Allerseelen - Leben im Himmel
Allerseelen 2023
Liebe Schwestern und Brüder!
Sie haben im vergangenen Jahr, oder in den letzten Jahren einen lieben Menschen verloren. Sie gedenken heute in besonderer Weise diesem Menschen, der ihnen nahe war und dessen Tod Sie geschmerzt hat oder immer noch schmerzt. Hier am Friedhof, am Ort des Gedenkens und des Gebetes, haben wir uns heute versammelt, um gemeinsam und das ist wichtig, unserer Verstorbenen zu gedenken und sie für das zu würdigen, was sie für uns gewesen sind.
Oft sagen wir unbedacht, der Tod gehört zum Leben, so als ob uns das nichts ausmachen könnte, wenn wir einen lieben Menschen durch den Tod verlieren.
Sicherlich, Sterben und Tod wird von jeder und jedem von uns unterschiedlich erlebt und wahrgenommen.
Sterben und Tod ereignet sich aber auch auf ganz unterschiedliche Weise.
In diesen Tagen und Wochen werden wir zusätzlich ständig mit Tod und Zerstörung auf den Kriegsschauplätzen der Welt konfrontiert und wissen oft nicht, wie wir damit umgehen sollen. Wir fühlen uns hilflos und ohnmächtig, weil wir nichts gegen all das Leid tun können. Andere werden vielleicht wütend und schließen sich einer Demonstration an, um irgendetwas zu tun. Wieder andere sehen im Gebet um Frieden eine Möglichkeit dem grausamen Sterben so vieler Unschuldiger zu begegnen. Jeder und jede muss hier seinen Weg finden.
Das gilt genauso für unsere verstorbenen Verwandten und Freunde:
Für manche der Heimgegangenen war der Tod eine Erlösung und eine Befreiung vom Schmerz, dadurch fällt das Abschied nehmen oft etwas leichter.
Es gibt aber auch den plötzlichen Tod, durch den ein Mensch mitten aus dem Leben gerissen wird und für die Angehörigen von einem Tag auf den anderen nichts mehr ist, wie es war. Sie haben das Gefühl, alles steht still. In ihrem Leben verändert sich alles. Und es gibt auch den verzweifelten Kampf gegen den Tod, mit vielen Auf und Ab, immer in der Ungewissheit, wie es ausgehen wird, oft jahrelang.
Die Tage um Allerheiligen und Allerseelen, in denen wir unserer Verstorbenen gedenken, berühren uns daher ganz unterschiedlich.
Es gibt das dankbare, liebevolle Gedenken,
es gibt das verzweifelte Gefühl der Verlassenheit,
es gibt auch manchmal hilflose Wut und viele Fragen,
es gibt das bedrückende Gefühl, dem Verstorbenen etwas schuldig geblieben zu sein und
es gibt auch die Gleichgültigkeit.
Allerheiligen und Allerseelen sind für uns Christen Feste, die uns eine Möglichkeit anbieten, mit diesen schweren Zeiten unseres Lebens zurecht zu kommen. Bevor wir zu Allerseelen unserer Toten gedenken, haben wir heute Allerheiligen gefeiert. Wir haben uns die große Vision vor Augen gestellt, wohin alle unsere Wege führen werden. Unser Bild dafür ist der Himmel.
In vielfacher Weise wurde der Himmel schon dargestellt, aber immer als ein Ort gelungenen und vollendeten Lebens. Alles Leid, das Menschen erlitten haben, ist überwunden, alle Brüche geheilt, alle Unversöhntheit hat Versöhnung gefunden, das nennen wir Himmel.
Dieses Sehnsuchtsbild des Himmels gibt unserem Leben eine andere, neue Dimension, es übersteigt unsere erlebbare Welt und gibt uns eine Ahnung von dem, was uns einmal erwartet und was unsere Verstorbenen bereits schauen dürfen.
Ein Reich des Friedens, der Lieben und der Versöhnung. Da gibt es nichts mehr, was nachgetragen wird, was kränkt oder vorgeworfen wird. Himmel ist die Überwindung aller Krankheit, Angst und Hoffnungslosigkeit.
Himmel ist das Geborgen sein in der unendlichen Liebe, im beglückenden Licht Gottes.
Wir versuchen uns den Himmel mit menschlichen Bildern vorzustellen. Die Bibel beschreibt das Leben bei Gott auch in Bildern.
Das alttestamentliche Buch des Propheten Jesaia zeigt uns den Himmel als ein großes Festmahl. Nicht nur im Orient, auch bei uns werden alle großen Ereignisse mit einem Festmahl begangen. Man sitzt fröhlich beisammen, vergisst die Sorgen des Alltags, lässt einander hochleben und freut sich aneinander. So ähnlich und noch viel größer dürfen wir uns den Himmel vorstellen. Auch das gemeinsame Mahl nach einem Begräbnis kann ein Hinweis auf dieses himmlische Gastmahl sein, oft ist es auch ein tröstliches Beisammensein für die Hinterbliebenen.
Das Lukas-Evangelium spricht von Auferstehung und Leben. Es spricht sogar von einer zweifachen Auferweckung, als Jesus einen jungen Mann wieder zum Leben zurückführt. Die eigentliche Auferweckung geschieht an der Mutter des Toten. Denn eine Witwe ohne Kind, ohne jemanden, der für sie sorgt, war damals gesellschaftlich tot, war auf Betteln angewiesen. Wenn Jesus der Frau den Sohn zurückgibt, dann schenkt er auch ihr neues Leben und ein Weiterleben in Würde.
Neues Leben, ein noch viel größeres, wird im Himmel sein.
Die Bibel kennt noch viele andere Bilder für den Himmel. Alle wollen uns die Angst vor dem Tod nehmen und uns trösten in unserem Schmerz.
Wenn unser irdisches Leben zu Ende geht, und niemand von uns weiß, wann das sein wird, wartet auf uns die Vollendung. Daran dürfen wir glauben, damit wir gut leben können.
Unsere Verstorbenen sind uns vorausgegangen, sie dürfen die Vollendung ihres Lebens jetzt schon schauen und sie blicken voller Dankbarkeit und Liebe auf das, was wir für sie getan haben oder auch nicht getan haben.
In der Vollendung Gottes wird es einst ein Wiedersehen geben und es wird keinen Tod mehr geben und alle Tränen werden abgewischt sein für immer, so versichert es unser Glaube.
Liebe Schwestern und Brüder, ich wünsche ihnen Menschen, die sie in ihrer Trauer begleiten und stützen und ich wünsche ihnen einen Glauben, der sie durch alle schweren Zeiten durchträgt.
Amen.