Irgendwo ist immer ein Sturm!
Irgendwo ist immer ein Sturm! Der Wind zieht auf, die Wellen schlagen ins Boot, der Sturm wühlt die See auf und das Schiff schwankt und wird von den Wellen herumgewirbelt. Es ist gefährlich.
Die Wellen werden höher und höher, das Wasser steigt und mit ihm meine Angst, sie überflutet mich und schwappt wie Wasser in mein Boot und in mein Leben. Das stehe ich nicht durch! So fühlt es sich auch an, wenn ein Schicksalsschlag uns wie ein Sturm erfasst und unser Leben gewaltig durchschüttelt. Viele von uns sind sturmerfahren und können gut mitfühlen.
Eine Nachricht aus heiterem Himmel: Ein schlimmer Unfall, eine Krebsdiagnose oder eine andere böse Krankheit: Tage voller Angst – wie wenn ein Sturm aufzieht – was wird sein? Wie wird es ausgehen? Und was ist, wenn der schlimmste Fall eintritt? Und die Angst wächst wie ein böses Geschwür, der Himmel verfinstert sich, ein Sturm kommt auf. Erreiche ich das rettende Ufer oder gehe ich unter?
Und neben persönlichen Tragödien, die uns ereilen leben wir auch noch – so empfinden das viele von uns – in stürmischen Zeiten. Was sich da alles zusammenbraut. Wohin steuert diese Welt? Kriege, Attentate, Rechtsradikalismus, Gefahren durch die immer undurchschaubarere digitale Welt – es gibt so vieles was uns Angst macht. Dazu die wachsende Angst vor der Klimakatastrophe: Das Schiff schlingert auf den Abgrund zu und wir streiten, wer den besten Sitzplatz oder die schönste Kabine bekommt. Wohin steuern wir mit Steuermännern wie Putin, Netanjahu, Trump und wie sie alle heissen? Die Liste ist lang.
Ja, Irgendwo ist immer ein Sturm! Irgendwo geht immer jemand unter. Irgendwo läuft ein Boot voll. Schlechte Nachrichten gibt es genug. Wie halte ich dagegen?
Natürlich können wir das angstmachende in unserer Welt nicht verhindern, aber wir können und dürfen JESUS dagegenhalten, gegen alle Ängste, Bedrohungen und Lebenskrisen.
Das heutige Evangelium ist der Beweis für ein Dagegenhalten:
Jesus und seine Jünger unterwegs im Boot. Ein Sturm kommt auf. Viele seiner Jünger waren Fischer, also nichts Dramatisches für sie. Aber der Sturm wird stärker und die Jünger bekommen es mit der Angst zu tun. Und Jesus? Er schläft.
Es kann doch nicht sein, dass wir Jesus mit im Boot haben und er schläft, obwohl wir hin und her gerissen werden von den Stürmen des Lebens.
Und so wecken sie Jesus. Er befiehlt dem Sturm und der See: Schweig still!
Die Ängste der Jünger haben sich als unbegründet herausgestellt.
Jesus ist da und rettet. Ja wir können darauf vertrauen, Gott ist da. Letztendlich lässt er uns nicht untergehen. So wie er auch Jesus am Kreuz nicht untergehen lässt. Gott wird uns nicht vor dem Sturm bewahren, aber vor dem Untergehen. Wir haben sein Wort. Kümmert es dich nicht, dass wir untergehen? Es hat ihn längst gekümmert. Gott hat seinen Sohn Jesus in die Welt gesandt und ihn für uns hingegeben, damit wir, die an ihn glauben nicht verloren gehen, sondern das Leben haben.
Das sagt sich so einfach und trotzdem, wenn wir unser Leben und das Leben um uns herum betrachten, dann kommt der Zweifler in uns immer wieder zum Vorschein: Wo warst Du, wo bist Du? Warum lässt du zu, dass mir eine viel zu schwere Bürde aufgeladen wird? Warum so viel Leid? Warum?
Ja, die Stürme in unserem Leben können stark sein, manchmal fast zu stark und einige Menschen von uns werden auch tatsächlich davon umgerissen. Da scheint die verzweifelte Frage an Gott ja unausweichlich: Kümmert es dich nicht, dass wir untergehen?
Liebe Brüder, liebe Schwestern, keiner von uns hat eine echte Antwort auf diese Frage in Zeiten solcher Verzweiflung. Jeder von uns fragt sich angesichts von so viel Leid im Leben, ob Gott das nicht verhindert könnte. Und wir werden keine zufriedenstellende Antwort finden. Da müssen wir durch. DAS IST DAS LEBEN!!
Ich möchte euch noch eine kurze Geschichte erzählen:
Eines Morgens kam der Lehrer in die Klasse und ließ unangekündigt einen Test schreiben. Wie immer verteilte er die Aufgabenblätter mit dem Text nach unten. Und wie so oft murrten die Schüler. Doch als sie die Blätter umdrehten, waren sie überrascht.
Statt Aufgaben war nur ein schwarzer Punkt darauf zu finden, genau in der Mitte. "Schreibt einfach auf, was ihr auf dem Blatt seht", sagte der Lehrer und setzte sich an seinen Tisch. Für einen Moment waren die Schülerinnen und Schüler unschlüssig, doch dann begannen sie zu arbeiten. Nach einer Weile sammelte der Lehrer die Testblätter ein und begann, die entstandenen Betrachtungen laut vorzulesen. Durch die Bank hatten alle Schüler über den schwarzen Punkt geschrieben: über seine Position in der Seitenmitte, über seine Größe im Verhältnis zum Papierformat und so weiter. Am Ende lächelte der Lehrer und sagte: "Ich wollte euch eine Aufgabe mit offenem Ausgang stellen. Niemand hat etwas über den freien Raum um den Punkt herum geschrieben – über den weißen Teil des Papiers. Jeder hat sich auf den schwarzen Punkt konzentriert. Das Gleiche machen wir in unserem Leben. Wir haben ein weißes Blatt erhalten, um den Freiraum darauf zu nutzen und zu beschreiben. Aber wir haben immer nur die dunklen Flecken im Blick."
Ja, die dunklen Flecken sind da. Das Leid, der Schmerz, der Verlust, die Angst. Sie sind da, aber Gott will, dass wir uns davon nicht beherrschen lassen. Gott möchte, dass wir den weißen Teil
des Papiers beachten.
Und wenn wir mehr die weiße Fläche beachten –
Hoffnungsbilder die wir auch jeden Tag sehen,
ruhiges Schönwetter in dem wir in unserer Familie, im Freundeskreis schöne Stunden erleben und gemeinsame Glücksmomente feiern können und
rettendes Ufer, wenn eine schlimme Sache zu einem guten Ende kommt oder wenn Menschen helfen
ja, wenn wir mehr die weiße Fläche beachten und nicht nur immer den schwarzen Punkt, können wir durch unsere Ängste, durch die Verluste hindurch unseren Blick weiten - zum Horizont hin, zum Licht in all dem Dunkel. Gott möchte, dass wir unseren Blick auf ihn richten und dass wir Gott, das Licht, das in die Welt kam uns zu erlösen, nie aus den Augen verlieren.
Wir sitzen in einem Bott, wir rudern, gegen die Wellen und wenn es sein muss gegen den Sturm. Wir können uns auf die hohen Wellen konzentrieren und die Angst wird zunehmen, oder wir können unseren Blick auf das rettende Ufer richten und wir können unser Vertrauen auf Gottes Zusage richten:
In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden (Joh 16,33).
Amen.