Pfarrer P. Johannes zum 30. Sonntag im Jahreskreis
Liebe Mitchristen!
Am heurigen 30. Sonntag im Jahreskreis hören wir das Gleichnis Jesu vom Pharisäer und vom Zöllner, die beide zum Gebet in den Tempel kommen. Während der Pharisäer Gott für seine vollkommene Frömmigkeit dankt, bittet der Zöllner schuldbewusst Gott um Gnade. Dieser erfährt Rechtfertigung, der Pharisäer nicht.
An dieser Stelle ist es wichtig, zu beachten, dass die Pharisäer anständige, ehrliche, fleißige und fromme Menschen sind, wie sie die Gesellschaft und auch die Kirche dringend braucht. Sie sind tiefgläubig, gesetzestreu und auch ehrenamtlich tätig. In unsere Zeit übersetzt, sind es die vielen anständigen Staatsbürger, die ehrlich und im Bewusstsein der Verantwortung für die Öffentlichkeit leben. Jedem von ihnen muss man dankbar sein, ohne sie wäre ein normales Gemeinschaftsleben nicht möglich.
Worin liegt nun das Problem, das Jesus mit diesem Gleichnis anspricht?
Es liegt in der Gefahr, in der der gerechte Mensch steht, sich über den Vergleich mit den Sündern zu definieren: Ich bin viel besser als die anderen, beispielsweise als dieser Zöllner, der ganz hinten steht. Man will eine Belohnung, eine Bevorzugung haben. Gott soll auf Grund der Frömmigkeitsleistung eine besondere Anerkennung geben. Viele gerechte Menschen handeln nicht aus innerstem Antrieb, sondern in der Erwartung eines Lohnes. (Deshalb auch das Wort Jesu an einem der vergangenen Sonntage [Lk 17,10]: „Wenn ihr alles getan habt, was euch aufgetragen war, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Knechte, wir haben nur unsere Pflicht getan.“)
Das ist ebenso das Problem des älteren Bruders in der Parabel vom verlorenen Sohn, als der Vater für den verkommenen jüngeren Bruder ein Festmahl veranstaltet und das Mastkalb schlachtet. Es ist auch das Problem der Arbeiter im Weinberg, die den ganzen Tag gearbeitet haben und nur den vereinbarten Lohn bekommen, den einen Denar, so wie auch die, die nur eine Stunde gearbeitet haben. Der Lohn müsste eigentlich im Tun des Guten selbst bestehen, ohne auf die Sünder zu blicken, die auch von Gottes Liebe umfangen sind. Gott lässt, wie Jesus sagt, die Sonne aufgehen über Gerechte und Ungerechte.
Weil dieser Sonntag Weltmissionssonntag ist, können wir das heutige Evangelium auch dazu in Beziehung setzen. Die göttliche Liebe und Zuwendung umfassen alle Menschen aller Zeiten und Räume, Hautfarben, Kulturen, Sprachen und Religionen. Ohne jemand vereinnahmen zu wollen, ist es unsere Aufgabe, allen Menschen der Welt auch entsprechend wertschätzend zu begegnen. Unsere Würde liegt nicht in dem, was wir für die Welt und für Gott leisten, sondern, darin, dass wir alle vorweg Lieblinge Gottes sind. Wir wissen heute, dass das Christentum auf weite Strecken dieser katholischen Grundhaltung nicht entsprochen hat, dass man sich wie der Pharisäer im heutigen Evangelium verhalten hat, und dass es hier unsererseits einer Bekehrung bedarf!
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.