Pfarrer P. Johannes zum 19. Sonntag im Jahreskreis
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Liebe Pfarrgemeinde! Liebe Besucherinnen und Besucher unserer Homepage!
Wir hören am heurigen 19. Sonntag im Jahreskreis vom Gang Jesu über den See Gennesaret (Mt 14,22-33). Auch Markus und Johannes erzählen davon, ebenso wie Matthäus anschließend an den Bericht über die Speisung der 5000 (Mt 14,13-21).
Nur bei diesem Evangelisten aber wird berichtet, dass Petrus im Auftrag Jesu versucht, ebenso über das Wasser zu gehen wie Jesus. Grund genug, hier mehrere wichtige Botschaften wahrzunehmen:
See Gennesaret |
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1. Alle Evangelien müssen von Ostern her gelesen werden!
Was die Jünger hier erleben, ist eine geistliche Erfahrung, die grundlegend für die Kirche überhaupt ist. So wie vorher bei der Brotvermehrung geht es zunächst nicht um ein historisches Faktum, sondern um eine Botschaft für alle Zeiten, von den Evangelisten niedergeschrieben aus der Erfahrung von Ostern und Pfingsten. Der Mensch lebt aus einem unfassbaren Geheimnis, und es ist für ihn sehr schwer, dieses für sein eigenes Leben zu bejahen. Wir alle erleben in unserer irdischen Welt trotz aller Entdeckungen und Erfindungen, dass unsere tiefsten Sehnsüchte dadurch nicht gestillt werden können. Alle Rekorde machen uns unsere Grenzen erst recht bewusst. Hunger, Krankheiten, Ängste und schließlich der Tod beherrschen die ganze Menschheit. Alle rein irdischen Antworten sind unzureichend. Billige Lösungen oder Schuldzuweisungen bis hin zu rechtlichen Fragen bringen in Wirklichkeit gar nichts.
2. Das Boot wurde von den Wellen hin und her geworfen, denn sie hatten Gegenwind.
Die Apostel kämpfen gegen die Naturgewalten mit sehr geringem Erfolg. Dabei sind sie als Fischer Profis. Wir dürfen uns alle in die Situation der Jünger von damals versetzen. Die Erfolglosigkeit des professionellen Arbeitens der Politiker, Wirtschafter und Techniker wird durch kleine Erfolge wie Mondlandungen, Entwicklung von Impfstoffen oder auch durch die Bildungspolitik höchstens verschleiert. Die existentiellen Probleme der Menschheit sind dadurch eigentlich noch gar nicht berührt. Das, worum es dem Menschen in Wirklichkeit gehen müsste, ist nicht Thema des wissenschaftlichen Fortschrittes der Menschheit. Die Rechtsprechung kann offensichtlich die Kriminalität nicht eindämmen. Es erscheint auch sehr fraglich, ob die vielen psychologischen Erkenntnisse die Beziehungsfähigkeit der Menschen fördern können. Und auch das Christentum wird heute ganz schön gebeutelt, um nicht von dem zu sprechen, was im Laufe der Geschichte Schlimmes passiert ist.
3. Jesus kommt zu ihnen. Er geht auf dem See
Finsternis, Gegenwind, hoher Wellengang, all das kann Jesus nichts anhaben. Ähnlich wie auf dem Berg der Verklärung leuchtet hier für die Apostel der auferstandene Herr auf. Für kurze Zeit offenbart ihnen der Erlöser die eigentliche Wirklichkeit. Er, der die tiefe Not der Menschen kennt und daran leidet, er, dessen Leben bedroht ist wie auch das von Johannes dem Täufer, er, der fast die ganze Nacht auf dem Berg im Zwiegespräch mit seinem himmlischen Vater stand, sagt zu denen, die vor Angst aufschreien: „Habt Vertrauen, ich bin es; fürchtet euch nicht.“ In der Gegenwart Jesu wird alles, was normalerweise Angst und Schrecken einjagt, nichtig und klein. Möglicherweise ist es in unserer modernen Welt so, dass manche mit der Angst der Menschen Geschäfte machen und nicht merken, dass sie selbst von Zwängen beherrscht werden, denen sie auch dann nicht entrinnen können, wenn sie sich groß aufspielen. Das kann auch mit der Kirche immer wieder passieren, wenn jemand meint, den Retter spielen zu können, obwohl er selbst von den Wellen der Zeit hin und her geworfen wird.
4. Petrus:
Im Matthäusevangelium spielt Petrus eine besondere Rolle: Er bekennt als Sprecher der Apostel Jesus als den Messias, den Sohn des lebendigen Gottes, woraufhin er als der Fels bezeichnet wird, auf den Jesus seine Kirche bauen wird, und dem er die Schlüssel des Himmelreiches geben wird (Mt 16,16-19). Gleich darauf, nach der ersten Leidensweissagung, als Petrus ihm Vorwürfe macht, sagt Jesus zu ihm: „Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Du willst mich zu Fall bringen; denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen“ (Mt 16,23). Auf dem Gang zum Ölberg sagt Petrus zu Jesus: „Und wenn alle an dir Anstoß nehmen – ich niemals!“ (Mt 26,33). Wenige Stunden später wird das eintreffen, was Jesus ihm entgegnet, nämlich, dass er ihn dreimal verleugnen wird, noch ehe der Hahn kräht.
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Auch beim Gang Jesu über den See tut sich Petrus hervor: „Befiehl, dass ich auf dem Wasser zu dir komme“ (Mt 14,28). Als Jesus sagt „Komm!“, steigt Petrus tatsächlich aus dem Boot und geht auf Jesus zu, aber nur einen Moment, denn dann sieht er all das Bedrohliche und beginnt unterzugehen. „Herr, rette mich!“, ruft er, und der Herr ist da. „Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?“ Jesus steht über all dem Gefährlichen, Ängstigenden, Hemmenden, und er ermutigt, sich darüber zu erheben. Petrus will sich der Kraft Jesu auch stellen. Als Oberhaupt der Kirche wird er, so wie alle in der Kirche Verantwortlichen, die Probleme haben, die sich an ihm schon hier zeigen:
- Er überschätzt sich. Die Kraft des Rufes Jesu verblasst, sobald er die alltäglichen Probleme sieht. Auch heute muss der Ruf Jesu so präsent sein, so laut in den Ohren klingen, dass er stärker ist als all das, was die irdische Welt normalerweise beherrscht.
- Er ruft in der Todesangst: „Herr, rette mich!“ Auch das sollte sich die Kirche heute gesagt sein lassen. Petrus verrichtet hier nicht ein frommes Gebet, sondern schreit seine Angst heraus. Da gibt es niemanden sonst, der ihn retten kann, als nur den Herrn.
- Jesus sagt Petrus und uns allen, besonders den Kirchenführern, was sie wirklich sind, nämlich Kleingläubige. Und wenn jemand meint, das gelte für ihn nicht, dann hat er die Situation des Untergehens noch gar nicht wahrgenommen, oder er hat sich dem Bedrohlichen nie gestellt.
Als Jesus ins Boot steigt, beruhigt sich alles. Nicht theoretisch, nicht aus einer gewaltigen theologischen Erkenntnis, sondern aus ihrer Todesnot heraus erkennen die Apostel jetzt Jesus als den Sohn Gottes. Und er wird gleich im nächsten Dorf wieder das göttliche Heil erfahrbar machen, indem er sich den Kranken und Leidenden widmet, also wieder nicht spekulativ, sondern indem er Menschen in ihrer ausweglosen Situation neue Lebenswege eröffnet.
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.