Die Schlüssel zum Himmelreich
Liebe Mitchristen!
Wie viele Schlüssel haben sie in der Tasche oder auf ihrem Schlüsselbund? Manchmal habe ich den Eindruck, je mehr Schlüssel jemand besitzt, umso wichtiger kommt er oder sie sich vor. Sicher, Schlüssen schaffen Zugänge, erlauben Eintritt dort, wo andere vielleicht nicht hinkommen. Umsonst reden wir nicht von "Schlüsselgewalt", wobei es vor allem bei uns, im christlichen Bereich, nicht um Gewaltausübung gehen sollte.
Wenn man einen Schlüssel bekommt, ist das aber auch immer ein Vertrauensbeweis. Ich habe das bei der symbolischen Schlüsselübergabe in der Pfarre deutlich gespürt und merke es bei den Jugend- JS und Mini LeiterInnen, die einen Schlüssel für das Pfarrheim bekommen.
Petrus bekommt im Evangelium von Jesus die Schlüssel zum Himmelreich, nachdem er ihn als den Messias bekennt. Er wird dadurch für die Kirche zu einer wichtigen Schlüsselfigur. Viel Vertrauen und Verantwortung sind damit verbunden. Entscheidend aber für dieses Vertrauen Jesu in Petrus ist das Bekenntnis des Petrus: "Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes." Diese Erkenntnis, diese Überzeugung ist es, die Petrus befähigt, trotz all seiner Fehler. Wir wissen wie verbindend aber auch problematisch das Amt der Nachfolger Petri sein kann. Selbst bei einem so menschennahen Papst wie Franziskus, der die Barmherzigkeit an erste Stelle stellt, gibt es genug Kritiker, denen das gar nicht passt.
Mir geht es aber heute nicht um die Rolle des Papstes und seiner Schlüsselgewalt, sondern vielmehr um uns und unsere Schlüsselvollmacht und Schlüsselrolle als getaufte Christen.
Auch wir bekennen jeden Sonntag, dass Jesus der Messias, der Auferstandene ist, indem wir das Glaubensbekenntnis mehr oder weniger bewusst sprechen. Auch wir können durch unser Leben und Handeln anderen den Zugang zum Glauben öffnen oder versperren. Wir können die Verantwortung nicht auf Petrus und seine Nachfolger schieben, oder auf den Bischof, denn er hat sein Himmelreich uns allen anvertraut. Da brauchen wir nur die Bergpredigt genau lesen. Und ich bin überzeugt, dass diese Schlüsselrolle jedes und jeder einzelnen von uns in der Zukunft unserer Kirche immer bedeutsamer wird. Im neuen Strukturkonzept der Kirche in Oberösterreich wird das schon sehr deutlich.
Wie könnten die "Schlüssel des Himmelreiches" nun konkret ausschauen?
Es könnte vielleicht der Schlüssel meines Autos sein, wenn ich jemandem die Einkäufe erledige, beim Übersiedeln helfe, jemand zum Gottesdienst mitnehme oder die Nachbarin zum Arzt bringe.
Es könnte auch mein Wohnungs- oder Hausschlüssel sein, die bzw. das denen offensteht, die jemanden zum Zuhören oder Reden brauchen, oder die in irgendeiner Form Schutz suchen?
Mein Tresorschlüssel oder Schlüssel meines Bankschließfaches könnte es auch sein. Als Symbol für den Schlüssel zum Himmelreich, wenn ich das, was ich besitze, mit denen teile, die weniger oder nichts haben?
Der Büroschlüssel kann mich darauf hinweisen, dass ich Verantwortung in der Pfarrgemeinde übernehmen kann.
Der Fahrradschlüssel kann ein Symbol dafür sein, dass ich sorgsam mit der Schöpfung umgehe und auch andere darauf aufmerksam mache.
Es ist ein spannendes Experiment, das Schlüsselsymbol auf all ihre Schlüssel hin überprüfen.
Die "Schlüssel des Himmelreiches" können ganz unterschiedlich aussehen.
Der Retter und Erlöser wird Jesus für uns, durch das Kreuz und seine Auferweckung. Das Kreuz und das leere Grab sind der eigentliche Schlüssel, der Zentralschlüssel, um Jesus und damit den christlichen Glauben zu verstehen. Durch ein tiefes Gottvertrauen wird Erlösung erst möglich.
Und das im ganz alltäglichen Leben.
Ich bin oft überrascht von mir selber, wie wenig Vertrauen ich habe. Das wird mir immer dann bewusst, wenn ich Menschen treffe, die ein tiefes Gottvertrauen ausstrahlen und dadurch mir unbewusst die Frage stellen: was ist mit deinem Gottvertrauen, von dem du immer so groß redest? Verlässt du dich nicht eigentlich doch am liebsten auf dich selbst?
Vielleicht kennen sie das auch, dass durch die Begegnung mit einem glaubenden Menschen solche Fragen auftauchen?
Petrus ist wie wir auf dem Weg zu diesem unbedingten Gottvertrauen und doch erhält er die "Schlüssel des Himmelreiches". Jesus wird ihn am nächsten Sonntag sehr klar und fast grob zurechtweisen, weil er sich seinem Weg entgegenstellen möchte. Es fehlt ihm noch an dem nötigen Vertrauen und am Verständnis für den Weg Jesu. Ich entdecke mich darin sehr gut wieder.
Das Kreuz spielt dabei eine Schlüsselrolle, die Petrus noch nicht sehen kann.
Auch das Gebet ist ein wichtiger Schlüssel, wenn sie so wollen, zum Himmelreich.
Im Gebet üben wir das Bitten und Danken, das Vertrauen und die Zuversicht ein. Das Gebet ist die intimste Form mit den Menschen und mit Gott in Kontakt zu treten. Wir öffnen dabei unser Herz und lassen andere Anteil nehmen an unserem Leben.
Ich glaube es ist ganz wichtig, das Gebet als fixes Ritual im Tagesablauf zu verankern, so wie das Essen und Schlafen. Ich weiß, dass das viele tun und viel Kraft daraus schöpfen. Meine Gebetszeiten sind für mich eine Art Auszeit und Orientierung, in der ich mich mit dem Göttlichen und den Menschen verbinde.
Nicht nur Petrus erhält die Schlüsselvollmacht für das Himmelreich.
Auch jede und jeder von uns hat durch die Taufe eine Schlüsselrolle als Christ, als Christin bekommen, das sollten wir nicht vergessen.
Amen.