Pfarrer P. Johannes zum 3. Adventsonntag
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Liebe Mitchristen!
Johannes der Täufer hat sich in eine schlimme Situation gebracht. Niemals hat er sich ein Blatt vor den Mund genommen, er hat die religiös Mächtigen als Schlangenbrut bezeichnet, und er hat es gewagt, König Herodes Antipas wegen seiner Beziehungsverhältnisse zu kritisieren. Dafür ist er im Gefängnis gelandet und fragt sich, ob er sich in Jesus vielleicht getäuscht hat, dessen Verkündigung so anders ist als von ihm prophezeit.
- „Blinde sehen wieder und Lahme gehen, Aussätzige werden rein, und Taube hören. Tote stehen auf, und den Armen wird das Evangelium verkündet.“
Jesus verweist damit besonders auf die Verheißung des Propheten Jesaja, z. B. Jes29,18; Jes 61,1 und auf die große Heilsvision in Jes 35, von der wir in der heutigen ersten Lesung hören. Den Boten, die Johannes geschickt hat, sagt er, sie sollen ihm berichten, was sie sehen und hören. Es geht nicht um ein „Strafgericht“, wie es sich Johannes vorstellt, sondern um das Hereinbrechen des messianischen Zeitalters als Erfüllung der großen Heilsvisionen der Propheten.
- „Die Rache Gottes wird kommen!“ (Jes 35,4)
Hier möchte ich auf die Frage eines Schülers der 4. Klasse Volksschule eingehen, der gefragt hat: „P. Johannes, was passiert, wenn Gott zornig ist?“ Man erwartet darauf als Antwort die Vorstellung von einem furchtbaren göttlichen Strafgericht. Meine erste Antwort war: „Schauen wir, wann Jesus zornig ist“ Ja, er hat die Händler aus dem Tempel vertrieben, und auch in dem Wort, dass jemand, der die Kleinen zum Bösen verführt, mit einem Mühlstein um den Hals im tiefsten Meer versenkt werden sollte, ist eine zornige Äußerung. Immer aber ist im Zorn Jesu der Schmerz über die sogenannten Mächtigen, die versuchen, das Heilswirken Gottes im Namen des Gesetzes zu verhindern. Sehr deutlich wird es bei Mk 3,1-6, als Jesus fragt, ob er den Mann mit der verdorrten Hand am Sabbat heilen darf, und die frommen Juden schweigen. Jesus blickt sie der Reihe nach voll Trauer und Zorn an. Als er den Mann dann heilt, stehen die Pharisäer und die Anhänger des Herodes auf, gehen hinaus und beschließen, Jesus umzubringen!
Im Römerbrief äußert sich der Zorn Gottes darin, dass er die Menschen sich selbst überlässt, und das führt zu den größten Katastrophen. Die Zornesschalen in der Offenbarung des Johannes bedeuten das Ende aller gottfeindlichen Mächte und die Eröffnung des endgültigen Heiles, der Herabkunft des himmlischen Jerusalem, in dem es kein Unheil mehr gibt.
Sehr überraschend ist die Formulierung bei Jes 35, die wir heute in der ersten Lesung hören. Beim Wort „Rache“ erwartet man etwas ganz Schlimmes, stattdessen äußert sich die göttliche Rache darin, dass er selbst kommt und uns errettet, dass „die Augen der Blinden geöffnet“ werden, die Ohren der Tauben wieder offen sind, der Lahme springt wie ein Hirsch und die Zunge des Stummen aufjauchzt. Jesaja wird nicht müde, in immer neuen Heilsbildern das kommende Heil auszumalen, etwa mit dem Bild von der Wüste, die zum Wasserteich wird, dass es keine Raubtiere geben wird und dass dort nur die Erlösten gehen. So schaut also die Rache Gottes aus!
Johannes hat wohl ein Strafgericht erwartet, aber wie anders sieht dieses Gericht aus, wenn Gott sagt: „Jetzt will ich meine Schafe selber suchen und mich selber um sie kümmern!“ (Ez 34,11)
„Gott naht sich mit neuer Huld“, heißt es in der zweiten Strophe des Liedes (Gl 221), in dem genau die Vision von Jes 35 besungen wird. Von diesem Wunder der unüberbietbaren göttlichen Zuwendung, die wir im Weihnachtsgeheimnis feiern werden, können wir gar nicht groß genug denken. Das allerheiligste, unaussprechliche Geheimnis, verborgen in unzugänglichem Licht, offenbart sich in dem Kind von Betlehem in menschlich zärtlicher Weise, Gott tritt tatsächlich in diese irdische Welt ein, damit wir seine Liebe auch menschlich wahrnehmen und uns von ihr formen lassen können.
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.