Pfarrer P. Johannes zum 26. Sonntag im Jahreskreis
1. Im Himmel herrscht mehr Freude über einen Sünder, der sich bekehrt, als über 99 Gerechte, die der Umkehr nicht bedürfen. (Lk 15,7.10, ähnlich Mt 18,13)
Der göttliche Heilswille drückt sich wohl in der Freude des Vaters über die Heimkehr des verlorenen Sohnes (Lk 15,20-24) am schönsten aus. Das Unverständnis des älteren Sohnes klingt auch in der heutigen ersten Lesung aus dem Buch Ezechiel schon an: „Ihr sagt, das Verhalten des Herrn ist nicht richtig“ (18,25). Das eindrucksvollste Beispiel ist die Bekehrung des Apostels Paulus, der vom Christenverfolger zum Völkerapostel geworden ist. Ähnliche Beispiele finden sich im Laufe der Kirchengeschichte immer wieder. Oft haben Heilige zuerst ein sehr ausschweifendes Leben geführt, bis sie vom Blitz der Liebe Gottes getroffen worden sind, manchmal nach einer Krankheit oder einer schweren Verletzung. Auch das heutige Evangelium betont die Wichtigkeit der Umkehr und der Erneuerung des Lebens. Es gibt die Chance zu einer Veränderung. Aus einem „Nein“ kann ein „Ja“ werden.
2. „Vom Hörensagen nur hatte ich von dir vernommen; jetzt aber hat mein Auge dich geschaut.“ (Ijob 42,5)
Bekehrung ist keine Kleinigkeit! Denken wir an den verlorenen Sohn. Es hat die Hungersnot gebraucht und das Elend als Schweinehirt, bis ihm die Augen aufgegangen sind. Wie vorhin betont, waren oft eine schwere Krankheit oder Verletzung notwendig, um das Leben von Grund auf neu zu ordnen. Vielfach waren es Depressionen, die bis zur Todesgrenze geführt haben. Erst dann war es möglich, ein wirklich neues Leben zu beginnen.
Das Buch Ijob kann man auch als Geschichte einer Bekehrung lesen: Satan hinterfragt die Frömmigkeit dieses Mannes. Ob sie etwas wert ist, wird sich erst in der Not und im Leid zeigen. In den Streitreden mit seinen drei Freunden kommt das furchtbare Ringen mit einem Gott zum Ausdruck, den Ijob zu kennen meint und der ihm jetzt in der Krankheit so fremd geworden ist. Am Ende wird ihm aber klar, dass seine bisherige Gottesbeziehung nur Frömmelei, aber nichts Ernstes war. Es scheint den inneren Kampf zu brauchen, um wirklich zu Gott ein großes Ja sagen zu können. So hat echtes Christsein immer auch mit Kreuz zu tun.
3. „Amen, das sage ich euch: Zöllner und Dirnen kommen eher in das Reich Gottes als ihr.“ (Mt 21,31)
Dieser Satz aus dem heutigen Evangelium muss für die Pharisäer, Hohepriester und Ältesten eine schallende Ohrfeige gewesen sein! Sie, die immer so sehr bedacht waren, das göttliche Gesetz auf Punkt und Beistrich zu erfüllen, sollten vor Gott weniger gelten als die Sünder? Ihr ganzes Bemühen um ein anständiges Leben wäre vor Gott nichts wert? Erinnern wir uns auch an den Vorwurf des älteren Sohnes an den Vater, der den jüngeren Heimkehrer ohne Vorbedingungen wieder aufnimmt: „So viele Jahre schon diene ich dir, und nie habe ich gegen deinen Willen gehandelt!“ (Lk 15,29)
Die Pharisäer hatten es mit Jesus wirklich nicht leicht. Es scheint aber, dass äußere Frömmigkeit vielfach auch geübt worden ist, um dem lebendigen Gott nicht begegnen zu müssen. Man tut ja so viel für Gott, mehr kann er doch nicht von einem verlangen.
Die Erfüllung der religiösen Pflichten ist schon in Ordnung, aber auch geistliche Höchstleistungen können nicht das ersetzen, worauf es eigentlich ankommt: Dass wir uns von der Liebe Gottes ins Herz treffen lassen. Das Licht der göttlichen Gnade soll so sehr in unser Innerstes eindringen können, dass fortan das Feuer des Heiligen Geistes unser Antrieb ist, und nicht das Gefühl einer Verpflichtung, gewisse Gebote erfüllen zu müssen.
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