Für das Klima hoffen heißt handeln!
Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder,
als die Umweltorganisation Greenpeace im Juli 1985 gegen französische Kernwaffentests auf dem Mururoa-Atoll demonstrieren wollte, weil die Bewohner*innen der Nachbaratolle seit Jahrzehnten an Strahlungsschäden litten, befestigten Taucher des französischen Geheimdienstes mit Wissen des französischen Staatspräsidenten Francois Mitterand im Hafen von Auckland/ Neuseeland zwei Sprengsätze an dem Schiff und versenkten es. Ein GreenpeaceMitarbeiter kam ums Leben. Sicher können Sie sich den tiefen Frust der Umweltengagierten vorstellen, als sie von diesem Ereignis erfuhren. Denn viel schlimmer als der materielle Schaden war ja die Botschaft Frankreichs: Wir werden mit der Entwicklung von Atomwaffen fortfahren, und ihr werdet uns daran nicht hindern! 1) Frust und Verzweiflung breiten sich aus Ganz ähnlich dürfte die Gefühlslage vieler Umweltaktivist*innen heute sein. Da setzen sich die Jugendlichen der Fridays for Future, der Letzten Generation und anderer Gruppierungen uneigennützig und mit leidenschaftlichem Engagement für den Schutz von Klima und Biodiversität ein. Aber auch nach fünf Jahren zeigen ihre Proteste kaum Wirkung. Politik und Gesellschaft machen weiter wie bisher und tun so, als ob uns noch Jahrhunderte Zeit blieben, um unsere zerstörerischen Praktiken aufzugeben. Der Frust ist hoch, und er ist nachvollziehbar. Verzweiflung und die sprichwörtliche „KlimaAngst“ greifen um sich, so dass viele junge Menschen ernsthaft erwägen, keine Kinder in die Welt zu setzen, um sie nicht einer furchtbaren Lebenssituation auszusetzen. Diese Gefühlslage sollten wir sehr ernst nehmen, denn sie ist gut begründet und nimmt die wissenschaftlichen Prognosen ernster als sämtliche Parolen eines naiven „Weiter-so“. Doch wie können wir mit Angst und Sorge umgehen? Wie können wir verhindern, dass junge Menschen völlig verzweifeln und ihre Hoffnung ganz verlieren? Lässt sich eine trost- und hoffnungsvolle Perspektive finden, die keine billige Vertröstung, sondern echte Stärkung bedeutet? Klassisch ist das eine Frage an die Religionen. Und wenn wir genau hinsehen, hält die christliche Tradition dazu einige Ressourcen bereit, die wir allerdings in den letzten Jahrhunderten wenig beachtet haben. 2) Schriftlesungen als Hoffnungsbotschaften So haben wir in der Lesung aus dem Buch Genesis gehört, dass Gott nach der großen Flut einen Bund mit der Schöpfung schließt. Als ob die Autoren wüssten, wie widerständig die Menschen sind, hämmert ihr Text den Zuhörenden vielfach ein, dass es um einen Bund mit allen Lebewesen geht, menschlichen und nichtmenschlichen – denen auf dem Land, denen im Wasser und denen in der Luft. Fast in jedem Satz wird das betont, damit es auch der letzte kapiert. Menschen und Tiere können nur gemeinsam überleben, sie sitzen sprichwörtlich in einem Boot. Und Gott verspricht ihnen, dass, wenn es nach ihm geht, nie wieder eine derart zerstörerische Flut das Leben auf der Erde vernichtet. Der Regenbogen, der den damaligen Menschen als Vorbote von Blitz und Donner Angst und Schrecken einflößte, soll daher zum Zeichen der Treue und Fürsorge Gottes werden – zum Symbol des Friedens. Ganz in diesem Sinne stellt der Evangelist Markus im Prolog seines Evangeliums Jesus als neuen Adam vor, der anders als der erste Adam mit den nichtmenschlichen Geschöpfen in Frieden lebt. Das „Reich Gottes“, über das Jesus wenig später zu predigen beginnt, ist folglich nach Markus dann und nur dann unter uns gegenwärtig, wenn Menschen und nichtmenschliche Geschöpfe miteinander in Frieden leben. 3) Klimabündnis: Ohne Druck entschlossen zu handeln beginnen Liebe Schwestern und Brüder, es gibt Hoffnung, sagen die biblischen Texte – jedoch nur unter einer Bedingung: Dass wir diese Hoffnung in unserem Handeln ergreifen! Von Gott her soll nie wieder eine Flut kommen, die die Welt zerstört – das ist sein Bundesangebot an uns. Aber an uns liegt es, unseren Teil der Bundesverpflichtung wahrzumachen und mit Rücksicht auf die Zerbrechlichkeit und Sensibilität der Schöpfung, ihrer Lebensräume und Lebewesen zu leben. Das fordert die Bereitschaft, eigene Ansprüche um des größeren Ganzen willen zurückzustellen. Hoffnung ist keine Beruhigungspille, keine Einladung, uns auf die faule Haut zu legen, nach dem Motto: „Es wird schon irgendwie gut gehen!“ Nein, wenn wir die Hände in den Schoß legen, wird es furchtbar ausgehen – und Hoffnung heißt, das ernst zu nehmen. Hoffnung macht sich aber unabhängig vom Erfolgsdruck, sie ist frei. Frei aus der Dankbarkeit. Frei, weil sie weiß, dass uns alles geschenkt ist, dass wir uns die Gaben der Schöpfung nicht gemacht und nicht verdient haben. Die Schöpfungsgaben kommen uns aus der überfließenden Liebe des Schöpfers zu. Genau diese Dankbarkeit macht frei, umso entschlossener, umso hingebungsvoller, umso selbstloser zu handeln. Es geht nicht um die Frage: Was habe ich davon? Sondern es geht darum, dem Schöpfer und der Schöpfung etwas zurückzugeben, wo wir doch so unendlich viel empfangen haben. Um es mit dem früheren tschechischen Präsidenten Vaclav Havel zu sagen: Hoffnung ist die Gewissheit, dass unser Engagement Sinn macht – völlig unabhängig davon, wie es ausgeht. Das gilt heute ganz besonders für alles Engagement, das die Pfarre St. Josef bereits im Dienst der Umwelt geleistet hat, und des Engagements, das sie sich für die nächsten Jahre vornimmt. Schon jetzt gestalten Sie Feste und Veranstaltungen zunehmend umweltfreundlicher und nachhaltiger, verwenden regionale Produkte und bieten vegetarische Speisen an. Sie gestalten Gottesdienste, zu den Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Sie beziehen zertifizierten Ökostrom, teilweise über die eigene PV-Anlage. Auf der Wiese vor der Kirche haben Sie frühblühende Sträucher und Blumenzwiebeln gepflanzt. Ein Imker stellt im Frühjahr einen Bienenstock auf. Künftig wollen Sie auch die Photovoltaikanlage, nach Genehmigung durch das Denkmalamt, so weit ausbauen, dass sie zumindest den Eigenbedarf der Pfarre deckt. Sie möchten mit regelmäßigen Veranstaltungen Bewusstsein für einen nachhaltigen Lebensstil schaffen. Und Sie wollen dringende Maßnahmen an den Gebäuden umsetzen, um die Energieeffizienz bei der Heizung und beim Stromverbrauch zu steigern. Das sind eine Vielzahl konkreter Hoffnungszeichen, die Sie als Pfarre miteinander setzen! Liebe Schwestern und Brüder, von Anfang an nannte Greenpeace seine Schiffe „Rainbow Warrior“, auf Deutsch „Regenbogen-Kämpfer“, und malte auf den Bug den Regenbogen und die Taube mit dem Ölzweig. Eine deutliche Anspielung auf die Noacherzählung der Bibel, die große Kraftquelle der Organisation. Als die „Rainbow Warrior“ 1985 durch den französischen Geheimdienst versenkt worden war, startete Greenpeace eine weltweite Plakatkampagne mit dem Motto: „Einen Regenbogen könnt ihr nicht versenken!“ Das ist eine großartige, zutiefst spirituelle Botschaft der Hoffnung: Unser Schiff, unseren materiellen Besitz könnt ihr zerstören, und vielleicht sogar unser Leben. Aber unsere Leidenschaft für die Schöpfung, unseren unermüdlichen Einsatz, unsere Hingabe und unsere Hoffnung – die könnt ihr nie zerstören! Wie ein Regenbogen können sie nicht untergehen. Ich wünsche uns, dass wir uns von dieser Leidenschaft anstecken lassen – und so in unserem täglichen Handeln Zeugnis ablegen von der Hoffnung, die uns erfüllt. Amen.