Pfarrer P. Johannes zum Christkönigssonntag
Alle Machtansprüche dieser Welt verblassen vor der wahrhaft königlichen Macht Jesu. Ist das eine Macht, wenn sie sich dadurch beweisen will, dass sie dem anderen eine Spottkrone aus Dornen aufsetzt? Und was bedeutet das, wenn der, dem man die Menschenwürde nehmen will, für seine Henker betet: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“?
Was ist echte Herrschermacht?
Schon Maria ruft es bei Elisabeth im Magnifikat aus: Gott stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. Jesus sagt in der Bergpredigt: „Selig, die keine Gewalt anwenden, denn sie werden das Land besitzen.“ Wir dürfen das Evangelium vom vorigen Sonntag auch so verstehen, wenn Jesus sagt, dass sich die Sonne verfinstert und die Sterne vom Himmel fallen. Alle irdische Macht hat ein Ablaufdatum. In der Offenbarung des Johannes steht dazu der Satz: „Sie brauchen weder das Licht einer Lampe noch das Licht der Sonne, denn der Herr, ihr Gott, wird über ihnen leuchten“ (Offb 22,5). Das ist echte, bleibende Macht.
Der wahre Herrscher braucht niemand, an dem er seine Macht beweist.
Der Seher sagt in der heutigen Lesung aus der Offenbarung des Johannes: „Er hat uns zu Königen gemacht und zu Priestern vor Gott, seinem Vater“ (Offb 1,6). Dieser Satz steht in ähnlicher Formulierung sechs Mal in diesem Buch. Dazu passt auch: „Wer siegt, darf mit mir auf meinem Thron sitzen“ (Offb 3,21). Von einem Musiklehrer habe ich den Satz gehört: „Wenn mein Schüler nicht besser wird als ich, war ich ein schlechter Lehrer.“ Wahrhaft große Persönlichkeiten brauchen sich nicht als die Größten zu beweisen, sie möchten andere groß sein lassen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang der Satz, den Jesus in Joh 14,12 sagt: „Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen, und er wird noch größere vollbringen, denn ich gehe zum Vater.“
Jesus legt als König für die Wahrheit Zeugnis ab.
Jesus bezeichnet sich selbst als die Wahrheit in Person (Joh 14,6). Er spricht nicht nur die Wahrheit. Er ist durchsichtig auf den Vater. Er ist der Sohn, durch den der himmlische Vater grenzenlos leuchten kann. Zu dieser Wahrheit möchte Jesus uns befähigen. Vielleicht sollten wir uns eines Bildes aus der Paradiesgeschichte bedienen (Gen 2). Die Menschen begegnen einander ganz offen, ungeschützt. Das Herz liegt bloß, Herzen können sich berühren, sie sind nicht eingesperrt durch die „Rippe“. Der Mitmensch ist keine Bedrohung. Die Begegnung befeuert die Liebe, sie lässt aufblühen und macht groß. Man darf nackt und verletzlich sein.
Ein ähnliches Bild zeichnet die Bibel von der Zeit vor dem Turmbau zu Babel: Alle Menschen verstehen einander, sie sprechen die gleiche Sprache, sie schwindeln sich nicht gegenseitig etwas vor.
Bei Jesus braucht man sich nicht zu inszenieren, man braucht nichts vorzuspielen, man braucht sich nicht zu beweisen. Bei diesem einzigen König, der würdig ist, „Macht zu empfangen, Reichtum und Weisheit, Kraft und Ehre, Herrlichkeit und Lob“ (Offb 5,11), brauche ich nicht zu protzen und muss nichts darbieten. Der Herr in seiner Macht macht mich groß und schenkt mir eine Würde, die ich mir selbst nie geben könnte.
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.