Pfarrer P. Johannes zum Ostersonntag
Der Karfreitag beginnt schon mit der Kritik und Ablehnung des Evangeliums Jesu Christi durch die Mächtigen in Israel. Er setzt sich fort in der Verdrängung des Leidens durch die Apostel, im Verrat des Judas, in der Verleugnung durch Petrus und in der Flucht der Apostel, als Jesus wirklich am Kreuz stirbt.
Dieses unerträgliche Dunkel, diese Verzweiflung damals und auch heute müssen wir mitdenken, wenn wir von Ostern sprechen wollen. Das Tragische wird durch Ostern zunächst nicht weniger tragisch. Wir müssen die Osterbotschaft immer verstehen als das Hereinbrechen des unzerstörbaren Lebens in unsere vertraute Welt, eine Welt des Todes! Erst dann können wir verstehen, dass gemäß Mk 16,8 die Frauen Schrecken und Entsetzen angesichts der Osterbotschaft packt und sie vom Grab Jesu fliehen. Erst dann können wir auch verstehen, dass weder Maria von Magdala noch die Emmausjünger zunächst den Auferstandenen erkennen und dass die Apostel trotz seiner offensichtlichen Gegenwart Zweifel haben.
Trotz der Todesangst hat sich die Menschheit mit der Realität des Todes abgefunden. Es ist auch noch keiner „zurückgekommen“, um zu erzählen, wie es „drüben“ ausschaut. Wir haben dann auch noch das Wort aus dem Gleichnis vom reichen Prasser und dem armen Lazarus: Selbst, wenn jemand zurückkommen würde, könnten sich die vom Reichtum Besessenen nicht bekehren. Die Situation ist fatal, es gibt keinen Ausweg – oder doch?
Man muss „von oben“ neu geboren werden, um österlich sein zu können. Das sagt Jesus dem Nikodemus in Joh 3. Erst dann kann man das Reich Gottes schauen. Wir können die Geburt jedes Menschen mit einem Todeskampf vergleichen. Die bisherige Welt geht völlig verloren. Man wird abgenabelt.
Dann aber eröffnet sich ein Leben, das bisher unvorstellbar war. Ein österlicher Mensch wird diese Abnabelung von der bisherigen Welt durchmachen müssen, auch wenn er noch in dieser Welt leben muss. Er ist eine neue Schöpfung. Damit wird er aber für alle, die meinen, sich in der irdischen Welt endgültig einnisten zu können, zu einer unerträglichen Bedrohung. Wir kennen das von den vielen Christenverfolgungen. Umgekehrt haben sich im Lauf der Geschichte viele, sogar Päpste, als Christen ausgegeben, die weiterhin der irdischen Welt verhaftet waren und von einem „Arm sein vor Gott“ keine Ahnung hatten.
In diese „Welt“ tritt der Auferstandene herein und konfrontiert die, die ihn vor seinem Tod begleitet und kennengelernt haben, mit dem Geheimnis unermesslichen Lebens und einer Macht der Liebe, vor der alle irdische Macht vergeht. Er redet Maria von Magdala mit dem Namen an, und da erkennt sie ihn. Er bricht dem Emmausjüngern das Brot, und sie erkennen ihn. Er isst mit den Jüngern, und sie erkennen ihn.
Er offenbart sich dem Paulus vor Damaskus und dieser wird verwandelt. Die Kirche aller Zeiten lebt von diesen verwandelten, österlichen Menschen, die aber immer noch ringen müssen, solange sie in dieser Welt leben. Es gibt keine naturwissenschaftlichen Beweise für Ostern, es gibt nur innere Gewissheit, der der alltägliche Verstand immer widerspricht. Auch die Gegenwart des Auferstandenen fordert ständig neu die Entschlossenheit des Glaubens.
Liebe Leserin, lieber Leser! Diese Gedanken setzen meine Überlegungen voraus, die ich für das Osterfest 2020 formuliert habe, sollen aber verdeutlichen, dass es sehr schwierig ist, tatsächlich in dieser Welt als österlicher Mensch zu leben. Es geht nicht nur um ein Überzeugtsein oder gar um ein „Wissen“, es geht darum, sich vom Auferstandenen immer neu in das österliche Geheimnis hineinnehmen zu lassen wie die ersten Boten der Auferstehung.
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.