Pfarrer P. Johannes zum 6. Sonntag im Jahreskreis
![10 Gebote Hildesheim Pixabay](/img/00/5a/a8833712944bd3ebd85a/-hildesheim-germany-673402_1280--.jpg)
Liebe Mitchristen!
Wir hören heuer am 6. Sonntag im Jahreskreis den Ausschnitt aus der Bergpredigt, der in einer großen inneren Spannung steht. Zunächst betont Jesus, dass das Gesetz, das Mose am Berg Sinai erhalten hat, vollinhaltlich gültig bleibt. Im nächsten Augenblick bringt er eine Kritik an den Gesetzeslehrern an, die dieses alte Gesetz verkündigen sollen. Deren Gerechtigkeit reicht bei weitem nicht dafür aus. Es braucht einen viel gründlicheren Zugang, um dem Sinn der göttlichen Weisungen gerecht werden zu können.
In der Folge gibt es eine Reihe von Entgegenstellungen: „Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist…“, „Ich aber sage euch…“ Die schlimme Tat beginnt schon weit vorher, ganz unauffällig, weil man im Herzen negative Prozesse zulässt, die zwangsläufig auf ein Verbrechen zusteuern. Man muss den Anfängen wehren, anstatt nur die Untat zu verurteilen und zu bestrafen.
Jesus nennt zunächst das fünfte Gebot: "Du sollst nicht morden!"
Eigentlich beginnt es aber schon mit subtilen Aggressionen gegen einen Mitmenschen, dem man nicht verzeihen und mit dem man sich nicht versöhnen kann. Es gibt doch viele, die jemandem etwas Negatives jahrelang nachtragen und darüber selbst krank werden. Wenn man an den alten Verletzungen ständig leidet und nicht darüber hinaus wachsen kann, entwickelt sich die negative Stimmung immer weiter und kann schließlich zu nicht mehr kontrollierbaren Verhaltensweisen führen. Darum: „Wer einem Bruder auch nur zürnt …“, und nicht erst, wer einen Mord begeht!
Weiter spricht Jesus das sechste Gebot an.
Ehebruch ist im mosaischen Gesetz ein todeswürdiges Verbrechen. Auch hier will Jesus bewusst machen, dass die Tat sehr unauffällige Wurzeln hat. Das gilt auch für alle Missbrauchsfälle. Am Anfang steht, dass die Menschenwürde nicht ernst genommen und der andere als Mittel zum Zweck gesehen wird. Wenn jemand „eine Frau auch nur lüstern ansieht“, wird sie in der Fantasie zu einem Gerät der sexuellen Befriedigung degradiert. Paulus erinnert im 1. Korintherbrief daran, dass der Leib Tempel des Heiligen Geistes ist. So ist auch die menschliche Sexualität ein unfassbares göttliches Wunder, ein Geschenk seiner Liebe, das man schon gar nicht kaufen oder verkaufen kann, ohne sich zugleich selbst seiner Würde zu berauben.
Gleich darauf spricht Jesus das Problem der Ehescheidung an, das ja bis heute nichts an Aktualität verloren hat. Von der Argumentation Jesu müsste man fragen, was auch hier am Anfang steht, sodass sich eine Beziehung so entwickeln kann, dass zwei Menschen, die einander am Beginn für das ganze Leben die Treue geschworen haben, es schließlich nicht mehr miteinander aushalten. Was muss alles schon an Fehlverhalten passiert sein, dass man schließlich sogar das Leid der Kinder in Kauf nimmt, um selbst nicht zugrunde zu gehen? Man könnte auch fragen: Was machen Ehepaare anders, die nach 50 und mehr Jahren sagen können: „Wir sind noch immer ineinander verliebt!“
Das letzte Thema am heutigen Sonntag spricht das achte Gebot an: „Du sollst nicht falsch aussagen!“
Jesus sagt: „Schwört überhaupt nicht!“ „Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein, alles andere stammt vom Bösen!“ Wir kennen bei Kindern die Notlüge, oder auch das „Aufschneiden“. Dahinter steht im ersteren Fall die Angst vor der Wahrheit und die Unfähigkeit, die Konsequenzen ertragen zu können, im anderen ist es die Unfähigkeit, sich selbst mit seinen Unzulänglichkeiten und Schwächen akzeptieren zu können. Wir könnten uns durchaus fragen, warum in der Politik und auch in der Wirtschaft so viel gelogen wird. Warum ist man so gierig auf Machterhalt? Die Wahrheit ist doch Voraussetzung für jede gelungene personale Beziehung und damit ein heiliges Gut. Warum wird so oft auf Lüge gesetzt? Was ist das für ein „Altar“, auf dem die Wahrheit „geopfert“ wird? Was möchte man mit Lüge, mit Falschmeldungen bis hin zu echter Verleumdung erreichen? Jesus sagt: „Ich bin die Wahrheit!“ Pilatus verurteilt die Wahrheit zum Tod am Kreuz! Was ist das für eine Macht, die dazu zwingt, die Wahrheit abzuschlachten? Auch hier gilt: „Wehret den Anfängen!“
Die Bibeltexte zu diesem Sonntag
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.