Pfarrer P. Johannes zum 7. Sonntag im Jahreskreis
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Liebe Mitchristen!
Vorigen Sonntag haben wir gehört, wo beim fünften, sechsten und achten Gebot eigentlich das Zerstörerische liegt, und dass man den Anfängen wehren muss. Am heurigen 7. Sonntag im Jahreskreis geht es letztlich um das Gebot der Nächstenliebe, und zwar bis zur Feindesliebe.
Wir erinnern uns an die Beispielgeschichte vom barmherzigen Samariter. Der Nächste ist nicht nur der, der mir nahesteht, sondern der, der Hilfe braucht und dem ich sie geben kann.
Jesus spricht zunächst eine dunkle Seite des Strafrechtes an, die auf den Codex Hammurabi im alten Mesopotamien zurückgeht und selbst eine Einschränkung überbordender Rache ist: Wer jemand tötet, wird getötet, nicht aber seine Angehörigen, wer jemand ein Auge zerstört, dem wird ein Auge zerstört - also: Gleiches wird mit Gleichem vergolten. Aug um Auge, Zahn um Zahn.
Jesus sieht klar, dass auf diese Weise die Welt niemals menschlicher werden kann. Es ist ein Irrtum zu meinen, man brauche nur die Übeltäter zu beseitigen, und alles wird gut. Das Wort, das Jesus den Schriftgelehrten und Pharisäern in der Szene mit der Ehebrecherin sagt: „Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein!“, macht deutlich: Das einzige Grundgesetz, das die Welt menschlicher machen kann, ist die Barmherzigkeit und damit die Fähigkeit, zu verzeihen.
Mit dem alten Strafrecht verbunden ist die Abstempelung eines Menschen zum „Feind“, den man hassen darf. Natürlich muss es für die Zuhörer schockierend gewesen sein, von Jesus die Weisung zu erhalten: „Liebet eure Feinde, tut Gutes denen, die euch hassen!“ Dieses Wort zu erfüllen, scheint unmöglich. Jesus selbst betet aber am Kreuz sterbend für alle, die ihn zu Tode bringen: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Er hat erkannt, dass diese sich der größeren Wirklichkeit versperrt haben und damit unfähig sind zu erkennen, welchen Schaden sie sich mit dieser Grausamkeit auch selbst zufügen.
Wir stehen in einer Welt voll Brutalität, Entwürdigung, Ausbeutung und Zerstörung. Dieser dunkle Kreislauf des ständigen Absicherns, Rächens und des Ignorierens der Menschenwürde kann nur durchbrochen werden durch eine Haltung, die gegen alle natürliche Reaktion darauf ein gegensätzliches Tun fordert. Wer nur die Freunde liebt, tut nichts Besonderes. Gott hingegen lässt seine Sonne aufgehen über „Gute und Böse“. Er bietet seine Liebe und Gnade allen an, er schließt niemand aus. Diese göttliche Grundhaltung müsste uns gelingen, nur so könnte das wahrhaft Menschliche in der Welt stärker aufleuchten.
Erinnern wir uns an Mahatma Gandhi oder auch an Martin Luther King, die nicht müde wurden, an das Volk zu appellieren: Wir weigern uns, für das geschehene Unrecht Rache zu üben! Martin Luther King, der wegen seines Einsatzes für die volle Würde der farbigen amerikanischen Einwohner mehrmals im Gefängnis war, sagt: Ihr könnt mit uns noch so grausam verfahren, ihr könnt uns foltern und töten, ihr könnt uns nicht daran hindern, euch trotzdem zu lieben!
Die Bibeltexte zu diesem Sonntag
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.