Pfarrer P. Johannes zum 6. Sonntag in der Osterzeit
![Mosaik pixabay](/img/27/85/7631bf4a7509a53eefb4/-mosaic-4385381__480-.jpg)
Liebe Pfarrgemeinde! Liebe Besucher unserer Homepage!
Jesus bittet im Evangelium den Vater um den Beistand, den Heiligen Geist, für uns.
Auch die Lesung aus der Apostelgeschichte macht bewusst, dass der Getaufte immer wieder der Kraft des Heiligen Geistes bedarf,
und die zweite Lesung deutet an, dass es die Lebenskraft des Heiligen Geistes ist, in der der Gekreuzigte lebt.
Der heurige 6. Sonntag in der Osterzeit ist also der
Verheißung des Heiligen Geistes
gewidmet. Da der Heilige Geist der Atem der Kirche ist, sollten wir uns auch neu ins Bewusstsein rufen, was er in uns auslöst, und womit jeder rechnen muss, der sein Wirken in seinem Leben bejaht.
1. Wir glauben an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht:
Dieses Wort aus dem großen Glaubensbekenntnis wirft Licht auf unsere eigentlichen Lebensmöglichkeiten. Ich möchte es vornehm formulieren: Das Leben vieler Menschen scheint mir eher wie ein Dahinvegetieren zu sein oder wie ein lebenslanges Betreiben einer Tretmühle. Der Kreislauf von Arbeit und Verpflichtung zur Freizeit (Konsumdruck – Du bist nur dann jemand, wenn du konsumierst…) und die Bedrohung durch Alter und Krankheit entbehren jeder Himmelsperspektive.
„Empfangen durch den Heiligen Geist“ bekennen wir, wenn wir an Weihnachten denken. Gott eröffnet etwas ganz Neues, noch nie da gewesenes für die Menschheit, ja, für die ganze Schöpfung. Das gilt aber auch für jeden Menschen, der nur mehr Dunkel, Sinnlosigkeit, Verzweiflung vor Augen hat. Der Heilige Geist eröffnet neue, ungeahnte Wege, Lösungen, an die niemand gedacht hat, ein Leben, das stärker ist als der Tod.
2. Erdbeben:
Dazu muss der Heilige Geist meist vieles wegräumen, was den Blick verstellt, möglicherweise auch blendet und uns daran hindert, die größere Wirklichkeit zu sehen und in ihr zu gestalten. Man beachte Apg 4,31: „Als sie gebetet hatten, bebte der Ort, an dem sie versammelt waren, und alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt, und sie verkündeten freimütig das Wort Gottes.“ Es gibt innere Erdbeben, Erfahrungen, die uns erschüttern, alte Gewohnheiten aufbrechen, fixe Meinungen in Frage stellen und damit den Horizont unseres Denkens erweitern. Der Heilige Geist überwindet die inneren Sperren. Das kann allerdings sehr schmerzlich sein.
3. „Weil ihnen aber vom Heiligen Geist verwehrt wurde …“ (Apg 16,6)
Es gibt fixe Vorstellungen, die uns daran hindern, das Notwendige zu sehen, und so drehen wir uns oft im Kreis. Warum diese Sperren bestehen, lässt sich nicht leicht erklären. In Apg 16 liegt uns ein Beispiel von ungeheurer Tragweite vor, das sogar psychologisch interessant ist:
Auf der zweiten Missionsreise wandern Paulus, Silas und Timotheus durch den Nordwesten der Türkei, und dreimal durchkreuzt der Heilige Geist ihre Pläne! Beim dritten Mal, in Troas, offenbart sich der Geist Gottes in einer Vision, in der Paulus einen Europäer, einen Mazedonier sieht, der um Hilfe ruft. Daraufhin überquert der Völkerapostel den Bosporus und beginnt seine Mission in Griechenland.
Menschlich gesehen fühlt man mit Paulus eine Unschlüssigkeit, ja, ein Burn-out. Es ist kein Schwung mehr da, es wird herumgesucht, nichts passt. Das Feuer des Beginnes ist weg. Die Bibelstelle verrät: Wenn nicht der Heilige Geist selbst anführen darf, ist es mit der menschlichen Energie für so ein großes Werk schnell vorbei. Wir kennen das auch von alltäglichen Problemlösungen, auch von Schulaufgaben: Man denkt in bestimmten Schablonen und meint, das müsse doch funktionieren. Irgendwann ist man so frustriert, dass man am liebsten alles hinwerfen möchte, vielleicht sich sogar für einen Versager hält. Und dann gibt es den unerklärlichen Geistesblitz, der Licht in eine Richtung fallen lässt, die man bisher überhaupt nicht ins Auge gefasst hatte. Und plötzlich hat sich die innere Kraft vervielfacht, und was vorher mühselig erschien, geht nun leicht von der Hand, und auch mit den Widerständen wird man nun ohne weiteres fertig. Der Heilige Geist erschließt uns also neue Wege. Diese wären schon vorhanden gewesen, aber wir haben sie nicht gesehen. Der Heilige Geist eröffnet uns wie in einem Blitzlicht eine neue, unserem Denken bisher verborgene neue Perspektive.
4. Diese zogen hinab und beteten für sie, sie möchten den Heiligen Geist empfangen. Denn er war noch auf keinen von ihnen herabgekommen; sie waren nur auf den Namen Jesu, des Herrn, getauft. (Apg 8,15 f.)
Diese Bibelstelle begründet einerseits, warum es außer der Taufe auch das Sakrament der Firmung braucht. In einem tieferen Sinn macht das allerdings bewusst, dass jeder Getaufte sich in seinem Leben immer neu dem Wirken des Heiligen Geistes öffnen muss. Es macht auch die Gefahr bewusst, sich doch immer wieder auf das zu verlassen, was einem vertraut ist und woran man sich gewöhnt hat. Bis hin zur römischen Kurie gibt es die Aussage: „Das geht nicht! Das hat es noch nie gegeben, das dürfen wir nicht zulassen.“ Wir sollten uns an das Apostelkonzil (Apg 15) erinnern, wo sich das gleiche Schema zeigt, und wo die Apostel in der Kraft des Heiligen Geistes den Mut finden, über das scheinbar Unmögliche hinaus eine Entscheidung zu treffen, die der Kirche ganz neue Wege öffnet. Das bedeutet auch für uns heute, dass wir um den Heiligen Geist für uns selbst, aber auch für die Kirchenleitung beten sollen, dass dieser Gottesgeist wieder neues Leben einhaucht. Leben bedeutet immer Wachstum. Was nicht wächst, ist tot.
5. Als Simon sah, dass durch die Handauflegung der Apostel der Geist verliehen wurde, brachte er ihnen Geld und sagte: Gebt auch mir diese Macht, damit jeder, dem ich die Hände auflege, den Heiligen Geist empfängt. (Apg 8,18 f.)
Eine letzte Überlegung ist hier noch wichtig: Die genannte Stelle bezeichnet einen Missbrauch, der das Hochmittelalter geprägt hat, die sogenannte Simonie, den Ämterkauf. Es zeigt, dass, wo es ums Geld geht, die Botschaft des Evangeliums schwer bedroht ist.
Simon möchte mit Geld Macht über den Heiligen Geist gewinnen. Petrus sagt darauf ein scharfes Wort: „Dein Silber fahre mit dir ins Verderben!“ Die entscheidende Aussage ist also: Wo der Heilige Geist wirkt, führt sich angemaßte Macht des Menschen ad absurdum. Wer sich dem Gottesgeist öffnet, lässt sich damit auf etwas ein, was die irdische Welt und ihre Maßstäbe unendlich übersteigt. Dass es in der Kirchengeschichte zahllose Vergehen im Sinne des Gnadenkaufs gegeben hat, ist unbestreitbar. Bestechung, Korruption – das sind heute kriminelle Handlungen auch auf höchster politischer Ebene. Die Kirche als Machtsystem hat da tüchtig mitgespielt, beispielsweise auch bei Tarifbuße, Jubeljahr, Ablasshandel. (Frage: Ist das jetzt endgültig vorbei?) Die Kirche als innerweltlich sichtbare Wirklichkeit braucht natürlich finanzielle Substanz. Jeder, der zu dieser Glaubensgemeinschaft gehören will, muss sich darüber im Klaren sein.
Das, wofür die Kirche Zeichen und Wirklichkeit ist, ist aber reines Geschenk. Der Geist weht, wo er will. Er ist Gabe für alle, die ihm Raum geben. Man muss aber damit rechnen, dass er ein Lebensprogramm gehörig durcheinanderwirbeln wird.
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.