter professioneller Führung trainiert hat.
Auf dem geistlichen Weg ist es nicht anders. Das schwierigste ist für viele, sich seine Hilfsbedürftigkeit einzugestehen. Gott hat für uns ein herausforderndes, großes Ziel vorgesehen. Das ist nicht billig zu haben, schon gar nicht geht es ohne höchst kompetente Begleitung.
3. „Ihre Engel im Himmel sehen stets das Angesicht meines himmlischen Vaters.“ (Mt 18,10)
Diese Zusage Jesu ist wohl für uns die größte überhaupt. Durch unseren Schutzengel stehen wir selbst ganz nahe bei Gott. Oft steht in der Bibel bei einer Gottesoffenbarung das eine Mal „Engel Gottes“, das andere Mal Gott selbst.
Wir achten ja oft nicht so genau auf die Erscheinung Gottes, die Mose am brennenden Dornbusch erlebt: Es heißt da: „Dort erschien ihm der Engel des Herrn in einer Flamme, die aus einem Dornbusch emporschlug“ (Ex 3,2). Im Engel Gottes ist also Gott selbst da! Wenn wir uns unserem Schutzengel anvertrauen, stehen wir unter dem Schutz Gottes. Gott wirkt unmittelbar durch seine Engel, die vollkommen den Dienst Gottes mit göttlicher Macht versehen.
Nochmals muss aber gesagt werden: Es liegt an uns, ob wir uns dem Schutz unseres Engels anvertrauen. Es ist heute vielfach ein Bedürfnis, die Engel zu verehren. Entscheidend ist aber, den Engel nicht als eine liebliche Figur zu betrachten, die man sich umhängt wie ein Amulett, als eine Art Zaubersymbol, sondern dass man sich einerseits der vielfachen Gefährdungen im Leben nicht nur leiblich, sondern auch geistlich bewusst wird, und dass man andererseits ein großes Vertrauen aufbaut, das der Psalm 91 besingt, und wozu er einlädt: Wir sollen uns unter den Schutz Gottes stellen, „denn er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen. Sie tragen dich auf ihren Händen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt.“ (11 f.)
Bild von Giotto di Bondone (1266-1337) Florenz
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.
Weiteres zum Schutzengelfest:
14 Uhr: Andacht und Schutzengelprozession.
Bilder der Prozession 2016
ZUR GESCHICHTE DER SCHUTZENGELBRUDERSCHAFT: KLICK