"Soviel war Jesus dem Stephanus wert."
Liebe Schwestern und Brüder!
Wir haben die Weihnachtsgeschichten und -lieder noch im Ohr, den Kerzenglanz, die Geschenke und das Familienfest tragen wir noch im Herzen, Da hören wir heute in den Schriftlesungen fast genau das Gegenteil: von Verfolgung ist im Evangelium die Rede, von Verrat und von drohenden Tod.
Nach dem Zeugnis der Apostelgeschichte war Stephanus der erste Jesus- Anhänger, der seinen Glauben an diesen Jesus mit dem Leben bezahlte.
Stephanus war einer der sieben Diakone der Urgemeinde in Jerusalem. Er ergreift Partei für die Armen und tritt für mehr Gerechtigkeit (der Witwen und Waisen) ein. Das wurde von den Mächtigen nicht gerne gesehen, sollte er sich doch besser nur um den rechten Tempeldienst kümmern. „Voll Kraft und Gnade“ engagierte er sich, auch in der Deutung der heiligen Schriften im Blick auf den „Gerechten“, in dem die frühe Kirche Jesus Christus erkannte. Dabei standen ihm Zeichen und Wunder zur Seite. Stephanus kannte die biblischen Aussagen sehr gut. Tätige Nächstenliebe bewirkt sicher mehr Einsicht in das Wort Gottes und umgekehrt. Er hatte Mut bewiesen, den gekreuzigten und auferstandenen Christus als den wahren Messias zu verkünden, auch wenn die führenden Juden nicht an Christus glaubten. Er sollte ja beseitigt werden! Stephanus wird angegriffen und verteidigt sich durch weise Rede. Seine Rede vor dem Hohen Rat wurde als Gotteslästerung betrachtet, dafür wurde er gesteinigt.
Im Sterben aber war er Gott ganz nah, wie Jesus es versprochen hat.
Die letzten Worte des Stephanus, sein letzter Schrei, sein letztes Gebet, „ Herr, rechne ihnen die Sünde nicht an!“ sind ganz nah an den letzten Worten Jesu: „Vater, vergib ihnen den sie wissen nicht was sie tun.“
Kurz zuvor, am Ende der langen Glaubensverkündigung, hatte er den Himmel offen, die Herrlichkeit Gottes und Jesus zu seiner Rechten gesehen.
Bei ihm, wie bei Jesus gipfelt also das letzte Glaubensbekenntnis und -Zeugnis in der Vergebung.
Jede Generation, jeder Mensch steht neu vor der Frage der Vergebung.
Es sind soviele Konflikte überall auf der Erde, der Friede ist für viele Menschen nur noch ein Traum. Die Basis des Friedens ist Versöhnung. Ohne Versöhnung kommt der Mensch nicht zum inneren Frieden.
Das Wort aus Gottes Mund, das tröstende und befreiende, das heute auch zu hören ist, weist uns in die Richtung, in die wir schauen und gehen können.
Nicht nur damals wurde mit Stephanus ein Christ ermordet. Auch heute sind
zahllose Menschen wegen ihrer Zugehörigkeit zu Jesus in schweren Konflikten, werden verfolgt und vertrieben, verlieren Hab und Gut und oft auch das Leben.
Ich war überrascht lesen zu müssen, dass es die Christen sind, die am meisten verfolgte Religion weltweit sind. Eine Erhebung der Organisation „Kirche in Not“am 9.11.2023 berichtet dies.
Mitte November gab es dazu einen Aktionstag von „Kirche in Not.“ Er wurde der ROTER MITTWOCH genannt. Weltweit wurden rund um diesen Tag hunderte Kirchen, Klöster und öffentliche Gebäude, Monumente blutrot angestrahlt, um auf das Schicksal von Millionen verfolgter und bedohter Christinnen und Christen aufmerksam zu machen.
Christsein war noch nie so gefährlich wie heute! Mehr als 200 Millionen Christinnen und Christen in aller Welt leben in einem Umfeld, indem sie gewaltsam verfolgt, diskriminiert oder an der freien Ausübung ihres Glaubens gehindert werden.
Seien wir ihnen solidarisch verbunden. Beten wir für sie um den Beistand Gottes, dass sie Wege finden, den Glauben und die Hoffnung zu bewahren, und gerettet werden.
Am Schluß bleibt mir die Frage: Was bezeuge ich in meinem Leben? Wer oder was ist mein Halt, mein Stern, dem ich folge? Wann und wie gebe ich Zeugnis davon ab, dass ich an einen Gott glaube, der die Welt und die Menschen liebt, und der mich erlöst hat?
Den Menschen so zu begegnen, wie Jeus es getan hat, offen und liebevoll, ist immer eine große Herausforderung.
Vielleicht hilft uns dann die Weihnachtserfahrung, diese Schwierigkeiten durch- zustehen.
Denn hier haben wir ja ein bisschen Himmel spüren können, vom Glanz, von den himmlischen Engelsmächten und hoffentlich vom Frieden bei und durch Gott. Denn auch das ist der Glaube an unseren Gott: eine beglückende Erfahrung, die uns durch unser Leben begleiten will, durch alle Höhen und Tiefen. Amen.