"Er führte sie auf einen hohen Berg."
Liebe Pfarrgemeinde!
Wer schon einmal im Heiligen Land war, der hat wohl auch den Berg Tabor besucht, den Ort der Verklärung des Herrn. Es ist ein überwältigendes Ereignis, auf diesem Berggipfel zu stehen und den Ausblick rundherum zu genießen.
Berge und Gipfel üben auf uns Menschen eine Faszination aus und regen den Geist und die Seele an.
Es tut einfach gut, hin und wieder „aufzusteigen“,
sich zu erheben aus den Niederungen und Täler des Alltags.
Es ist wichtig, hin und wieder einen höheren Standort aufzusuchen, an dem der Blick frei werden und der Horizont sich weiten kann.
„Oben“ – auf einem Berg – sieht die Welt ganz anders aus. Alles, was „unten“ so wichtig und groß erscheint, es wird winzig und klein.
Alles, was einem „unten“ im Wege steht, den Blick verstellt und Grenzen setzt, es ist „oben“ überwunden und mit dem Horizont kann auch das Herz sich weiten und frei werden.
Man hat eine ganz andere „Übersicht“ und „Aussicht“ auf einem Berg. Und wenn man dann wieder absteigt ins Tal, so bleibt doch das Gipfelerlebnis lebendig. Man hat die Welt wieder einmal aus einer anderen Perspektive gesehen, man hat über den gewohnten Horizont hinausgeschaut und etwas von der eigentlichen Weite und Größe der Welt erahnen können.
So mancher „Tiefpunkt“ im Leben lässt sich dann wieder leichter aushalten.
Für religiös empfängliche Menschen ist so ein Bergerlebnis auch immer eine Berührung mit der Größe und Herrlichkeit unseres Schöpfers.
„Am Berg, da fühle ich mich dem Herrgott nahe“ - sagen manche. - Und es ist was Wahres dran.
Berge spielen in allen Religionen eine bedeutsame Rolle.
Auch in unserer:
Auf einem Berg offenbarte sich Gott dem Mose,
auf einem Berg lehrte Jesus seine Jünger,
auf einem Berg stand sein Kreuz,
auf einen Berg hat er sich immer wieder zurückgezogen, er allein, oder mit seinen Jüngern. – So auch im heutigen Evangelium: „Er führte sie auf einen hohen Berg“.
Und dort oben, weg von der Menge, herausgehoben aus dem Alltäglichen, ereignet sich dieses Wunder der Verklärung.
Dort oben erscheint Er denen, die mitgekommen waren, in einem ganz anderen Licht.
Die Jünger sahen an ihrem Meister etwas, was ihnen bisher verhüllt war. Es ging ihnen etwas auf, sie erkannten Zusammenhänge – mit Mose und Elia.
Sie hörten: „Das ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören“.
Es gibt solche „Lichtpunkte“ im Leben, solche „Höhepunkte“. Man erkennt einen Menschen in seiner ganzen Wahrheit, wie er wirklich ist, was ihn wirklich ausmacht.
Es sind dies bewegende, ja oft erschütternde Augenblicke. – Sie haben sehr viel mit Liebe zu tun.
Solche Höhepunkte des Erkennens lassen sich nicht festhalten, oft nicht einmal beschreiben, aber sie können alles verändern.
Es gibt die Meinung, dass Jesus selbst sich in dieser „Taborstunde“ seiner Bestimmung und seiner Sendung bewusst geworden ist, dass er sich selbst als der von Gott Erwählte erfahren hat.
Und diese Erfahrung hat ihm die Kraft gegeben, alles Folgende - bis hinab in den Abgrund des Todes - auszuhalten und durchzustehen.
„Er führte sie auf einen hohen Berg ...“ –
Wenn wir uns nur mehr in den „Tälern“ aufhalten, in den „Niederungen“ unseres Lebens, wird unser Leben verflachen, unser Horizont eng bleiben, unsere Freude sterben.
Wir sollten die Mühe nicht scheuen, „Berge“ zu besteigen:
Um einen neuen Ausblick zu bekommen,
um alles wieder einmal „von einem höheren Standort aus“ zu sehen, um einen neuen Überblick zu gewinnen.
Es müssen ja nicht die „Berge“ unserer Alpen sein.
Wir dürfen das auch im übertragenen Sinn verstehen:
Solche „Berge“, die wir aufsuchen sollten – so „herausgehobene Orte“ - das könnte ein Gottesdienst sein, ein stilles Verweilen in einer Kirche, Meditation, Gebet…
Es kann auch ein Spaziergang sein, unterm Sternenhimmel, ein gutes Buch, ein liebevolles Gespräch, eine zu Herzen gehende Musik …
Es gibt vieles, was uns so „Höhepunkte“ schenken kann, die wir dann gerne festhalten möchten, weil sie uns vermitteln: „Es ist gut hier zu sein!“
Ja, wir brauchen solche Erfahrungen, solche „Taborstunden“, in unserem Leben. So Momente, in denen uns etwas „aufgeht“ und „aufleuchtet“ und unserem Leben Orientierung und Sinn gibt.
Gebe Gott und tun wir das Unsere, dass uns immer wieder einmal solche „Höhepunkte“ geschenkt werden.