Pfarrer P. Johannes zum 16. Sonntag im Jahreskreis
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Liebe Pfarrgemeinde! Liebe Besucherinnen und Besucher unserer Homepage!
Im Bild vom guten Samen, der gemeinsam mit Unkraut aufwachsen muss und also ständig einen Konkurrenten hat, spricht Jesus an, wie schwer es eigentlich ist, das Gute zur Geltung kommen zu lassen. Dabei darf man aber nicht in Schwarz-weiß-Malerei verfallen, wie die Deutung am Ende des heutigen Evangeliums (Mt13,24-43) vielleicht nahelegen würde. „Lasst beides wachsen bis zur Ernte!“, sagt der Gutsbesitzer den Arbeitern auf dem Feld. Einige Gedanken dazu:
1. Der gute Same hat es schwer, sich gegen das Unkraut durchzusetzen
In der Natur, um beim Bild zu bleiben, macht es sich die Landwirtschaft wohl oft zu leicht und beachtet nicht die negativen Folgen, die sich beispielsweise durch den Pestizideinsatz ergeben. So wird oft das natürliche Gleichgewicht völlig zerstört, und die Auswirkungen der Ausbeutung der Natur sind überhaupt nicht absehbar. Es ist nicht sinnvoll, über Jahrzehnte dem Boden allzu viel zu entziehen, um das Überleben der Menschheit zu sichern. Auch die Konsequenzen der Überdüngung sind nicht wirklich durchdacht. Die Wegwerfmentalität auch bei den Lebensmitteln, die durch die Massenproduktion und die niedrigen Preise gefördert wird, lässt völlig übersehen, dass das Kostbarste im Leben doch noch die Nahrung ist, und das derzeitige Luxusleben in absehbarer Zeit vorbei sein wird.
2. Vom Wachsen des Himmelreiches in der Tiefe des Menschen.
Davon spricht Jesus im Bild vom Unkraut im Weizen. Die großen geistlichen Väter waren sich dessen bewusst, dass dieses Wachsen mühselig ist. Es braucht Zeiten des Dunkels, des Schmerzes, der Trauer, des Leidens, also Zeiten, in denen es gar nicht nach Himmel aussieht. „Wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt, ist meiner nicht würdig!“, haben wir Jesus vor wenigen Wochen sagen hören. „Erfolg ist keiner der Namen Gottes“, hat mir ein Priester ins Stammbuch geschrieben. Das Buch Ijob ist eines der bedeutendsten biblischen Dokumente für die Notwendigkeit des Ringens, das bis an die Todesgrenze geht, und Ijob vermag erst ganz zum Schluss zu sagen: „Vom Hörensagen nur hatte ich von dir vernommen; jetzt aber hat mein Auge dich geschaut.“ (Ijob 42,5) Dieser Mann, der am Beginn als so fromm gegolten hat, ist durch den furchtbaren Lebenskampf so herangereift, dass er dem Geheimnis Gottes ganz nahegekommen ist. Es gibt unzählige Beispiele für große geistliche Persönlichkeiten, die vorher schlimmste Schicksalsschläge durchgemacht hatten. Das „Unkraut“ im geistlichen Leben bekommt dadurch eine neue Bedeutung.
Jesus erzählt dann noch zwei Gleichnisse, zunächst
3. Das Gleichnis vom Senfkorn.
Ein winzig kleines Samenkorn kann zu einem gewaltigen Baum werden. Solche Gleichnisse dürfen sicher in unsere heutigen Erfahrungen übertragen werden: Bedenken wir nur, dass die Forstpflanzen, die jetzt gesetzt werden, erst in 60 bis 100 Jahren einmal geerntet werden können! Der Wachstumsprozess kann ungeheuer lange dauern. Viele Gefahren drohen in der Zwischenzeit. Der Vergleichspunkt liegt im Erstaunlichen dieses Wachsens. Da ist so vieles nicht kalkulierbar und machbar.
4. Das zweite Gleichnisbild vom Sauerteig
muss für die Zeit Jesu noch erstaunlicher gewesen sein: Da wird ein großer Backtrog Mehlteig angerührt und geknetet. Wenn man ihn eine Nacht stehen lässt, passiert gar nichts. Mischt man aber ein klein wenig Sauerteig vom letzten Backvorgang dazu, geschieht eine gewaltige Verwandlung. Über Nacht geht der Teig auf und man kann feines, flaumiges Brot backen. Das Wunder der Entstehung von Brot sollte den Erstkommunionkindern bewusst gemacht werden. Brot wurde bei uns zu Hause immer heiliggehalten und vor dem Anschneiden auch immer gesegnet. Da wurde nichts weggeworfen!! Das Brot mit all seinem Aufwand von der Aussaat bis zur Ernte, vom Dreschen, Mahlen, vom Mehlteig bis zum fertigen Brot ist ein Zeichen für das Geheimnis des Himmelreiches, auf das hin wir alle geschaffen sind.
5. „...Der gute Samen, das sind die Söhne des Reiches…“,
heißt es in der Deutung zum Gleichnis vom Unkraut im Weizen, die uns das Matthäusevangelium am Ende des heutigen Textes bietet. Ich denke, dass diese Auslegung im Lauf der Geschichte viel Unheil hervorgerufen hat. Man hat die Deutung für sich genommen und dann eingeteilt in die Geretteten und die Verworfenen, in die Schafe und Böcke, in die, die für den Himmel bestimmt sind, und die für die Hölle. Da hat es dann die gegeben, die sich dem Teufel verschrieben hatten, die Hexen, die schon in dieser Welt Verdammten, die auch keine Nächstenliebe mehr verdient hatten. Dabei darf man die Auslegung nie vom Gleichnis selbst trennen, wo Jesus eindeutig sagt: „Lasst beides wachsen bis zur Ernte!“ Das Unkraut lässt sich nicht vom Weizen trennen, beides ist so verwachsen, dass man mit dem Unkraut auch den Weizen vernichten würde.
6. In jedem Menschen finden sich Weizen und Unkraut.
Der heiligste Mensch hat mit dem Unkraut in sich zu kämpfen, und im schlimmsten Menschen sind gute Seiten zu finden. Die Frage ist, wie man das Gute fördern kann. Da zeigt sich eine große Hilflosigkeit, und es ist immer leichter, jemanden, mit dem man nicht gut umgehen kann, einfach abzuurteilen. Man hat auch regelmäßig bei der Kriegshetze den Feind zum Teufel gemacht und es geradezu als Gottesdienst hingestellt, ihn erbarmungslos abzuschlachten. Ganz sicher wollte Jesus mit der Deutung nicht einen Status in dieser Welt konstatieren, mit dem er polarisieren und die „Guten“ von den „Bösen“ trennen konnte, (Lasst beides wachsen bis zur Ernte!), sondern er wollte den Zuhörern durchaus bewusst machen, dass es am Ende eine Ernte geben wird, und dass wir uns ständig überlegen sollten, was von unserem eigenen Leben am Schluss ins Feuer geworfen wird! Nicht alles in meinem Leben hat Platz im Himmelreich. Wo bin also ich ein „Sohn des Reiches“, und wo bin ich ein „Sohn des Bösen“? Wie muss ich leben, damit das Geheimnis des Himmelreiches in mir Frucht bringen kann, und wie muss ich mit meinen dunklen Seiten umgehen, damit auf geheimnisvolle Weise das Himmelreich in mir sogar noch an Kraft gewinnt?
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.