Pfarrer P. Johannes zum Schutzengelfest
Dabei ist der moderne Mensch einer großen Gefahr ausgesetzt. Er könnte meinen, alles sei erforschbar, und die Naturgesetze wie die Schwerkraft, das Trägheitsgesetz, der Magnetismus und die Elektrizität und alles, was berechenbar ist, hätten die Welt überschaubar gemacht.
Abgesehen davon, dass mit wachsenden Erkenntnissen die ganze Welt nur immer geheimnisvoller wird, ist es der Mensch selbst, der das grüßte Wunder überhaupt ist, wobei man sich manchmal wundert, wie unmenschlich der Mensch werden kann. Wir Menschen sind es, die überhaupt erst alles erforschen, wir können staunen, betroffen sein, und das größte überhaupt: Wir Menschen können lieben, können uns verschenken, können Lebensbrot füreinander sein.
Zugleich ahnen wir Menschen, dass das, was wir erkennen und erforschen können, bei weitem nicht die ganze Wirklichkeit sein kann. In Zeiten, die nicht so sehr von Lärm erfüllt waren wie die heutige Welt, konnte noch viel deutlicher etwas von einer geheimnisvollen, „unsichtbaren“ Welt erspürt werden. Es gibt zahllose Stellen im Alten Testament, die davon erzählen: An einige möchte ich erinnern:
Der Traum von der Himmelsleiter:
Der spätere Stammvater Jakob hat vor seinem Bruder Esau fliehen müssen, nachdem er sich von seinem Vater Isaak den Erstgeburtssegen erschlichen hat. In der Wüste sieht er im Traum eine Leiter, die bis in den Himmel reicht, und auf der Engel hinauf- und herabsteigen. Dann sagt Gott ihm seine Treue zu, die er auch Abraham und Isaak geschworen hat. Durch die Engel wird sein Ohr sensibilisiert für die Zusage Gottes.
Der brennende Dornbusch:
Hier heißt es ausdrücklich: Als Mose die Schafe seines Schwiegervaters hütete und bis zum Gottesberg Horeb kam, „erschien ihm der Engel des Herrn in einer Flamme, die aus einem Dornbusch emporschlug“. Wieder ist es der Engel, der die Gegenwart Gottes vermittelt und erfahrbar macht.
Die Berufung des Jesaja:
Jesaja schreibt: „Im Todesjahr des Königs Usija sah ich den Herrn.“ Dann aber beschreibt er die Engel um den Thron, und dass sie unablässig das dreimal HEILIG singen. Wiederum ist es ein Engel, der seine Lippen reinigt. Dann HÖRT er die Stimme des Herrn, der jemand braucht, den er senden kann.
Das Buch Tobit erzählt in besonderer Weise von der Begegnung mit einem Engel, der in Menschengestalt den jungen Tobias begleitet. Der Erzengel Raphael wird in besonderer Weise zu seinem Schutzengel. Drei Aussagen sind hier meines Erachtens besonders wichtig.
Der alte, blinde Tobit schickt seinen Sohn auf den weiten Weg von Ninive nach Medien.
- Tobit sagt zu seinem Sohn: Du kannst den Weg nicht allein gehen. Du brauchst einen Begleiter! - Das gilt für jeden Menschen. Kein Mensch kann den Weg, der zur Erfüllung, zum Heil und zum Leben führt, allein finden. Deshalb muss immer neu zur Demut und zur Bereitschaft, Hilfe anzunehmen, aufgerufen werden. Insbesondere sollten wir uns täglich neu dem Engel anvertrauen, den Gott zu unserem Schutz beauftragt hat, und der uns zum wahren Ziel unseres Lebens führen will.
- Der Engel Raphael macht Mut. Eine interessante Szene erzählt hier das Buch Tobit. Tobias beugt sich am Fluss Tigris ins Wasser. Da schießt ein großer Fisch heraus, und Tobias erschrickt und ist vor Angst wie gelähmt. Der Engel ruft ihm zu: „Pack ihn!“ Da zieht Tobias den Fisch heraus, und der Engel gibt ihm den Auftrag, Leber, Herz und Galle mitzunehmen und gut aufzubewahren.
- Der Engel bewirkt den guten Ausgang: Tobias bekommt Sara zur Frau, die verzweifelt war, weil schon sieben Männer noch vor der Hochzeitsnacht starben. Leber und Herz des Fisches vertreiben den bösen Geist, der die Männer getötet hat. Tobias bekommt eine große Summe Geldes zurück, die einst sein Vater in der Zeit des Wohlstandes verliehen hatte, und schließlich wird der alte Tobit durch die Galle des Fisches von der Blindheit geheilt.
Die abschließende Aussage: Gottvertrauen auch in schwierigsten Situationen ist das um und auf, und Gott wird gerade dort, wo das Leben an die Grenze des Erträglichen kommt, seinen Engel in besonderer Weise beauftragen, uns beizustehen, damit die Macht des Bösen gebrochen wird und wir das Ziel erreichen, zu dem Gott uns bestimmt hat.
Was aber immer wieder deutlich wird: Der Engel ist nicht dazu am Werk, dass er unsere oft so niedrigen Wünsche erfüllt, sondern dass er uns den Weg erschließt, den Gott uns zugedacht hat.
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.
Weiteres zum Schutzengelfest:
14 Uhr: Andacht und Schutzengelprozession.
ZUR GESCHICHTE DER SCHUTZENGELBRUDERSCHAFT: KLICK