"Eure Erlösung ist nahe"
Ganz und gar nicht romantisch klingt dieses Evangelium, heute am
1. Adventsonntag.
Von bedrohlichen Ereignissen ist da die Rede:
Sonne, Mond und Sterne geraten in Bewegung, das Meer wütet und tobt,
das ganze Gefüge der Welt wird erschüttert.
Der Boden schwankt und der Himmel droht einzustürzen.
- Und die Menschen vergehen vor Angst,wissen nicht mehr ein und aus.
Diese „Aussichten“ passen doch gar nicht in die Stimmung des Advents.
Jetzt ist doch eher Gemütlichkeit beim Kerzenschein angesagt, der Duft von Keksen und Punsch. –
Warum so drastische Worte am Beginn der „Adventszeit“?
Nun, ich meine, dass dieses Evangelium ein notwendiges Korrektiv ist,
weil es die Wirklichkeit nicht ausblendet, sondern einbezieht:
die Welt um uns herum ist nicht nur gemütlich, nicht einfach heil und gut.
Im Gegenteil: wir leben auf schwankendem, gefährdeten Boden.
Es gibt keine Garantie für ein ruhiges Leben.
Es kracht im Gebälck unserer Welt:
Krisen - überall: einst blühende Industriebetriebe gehen in Konkurs, die Arbeitslosigkeit nimmt zu, die Natur spielt verrückt.
Die Umwelt verschmutzt immer mehr und immer schneller
Die Politik findet keine Lösungen für die Probleme unserer Zeit.
Oder ist gar nicht bereit „Lösungen“ zu suchen.
Vom Frieden auf Erden – keine Spur.
Nichts stimmt mehr, alles gerät durcheinander – ist der „Weltuntergang“ nahe. –
„ Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über den Erdkreis kommen.“ Hat es geheißen. Ist es wirklich schon so weit?
Haben wir kein Aussichten, keine Hoffnung mehr?
„Wenn all das beginnt“ – so die überraschende Wende im Evg.- „wenn all das beginnt, dann richtet euch auf, erhebt eure Häupter, denn eure Erlösung ist nahe“!
Ein ermutigendes Wort: Richtet euch auf! – Erhebt eure Häupter! – Schaut auf, löst euren Blick von den Trümmern, blickt auf zum Himmel, richtet euren Blick nach oben: Eure Erlösung ist nahe!
Genau das ist der Sinn der Adventzeit, diese Einladung:
„Richtet euch auf, erhebt eure Häupter, denn eure Erlösung ist nahe!“
Es gibt viele – zu viele – Menschen, die bedrückt sind, „niedergeschlagen“, weil sie unter Umständen leiden, die „niederdrückend“ sind.
Es gibt viele, die von Angst wie gelähmt sind, weil sie das Gefühl haben:
„es bricht ihre Welt zusammen.“ Sie sehen keine Zukunft mehr.
„Richtet euch auf und erhebt eure Häupter!“ – dieses Wort sollten wir mitnehmen in den Advent. Der Advent könnte eine Zeit sein, in der wir uns „einüben“ in eine „aufrechte Haltung“.
Man sollte es wirklich „üben“ – vielleicht jeden Tag einmal:
Sich „aufrichten“, das Haupt „erheben“, „aufschauen“, sich öffnen.
Das macht etwas mit uns: es stärkt, es öffnet den Horizont, es weitet den Blick auf das, was auf uns „zukommt“.
Nicht auf dass, was wir befürchten, sollten wir starren.
Aber auf das, was wir „erwarten“ dürfen.
Erwarten dürfen wir: dass unsere Not sich wenden wird, dass uns ein „Licht“ aufgehen wird. Dass sich ganz neue „Aussichten“ auftun werden, durch Ihn, den wir unseren „Retter“ und „Erlöser“ nennen.
Dass wir seinen Verheißungen trauen und uns in seine Art zu leben „einüben“, das wird uns „retten“. Amen