Pfarrer P. Johannes zum Erntedankfest und 27. Sonntag im Jahreskreis
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Liebe Mitchristen!
In unserer Pfarre feiern wir dieses Jahr am 27. Sonntag im Jahreskreis das Erntedankfest. Mir selbst wurde in den letzten Jahren immer mehr bewusst, wieviel positive Kraft aus der Grundhaltung der Dankbarkeit kommt. Auf die Frage an Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, warum sie das mit solchem Eifer tun, habe ich oft zur Antwort bekommen: Mir ist im Leben so viel geschenkt worden, ich bin dafür so dankbar, ich möchte etwas davon weitergeben!
Um dankbar sein zu können, muss man sich des vielen bewusst werden, was einem ohne eigenes Verdienst für ein gutes Leben mitgegeben wurde! Da sind einmal die ersten Jahre des Lebens, die man selbst noch gar nicht bewusst wahrnehmen konnte. Die Eltern haben sich um Nahrung, Kleidung, Körperpflege und auch um Wertschätzung gekümmert. Die viele Zuwendung hat es möglich gemacht, die eigene unverlierbare Würde wahrzunehmen und das Geheimnis der göttlichen Liebe zu erahnen. Auch wenn es das sogenannte Trotzalter und den Versuch, den eigenen Willen durchzusetzen, gab, und damit auch Auseinandersetzungen und Ablehnung, auf dem Fundament der liebenden Zuwendung war eine reiche Persönlichkeitsentwicklung möglich.
Vielfältige Ausbildung, einerseits in der Schule, andererseits im Freundeskreis und in außerschulischen Gruppen förderten einen kompetenten Umgang mit der Welt. Es gibt so vieles, das uns im Lauf der Zeit bereichert hat. Vorweg sind es aber schon die vielen gesunden körperlichen Anlagen und die Begabungen und Talente, die wir entfalten konnten. Es gibt so vieles, wofür wir dankbar sein können.
Das Erntedankfest kann eine große Hilfe sein, die Fähigkeit zur Dankbarkeit zu pflegen und zu entfalten, uns zu sensibilisieren für alles, was uns vorweg zu allen unseren Leistungen schon geschenkt ist. „Die Erde bringt von selbst ihre Frucht“ (Mk 4,28), und bei allem, was wir sonst noch brauchen, sind Speise und Trank doch die elementarsten körperlichen Bedürfnisse. Das dürfen wir nie vergessen, auch wenn es uns in Mitteleuropa unglaublich gut geht.
Im ersten Korintherbrief schreibt Paulus einen eigenartigen Satz: „Wenn ich nämlich das Evangelium verkünde, kann ich mich deswegen nicht rühmen; denn ein Zwang liegt auf mir. Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde!“ (1 Kor 9,16). Ich habe lange über diesen Satz gegrübelt und finde nur eine Erklärung: Paulus ist sich dessen bewusst, dass er mit außergewöhnlich viel Liebe und Gnade von Gott und von der Gemeinschaft der Glaubenden beschenkt worden ist. Die Dankbarkeit dafür ist so gewaltig, dass er nicht anders kann, als vom Reichtum der geschenkten Gaben weiterzugeben, so sehr er nur kann. Da ist kein äußerer Druck, auch nicht ein psychischer Druck, sondern das überschießende Glück ist geradezu ein innerer „Zwang“, großzügig diese Freude auszuteilen. Diese Freude aber ist ansteckend und die Quelle wahren Segens.
Im Tagesevangelium des heurigen 27. Sonntages vergleicht Jesus seine Jünger mit Sklaven, die ihren Dienst tun müssen, ohne Lohn oder Dank erwarten zu dürfen. Was zunächst erschreckend klingt, kann man unter dem Licht der Dankbarkeit ganz anders verstehen. Um nochmals auf Paulus zurückzukommen: Wenn man die Verkündigung des Evangeliums als Beruf sieht, der nach Stunden abgerechnet wird und den man vergleichen kann mit dem Einstudieren mathematischer Formeln, dann wird sich wenig auf den Schüler bzw. Zuhörer vom Geheimnis der göttlichen Zuwendung übertragen. Wenn man aber von Glück und Dankbarkeit erfüllt ist und aus diesem Reichtum weiterschenkt, kann es das Herz vieler Menschen berühren und beglücken, und hier liegt die Quelle der Kraft und des Lebens der Kirche. Der Lohn liegt hier in der Weitergabe der Freude und Dankbarkeit selbst, da braucht es keine zusätzlichen Lobeshymnen, Ehrungen oder Belohnungen mehr.
Bitte lesen Sie auch die Predigten von P. Johannes zum Erntedankfest 2021 und 2020!
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.