Pfarrer P. Johannes zum 10. Sonntag im Jahreskreis
![Zollstation auf Brücke pixabay](/img/0f/03/0c7f30376791bf1e59c7/-bridgehouse-3257860_1280.jpg)
Liebe Mitchristen!
An diesem 10. Sonntag im Jahreskreis erzählt uns der Evangelist Matthäus von der Berufung des Zöllners Matthäus. Zur Erinnerung: Die Zöllner waren zurzeit Jesu Kollaborateure mit der römischen Besatzungsmacht. Sie kassierten von der einheimischen Bevölkerung Abgaben für die Feinde und wurden deshalb von diesen auch besonders bevorzugt und geschützt.
Die erste Überraschung in diesem Evangelium: Jesus lädt den Zöllner Matthäus (an anderer Stelle auch Levi genannt) ein, ihm nachzufolgen, und dieser steht sofort auf und folgt dem Ruf.
In der nächsten Szene ist Jesus bei ihm eingeladen und feiert mit ihm und vielen anderen Zöllnern. Die anständigen, braven Leute, die Pharisäer, ärgern sich maßlos darüber, dass Jesus mit seinen Schülern beim „Abschaum der Gesellschaft“ zu Gast ist und dort feiert.
Es fällt nun gleich auf, dass Matthäus sofort dem Ruf Jesu folgt. Offensichtlich ist er in seiner bisherigen Situation überhaupt nicht glücklich, und bereit, sein Leben gänzlich zu ändern. Er hatte bisher keine Perspektive. Diese hat Jesus ihm geboten. Zugleich darf er erleben, dass seinesgleichen bei Jesus nicht abgeschrieben sind, sondern dass sie Würde und Anerkennung auch in der gegenwärtigen Situation erleben dürfen. Jesus eröffnet eine neue Welt, die auch die Pharisäer nicht kennen.
Dort, wo Wertschätzung ohne jede Vorbedingung erlebt wird, eröffnen sich neue Horizonte. In ausweglosen Situationen, die noch dazu von den alten Vorschriften blockiert werden, kann sich nichts Neues entfalten. Jetzt wird Neues möglich.
In vielen Aussagen deckt Jesus die Blockadehaltung der sogenannten Frommen auf: Neuer Wein gehört in neue Schläuche! Man muss für Sünder, die in ihrer Verzweiflung ihren alten Weg zu verlassen suchen, das Mastkalb schlachten! Man muss sich eventuell bei einem obersten Zollaufseher selbst zum Essen einladen. Man muss die Lebenshaltungen der Pharisäer auch einmal in Frage stellen. Das löst Aggressionen aus. Wir kennen das vom wichtigen Kapitel in Lk 15, wo Jesus das Bild vom verlorenen Schaf zeichnet, das doch niemand zugrunde gehen lassen will.
Hier im Matthäusevangelium stellt Jesus klar: Es geht um Lebenssituationen, die mit einer Krankheit vergleichbar sind, die manche Mitmenschen haben. Die eine Möglichkeit ist, mit dieser Krankheit zu leben, sich auch von ihr zu distanzieren, um nicht selbst noch krank zu werden. Die andere Möglichkeit ist, dass hier ein Arzt eine neue Möglichkeit sieht, diese Krankheit zu heilen. Das ist wunderbar, braucht möglicherweise aber Anwendungen, die für die Gesunden inakzeptabel sind.
Es bleibt eine letzte Frage: Woran krankte die damalige Gesellschaft eigentlich, und woran krankt es vielleicht auch heute? Jesus sagt, es braucht Barmherzigkeit. Die Welt könnte anders aussehen, wenn großzügige Barmherzigkeit regieren würde, wenn man nicht nur Fehler aufdecken würde, sondern auch denen mit Liebe begegnen könnte, die Fehler gemacht haben. Natürlich gehören Fehler aufgedeckt, und klarerweise darf man über Dummheiten nicht hinwegsehen.
Aber man könnte anders als die Massenmedien auch liebevoll und behutsam zwischen der Dummheit, und dem Menschen, der sie macht, unterscheiden, denn wie oft haben wir auch selbst schon Dummheiten gemacht und waren froh, wenn wir Barmherzigkeit erleben durften.
Die Bibeltexte zu diesem Sonntag
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.