Pfarrer P. Johannes zum 33. Sonntag im Jahreskreis
Liebe Mitchristen!
Am vorletzten Sonntag im Jahreskreis und am 1. Adventsonntag hören wir üblicherweise von der Endzeit. Für viele Menschen herrscht heutzutage Endzeitstimmung. Mit Nestroy sagen manche: Die Welt steht auf keinen Fall mehr lange. Bekannt ist auch der Ausspruch: Wenn wir so weitermachen, werden wir nicht mehr lange so weitermachen. Das Evangelium dieses Sonntags könnte Angst auslösen.
„Gebt acht, dass man euch nicht irreführt!“
Nicht erst in unserer Zeit inszenieren sich Menschen als Erlöser, als Retter, durch die alles gut werden soll. Politiker wollen gewählt werden und geben sich deshalb als Heilbringer aus. Nüchtern betrachtet hat niemand die Lösung für die anstehenden Probleme, und populistische Äußerungen sind immer verdächtig. Jesus appelliert: „Lauft ihnen nicht nach!“
Kein Stein wird auf dem anderen bleiben.
Konkret ist vom Tempel die Rede. Im Jahr 70 n. Chr. wurde der Tempel in Jerusalem von den Römern tatsächlich so zerstört, dass von allem nur mehr die sogenannte Klagemauer übrig ist, die bis heute von vielen Juden aufgesucht wird, um dort zu beten. Jesus spricht aber etwas Grundlegenderes an: Alles in dieser irdischen Welt ist vergänglich, auch wenn es für Jahrhunderte erbaut wird. Aus Sicht der Astrophysiker ist sogar der ganze Kosmos vergänglich. Damit müssen wir leben. Unsere Hoffnung darf sich nicht auf die Dinge dieser Welt gründen.
Das Ende kommt nicht sofort.
Wenn Endzeitstimmung herrscht, verschwindet die Motivation, noch etwas zu gestalten und zum Besseren zu verändern. Auch wenn der Sinn des Lebens nicht in dieser irdischen Welt liegt und alles vergänglich ist, haben wir doch den Auftrag, an einer menschenwürdigen Welt mitzugestalten. Dort wo die Liebe in dieser Welt gelebt wird, hat das Ewigkeitswert. Wir gestalten in einem guten, gottgefälligen Leben an der geheimnisvollen vollendeten Welt mit, die unsere wahre Heimat ist. Nichts von dem, was aus wahrer Liebe geschieht, geht verloren. Wir können diese unsere irdische Heimat als den Ort verstehen, an dem wir das ewige Heil wirken.
Ihr werdet um meines Namens willen von allen gehasst werden.
Dieses schockierende Wort Jesu kommt in den Evangelien öfter vor, auch in den Seligpreisungen, und sollte deshalb beachtet werden. Natürlich muss der normale Alltag so gelebt werden, dass man mit allen gut auskommt. Es geht auch nicht um religiöse Streitigkeiten, geschweige um Fanatismus oder auch um religiöse Macht. Man sollte aber nicht übersehen, dass ein Leben im Geiste Jesu von vielen als verrückt betrachtet wird, und dass auch der durchschnittliche christliche Alltag oft weit weg ist von dem, was Christus entspricht. Denken wir nur an die Worte, die Jesus so wichtig waren: Wer der Erste sein will, soll der Diener aller sein. Denken wir an das Zeichen der Fußwaschung beim letzten Abendmahl. Denken wir an den Ärger mit den Schriftgelehrten, die das Gesetz des Mose über die Nächstenliebe gestellt haben.
Würde Jesus heute mit seinem Anspruch in unserer Welt sichtbar auftreten, würde er den gleichen Widerspruch erleben wie damals vor 2000 Jahren. Auch die frömmsten Christen sind weit von dem entfernt, was Jesus fordert. Es geht nicht um das Demonstrieren, um das Fordern von Umkehr und das Aufbauen von Feindbildern. Gerade das unscheinbare, selbstverständliche Tun der Liebe, das nicht auf die Uhr schaut und nicht mit Geld gemessen werden will, ist verdächtig. Das kann auch nicht vorgeschrieben werden und ist nicht organisierbar. Nur wer ein liebendes Herz hat, ist dazu fähig, löst aber zugleich Widerspruch und Auflehnung aus.
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.