"Wie halten Sie es mit dem Gebet?"
Liebe Mitchristen!
Wie halten sie es mit dem Gebet? Beten sie regelmäßig? Für wen und worum beten sie? Was erwarten sie sich vom Gebet? Zu wem beten sie? Zu Gott, zu Jesus Christus, zum hl. Geist, zu Maria?
Immer wieder einmal passiert es, dass jemand zu mir sagt: lass doch deine Beziehungen nach oben spielen, wir brauchen für unser Fest ein schönes Wetter! Oder du hast doch einen guten Draht nach oben, kannst du nicht dieses oder jenes veranlassen? Ich sage dann meistens schmunzelnd, ja natürlich, das kann ich schon machen, ich gebe mein Bestes!
Dass einer allein, ob Bischof, Priester oder Pfarrassistent das Wetter beeinflussen könnte, war der Glaube der alten Römer, der alten Griechen und der Germanen. Der christliche Glaube ist kein „magischer Götter- oder Priesterkult“, bei dem irgendjemand für das Heil oder Unheil der Gemeinschaft verantwortlich gemacht werden kann.
Die christliche Kirche ist von Anfang an auf die Gemeinschaft aller Gläubigen ausgerichtet, die in der regelmäßigen Versammlung miteinander und füreinander ihre Gebete vor Gott bringen. Das war auch der Unterschied zum Judentum, der Wurzel des Christentums.
In der Versammlung der Christen wurde von Anfang an Freude und Leid geteilt und mitgetragen.
„Alles, was zwei von euch auf Erden gemeinsam erbitten, werden sie von meinem himmlischen Vater erhalten“, sagt Jesus (Mt 18,19).
Da geht es um das gemeinsame füreinander Bitten. Das macht uns als christliche Kirche auch aus. Miteinander und füreinander in Wort und Tat da zu sein.
Das gemeinsame Bittgebet hat eine lange Tradition, denken sie nur an die Wallfahrten und die vielen Anliegen, die hier gemeinsam im Gebet vor Gott gebracht wurden und immer noch werden. Auch bei Bittprozessionen und Maiandachten ist es nicht anders, wir wenden uns vertrauensvoll mit unseren Gebeten an Gott und erbitten uns seine Hilfe (durch Maria, durch Jesus Christus). Nicht durch einen Automatismus in der Art, wenn ich zehn Vaterunser oder Rosenkränze bete, wird meine Bitte erhört, sondern in einer Haltung des Vertrauens, dass Gott mein Leben, unser Leben, liebevoll begleitet, wenn wir an ihm festhalten und nach dem Vorbild Jesu zu leben versuchen!
Das gemeinsame Gebet kann auch sehr tröstend sein. Es ist wohltuend und bereichernd, wenn ich weiß, es betet jemand für mich in einer schweren Situation, jemand ist mit seiner Aufmerksamkeit bei mir, ich bin nicht allein. Manche Orden bieten solche Gebetspatenschaften an.
Gerade in Zeiten von Krankheit, familiären Krisen oder beim Tod eines geliebten Menschen kann deutlich werden, welche Kraft das gemeinsame füreinander Beten hat.
Das gemeinsame Gebet mit der Familie eines Verstorbenen, wie es auch bei uns noch gepflegt wird, die sogenannte Totenwache, ist ja immer auch ein Gebet für die Hinterbliebenen, zur Stärkung und zum Trost.
Bei jungen Menschen hat man manchmal den Eindruck, dass das Gebet keine Bedeutung mehr hat, dass sie nicht beten. Redet man sie dann konkret darauf an, kommt man drauf, dass das nicht stimmt. Auch junge Menschen beten. Vielleicht nicht öffentlich und laut, aber doch immer wieder für sich im Stillen und auch füreinander. Beeindruckend ist das Gebet der Jugendlichen bei den Weltjugendtagen mit dem Papst oder auch in Taize, in Burgund in Frankreich, wo jeden Sommer tausende Jugendliche nicht nur zum Gebet, sondern auch zur Auseinandersetzung mit Glaubensfragen zusammen kommen. Die dortige Brüdergemeinschaft lädt dazu ein, mit ihnen mitzubeten und vor allem auch mit zu singen. Einige Lieder von dieser Gemeinschaft sind auch im neuen Gotteslob zu finden. Und wieder ist es das gemeinsame Singen und Beten, das Menschen suchen und brauchen.
„Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“, sagt Jesus (Mt 18,20). Das gilt nicht nur für die Gebetsversammlung, sondern galt zur Zeit Jesu auch für die Zurechtweisung eines schuldigen Menschen, wie das Evangelium sagt. „…hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei Männer mit, denn jede Sache muss durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werden.“ (Mt 18,16) Eine Form der Konfliktlösung, die bei nicht strafrechtlich relevanten Dingen sicher auch heute nicht die schlechteste ist. Vor allem geht es bei diesen Gemeinderegeln um die Rückgewinnung derer, die vom rechten Weg abgekommen sind und nicht um Strafe!
Auch wir sind heute wieder versammelt um gemeinsam zu singen und mit-und füreinander zu beten. Es ist nicht damit getan, dass ein Vorsteher oder eine Vorsteherin von Amts wegen ein Gebet spricht. Immer wieder heißt es ja: Lasset uns beten…und das ist auch so gemeint, dass jeder und jede innerlich mitbetet, deshalb auch die kurze Pause vor dem Gebet. Die Kraft des Gebetes entsteht in der Gemeinschaft, im Mit- und Füreinander. Durch das Gebet sind wir eine starke und tragfähige Gemeinschaft, getragen durch Jesus Christus, der in unserer Mitte mit seinem Geist gegenwärtig ist.
Ich wünsche uns, dass für uns jemand betet, gerade dann, wenn es schwer ist. Ich wünsche uns, dass wir vertrauend betende Menschen werden, die für sich und füreinander beten, die damit all ihr Vertrauen und ihre Hoffnungen auf den barmherzigen Gott setzen. Amen.