Pfarrer P. Johannes zum 4. Sonntag in der Osterzeit
In der Aussage: „Ich habe noch andere Schafe, die nicht aus diesem Stall sind; auch sie muss ich führen, und sie werden meine Stimme hören; dann wird es nur eine Herde geben und einen Hirten“ dürfen wir den Appell heraushören, dass wir uns um Ökumene und um den Dialog mit allen Menschen, gleich welcher Religion, Kultur, Rasse und Sprache bemühen müssen.
„Jetzt will ich meine Schafe selber suchen“ (Ez 34,11)
Gemäß Ezechiel hält Gott die Grausamkeit nicht mehr aus, mit der die Hirten bisher die ihnen anvertraute Herde behandelt haben. Jetzt will er selbst ihr Hirte sein. Dieses Wort bezieht Jesus klar auf sich. Zweimal sagt er im heutigen Evangelium: „Der gute Hirte gibt sein Leben für die Schafe.“ (Joh 10,11.15)
Er spricht auch eine sehr innige Beziehung zu der ihm anvertrauten Herde an: „Ich kenne die Meinen und die Meinen kennen mich.“ (Joh 10,14) – Und er setzt dieses „kennen“ parallel zu seiner Beziehung zum Vater. Seine Beziehung zur Herde ist eine Hineinnahme in die innergöttliche Beziehung der allerheiligsten Dreifaltigkeit. Ähnlich klingt es in der Abschiedsrede an: „Wie mich der Vater geliebt hat, so habe ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe!“ (Joh 15,9)
Schließlich stellt Jesus noch den Unterschied zum „bezahlten Knecht“ heraus, dem an den Schafen nichts liegt. Hier lese ich eine Mahnung an alle heraus, die als Hirten der Kirche tätig sind. Ja, es braucht viele gute Hirten, analog zu den Erntehelfern, weil es nur wenige Arbeiter für die Ernte gibt. Der „bezahlte Knecht“ wird im ersten Teil der Rede vom guten Hirten, die im Vorjahr verlesen wurde, noch viel schärfer als „Fremder“, ja, als Dieb und Räuber bezeichnet. Aber Jesus braucht Helfer. Ich denke, wer in der Kirche im Sinne Jesu wirken will, darf niemals das Eigene suchen, sondern die Sache Jesu muss Lebensprogramm jedweden Dienstes in der Kirche sein. Letztlich gilt das Wort des Apostels Paulus: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir.“ (Gal 2,20)
„Ich habe noch andere Schafe.“ (Joh 10,16)
Dieses Wort halte ich für sehr bedeutsam! Es ist auch wieder eine Mahnung an alle, die sich um den „rechten Glauben“ sorgen. Der Herr ist viel großzügiger als viele, die sich ständig um die Rechtgläubigkeit ängstigen.
Die Sehnsucht der Menschheit nach dem guten Hirten ist groß. Viele nützen das aus. Schon in früheren Zeiten hat es immer wieder Ver-Führer gegeben, auch in der heutigen Politik will man seine Interessen als Ideen des „guten Hirten“ verkaufen. Und immer wieder werden Andersdenkende als „Gegner“, ja sogar als „Feinde“ betrachtet.
Jesus hingegen will als der gute Hirte darauf hinweisen, dass es durchaus mehrere Herden geben kann, die sich alle nach einem guten Hirten sehnen, die seine Stimme hören möchten, durch ihn das Leben gewinnen wollen, sodass schließlich eine große, bunte, vielseitige, kreative Gemeinschaft entsteht, die sich vom Herrn angesprochen, verstanden und geliebt weiß. Hier klingt ein Heilsuniversalismus an, den schon Jesaja in seinen großen Visionen verkündet:
„Der HERR der Heerscharen wird auf diesem Berg für alle Völker ein Festmahl geben mit den feinsten Speisen, ein Gelage mit erlesenen Weinen, mit den feinsten, fetten Speisen, mit erlesenen, reinen Weinen.“ (Jes 25,6)
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Vergleiche auch die Gedanken zum 4. Sonntag i.d. OZ.Lesejahr A, in denen die Evangelienstelle aus Joh 10, die der heutigen voraussteht, betrachtet wird.
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.