Pfarrer P. Johannes zum 5. Fastensonntag
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„Ich bin die Auferstehung und das Leben!“
Dieses Wort Jesu ist die Mitte des Evangeliums vom heurigen 5. Fastensonntag.
Vorweg dazu muss gesagt werden, dass das nicht heißt, dass wir den Tod nicht tragisch zu nehmen brauchen, im Gegenteil, wir müssen uns alle um die vom Tod Bedrohten besonders kümmern und haben eine große Verantwortung für diese Menschen. Auch das betont diese Evangeliumsstelle: Marta und Maria sorgen sich um ihren schwerkranken Bruder und leiten alles in die Wege, um ihn am Leben zu erhalten. Gerade deswegen denken sie an Jesus, der ihnen helfen könnte.
Dennoch gibt es im Evangelium von der Auferweckung des Lazarus ganz wichtige Botschaften für uns alle:
„Lazarus, unser Freund, schläft.“
Für Jesus ist der Tod nicht die letzte Katastrophe! Für ihn gibt es viel Schlimmeres. Wir können uns an das Wort Jesu bei Mk 5,39 f., erinnern: Die Tochter des Jairus ist gestorben. Jesus sagt zu den laut weinenden und jammernden Leuten: „Warum schreit und weint ihr? Das Kind ist nicht gestorben, es schläft nur“. Da lachten sie ihn aus. Hier, bei Johannes, provoziert Jesus, wie auch an anderen Stellen, damit ein Missverständnis. Wenn Lazarus schläft, dann wird er ja gesund. Darauf sagt ihnen Jesus unverhüllt: „Lazarus ist gestorben.“ Es folgt dann noch die geheimnisvolle Aussage „…dass ihr glaubt.“
„Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben.“ (Joh 11,25 f.)
Jesus antwortet damit auf das Bekenntnis von Marta: „Ich weiß, dass er auferstehen wird bei der Auferstehung am letzten Tag.“ Jesus korrigiert also die damals gängige Vorstellung eines Lebens nach dem Tod. Und die Aussage ist überraschend: Es gibt keinen Automatismus einer Ewigkeit, sondern das ewige Leben ist Beziehung, und zwar zum Gekreuzigten und Auferstandenen. Das eigentliche Leben ist nicht, was wir als Leben empfinden. Dieses Leben endet, es geht nicht weiter. Die österliche Beziehung ist von anderer Art. Sie stirbt nie. Wir spüren es vielleicht dann, wenn uns ein ganz lieber Mensch durch den Tod entrissen wird. Die freundschaftliche Verbindung lebt weiter. Wir sollten mit diesem Wort das Wort vom Schlafen verbinden, von dem Jesus eingangs gesprochen hat. Vielleicht sind wir alle wache Schläfer und erwachen erst, wenn wir uns glaubend so sehr an Jesus binden, dass er wirklich unser Leben ist. Wie sagte Jesus: Ich will hingehen und ihn aufwecken. Und: Ich will, dass ihr glaubt.
Da weinte Jesus.
Ja, und er spürt einen inneren Zorn. Zweimal spricht Johannes in diesem Zusammenhang davon. Wir dürfen die Deutung der Präfation des 5. Fastensonntags durchaus anwenden: Jesus ist ganz Gott und ganz Mensch! Johannes betont wie kein anderer Evangelist die Gottheit Jesu. Z. B. Joh 8,58: „Noch ehe Abraham wurde, bin ich.“ Ebenso, aus dem Prolog, Joh 1,18: „Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht.“ Zugleich zeigt uns der Evangelist Johannes den Herrn auch sehr schön in seiner menschlichen Einfühlsamkeit. Wenn Jesus weint, wenn er einen Zorn wegen des Todes und des Schmerzes der Trauernden zeigt, offenbart das: Die Welt, wie sie jetzt ist, trägt in sich so viel Leid und Schmerz, so viel Trauer, ja, auch sehr viel Grausamkeit. Das tut Jesus im tiefsten Herzen weh. Er fühlt mit uns in unseren dunklen Stunden, es ist ihm überhaupt nicht egal, wie es uns geht. Zugleich weiß er, dass aller irdischer Trost kein wirklicher Trost ist, ja, dass die irdische Welt keine Antwort auf das Leid hat.
„Lazarus, komm heraus!“
Das ist keine Abschaffung des Todes. Es ist keine Lösung der schlimmsten Probleme dieser Welt. So wie die Tochter des Jairus wird auch Lazarus später sterben müssen. Die Zurückholung aus dem Tod ist ein Zeichen! Und als Zeichen gehört es zu den vielen anderen Zeichen Jesu, die alle deutlich machen wollen, dass die neue Schöpfung, in der es keinen Tod mehr gibt, schon zu uns unterwegs ist. Beispielsweise soll nach der wunderbaren Brotvermehrung niemand auf die Idee kommen, dass Jesus jetzt ein Schlaraffenland gründen will. Jeder darf sich aber durchaus an das Wort des Jesaja erinnern: „ Der Herr der Heere wird auf diesem Berg für alle Völker ein Festmahl geben mit den feinsten Speisen, ein Gelage mit erlesenen Weinen…..“ (Jes 25,6), mit der Heilung von Blinden, Lahmen, Taubstummen soll ebenso daran erinnert werden, dass wir im auferstandenen Herrn schon teilhaben am neuen, ewigen Leben, an der Gottesherrschaft, die ebenfalls Jesaja im 35. Kapitel schon andeutet: „Dann werden die Augen der Blinden geöffnet, auch die Ohren des Tauben sind wieder offen. Dann springt der Lahme wie ein Hirsch, die Zunge des Stummen jauchzt auf. (Jes. 35,5 f.)
Eingangs sagte Jesus zu den Jüngern: Es ist gut, dass ich nicht dort war, denn ich will, dass ihr glaubt. Die Zeichen Jesu, und auch schon die großen Visionen des Propheten Jesaja, ja, alles, was uns als christliche Glaubensbotschaft vermittelt wird, ist, dass wir in unserem Selbstbewusstsein nur an einem winzigen Bruchteil der eigentlichen Wirklichkeit teilhaben. Aus dieser winzigen Perspektive haben wir den Tod als etwas ganz Schreckliches vor Augen. Das göttliche Wort, das am Herzen des Vaters ruht vor aller Ewigkeit, steigt herab in diese kleine Perspektive und lebt und leidet sie voll und ganz durch. In der Verklärung Jesu (2. Fastensonntag) ist Petrus, Jakobus und Johannes erstmals für einen Moment etwas von der vollen Wirklichkeit erahnbar geworden. Im Ostergeheimnis werden sie von dieser unendlichen Wirklichkeit so sehr getroffen, dass ihr ganzes Leben geradezu umgepolt wird.
Möge es in unserem Leben immer wieder solche Augenblicke geben, in denen von diesem Leben in Fülle etwas aufblitzt, ja mehr noch: Mögen wir das Aufblitzen dieses vollen Lebens, das doch die tiefste Sehnsucht unserer Seele ist, auch wahrnehmen, uns von ihm treffen lassen.
Die Bibeltexte zu diesem Sonntag
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.