"Ich wünsche mir..."
Was wünscht du dir für das neue Jahr? So wird man in diesen Tagen öfters gefragt.
Ich möchte vier „Tugenden“ nennen, „taugliche“ Haltungen, die ich mir für ein gutes Leben und Zusammenleben im neuen Jahr wünsche.
Ich wünsche mir die Haltung der „Ehrfurcht“.
Ehrfurcht – ein altes Wort, das in unserem alltäglichen Sprachgebrauch kaum mehr vorkommt. Es geht dabei nicht um ein „Fürchten“, um „Angst“ haben, sondern darum, die „Ehre“, die einem Gegenüber gebührt zu achten. Ehrfurcht hat viel mit „Respekt“ zu tun.
„Ehrfurcht“ vor Gott: da geht es um ein ergriffenes Staunen, vor dem Geheimnis Gottes, vor dem Wunder seiner Schöpfung, vor der Unbegreiflichkeit des Alls.
Ehrfurcht vor Gott, das meint auch, dass wir uns nicht selbst zum Herrn der Welt aufspielen. Dass wir nicht im „Größenwahn“ verkommen, sondern unser „menschliches Maß“ suchen, finden und bewahren.
Ehrfurcht vor den Mitmenschen gehört unbedingt dazu.
Das meint, dass wir uns ein Gefühl bewahren für den Wert des anderen, dass wir ihn in seiner Würde achten. Es meint ganz einfach gesagt: dass wir anständig miteinander umgehen, dass wir aufeinander schauen.
Ehrfurcht vor der Schöpfung, wünsche ich mir, vor unserer Umwelt. Dass wir verantwortlich umgehen mit allem Geschaffenen, mit unserem Lebensraum,
mit Tieren und Pflanzen, mit allem Seienden.
„Toleranz“ – wünsche ich mir:
Toleranz meint nicht, den anderen bloß „sein zu lassen“ – es meint ihn zu schätzen, in seiner Art.
Toleranz ist nicht „Gleichgültigkeit“, im Sinne von:
„Was geht mich das an?“ oder: „Es ist mir wurscht“!
– Toleranz meint den anderen als gleich „gültig“ achten, wie mich selbst.
Ihn gelten lassen, ihn zu respektieren, ihn anzuerkennen.
Toleranz heißt nicht: sich aus allem heraushalten, oder gar widerwillig „erdulden“, weil es halt so ist, wie es ist.
Toleranz meint wach zu sein und zu bleiben, offen und auch bereit, etwas zu „ertragen“, auch „auszuhalten“ – das Andere, das Fremde, auch die Anderen, die Fremden...
Ich wünsche mir „Solidarität“, als taugliche Haltung für ein gutes Miteinander.
Niemand ist eine Insel. Wir alle sind voneinander abhängig und aufeinander angewiesen.
Das erleben wir immer deutlicher, je mehr die Welt zusammenwächst.
Solidarität meint: ich schaue auch auf die anderen, nicht nur auf meine Interessen.
Ich setze mich ein. Ich mische mich ein. Ich trage die wesentlichen Anliegen meiner Mitmenschen mit, weil ich mich mit ihnen verbunden fühle.
„Friedensliebe“ – eine ganz wesentliche Haltung, die ich mir wünsche. Den Frieden „lieben“ – d.h. ihn spüren wollen, ihn nicht aus dem Sinn bringen, immer nach Wegen suchen, ihm zu begegnen. Die Liebe macht erfinderisch heißt es. Auch die „Friedens-liebe“.Sie lässt uns immer nach Möglichkeiten suchen, nach gangbaren Wegen zur Lösung von Konflikten.
Ja, das wünsche ich mir für das Neue Jahr:
Dass wir uns „üben“ in der Haltung der Ehrfurcht,
der Toleranz, der Solidarität und der Friedensliebe.
In diesem Sinn: Ein gutes, gesegnetes Neues Jahr!