"Ich habe euch ein Beispiel gegeben..."
Es war bestimmt kein gemütliches Beisammensein,
dieses "letzte" Abendmahl.
Die Lage war bedrohlich geworden.
Die Verschwörung gegen Jesus ist in vollem Gang.
Das Todesurteil steht fest in den Köpfen seiner Feinde.
"Ans Kreuz mit ihm!" - schreit das Volk.
Man wartet nur auf eine günstige Gelegenheit, ihn zu fassen. - Der Verrat ist bereits geschehen. Einer aus seinem engsten Kreis - Judas - ist der Verräter.
Man fragt sich:
Warum ist es so weit gekommen?
Was war denn falsch daran,
wenn er Menschen aufgerichtet hat, die nicht mehr weiterkonnten.
Wenn er sie befreite, von Zwängen und Mächten.
Wenn er sie heilte, ihnen die Augen öffnete für ein neues Leben.
Was war denn falsch daran,
wenn Menschen, die sich wie aussätzig vorkamen,
durch die Berührung seiner Hände sich wieder rein fühlten, zugehörig zu den anderen?
Was war falsch daran, wenn er denen Leben zurückgab, die sich schon mehr tot als lebendig fühlten.
Was war denn falsch - an seiner Botschaft, an seinen Taten, an seiner ganzen Art und Weise zu leben?
Was hat er denn gewollt? -
Einzig dies: dass Menschen wieder vertrauensvoll aufschauen konnten zu Gott, wie Kinder zu ihrem Vater.
Die Angst wollte er den Menschen nehmen,
ihnen ihre Würde zurückgeben, dass sie sich geliebt wissen und berechtigt in ihrem Dasein.
Warum konnte man ihn nicht ertragen,
obwohl doch auch seine Feinde spüren mussten:
nur so, wie er lebt - so frei, so offen, so weitherzig - kann das Leben gelingen.
Warum? - Wie sehr diese Frage Jesus selbst gequält haben muss, davon gibt sein Gebet am Ölberg Zeugnis. In Todesangst - "Blut schwitzend" - am Boden -betet er zu seinem Vater: "...lass diesen Kelch an mir vorübergehen..."
Es war wirklich kein gemütliches Zusammensein, in diesem Versteck, in dem sie das Paschamahl feierten.
Was bleibt in so einer entscheidenden Stunde noch zu tun? Wie kann er retten, was er wollte, was sein Leben ausmachte? So dass es in lebendiger Erinnerung bliebe - für immer?
Zwei Zeichen setzte Jesus - und diese sollten sich unauslöschlich einprägen in die Herzen der Seinen.
Das eine: Er wäscht ihnen die Füße.
Wie in einem Brennpunkt sammelt sich in dieser Geste seine ganze Haltung und Einstellung. Was er wollte, worauf es ihm ankam - hier ist es zu sehen:
Er wäscht ihnen die Füße.
Er geht in die Knie, beugt sich hinunter.
Tut den Dienst eines Sklaven.
Dient einander - d.h.: lebt so, geht so miteinander um, dass es dem anderen "dient", ihm gut tut.
Nichts ist wichtiger als dies.
Gebt einander die Ehre. Scheut euch nicht, euch zu bücken, euch klein zu machen vor dem anderen.
Dies ist sein Weg, sein Gebot, sein Vermächtnis:
dass wir einander dienen, weil wir einander lieben.
Ich habe euch ein Beispiel gegeben - so sollt ihr einander behandeln."
Staunend und dankbar, liebe Mitfeiernde, können wir in diesen Tagen beobachten, wozu Menschen fähig sind,
im positiven Sinn.
Wie viele Menschen "zum Dienen bereit sind".
Sie waschen und pflegen, sie trösten und stärken.
Sie sind einfach da.
Ein herzliches Danke und Vergelt`s Gott an alle, die unseren Kranken und Alten und allen die es nötig haben wirklich "dienen".
Das zweite Zeichen an diesem Abend:
Er nimmt Brot und Wein und sagt:
"Nehmt und esst, nehmt und trinkt - das bin ich für euch."
Nahrung, Wegzehrung, Kraftquelle, Lebensmittel - das möchte ER für uns sein.
Und mehr noch:
Was er war und tat, was er wollte und meinte - ER, mit "Leib und Blut" - er ganz und gar - er gibt sich in die Hände seiner Jünger.
Sie sollten IHN in sich aufnehmen,
sie sollten sich "einverleiben", "verinnerlichen", was er war, um es zu retten und in Erinnerung zu halten für immer.
Das sollten wir bedenken, wenn wir die Hand aufhalten - das Brot annehmen - der Leib Christi - Amen.
Jedes Mal, wenn wir von diesem Brot essen und von diesem Wein trinken, möge es uns tiefer bewusst werden:
Er ist uns "Lebens-Mittel". Er will in uns und durch uns weiterleben, weiterwirken. - Das ist der Ernst dieser "Nacht vor seinem Tod":
Das ist sein "Testament" - und wir sind seine "Erben".
Liebe Mitchristen zu Hause:
Es ist zurzeit nicht möglich, den Gottesdienst in der Kirche, in der vertrauten Gemeinschaft zu feiern.
Und wir wissen nicht, wie lange es noch so bleibt.
Über die Medien kann man mitfeiern. Viele tun das auch. Und das ist auch sinnvoll.
Aber es fehlt doch die spürbare Gemeinschaft.
Und es fehlt vielen die "Kommunion" - das konkrete Zeichen, das "Brot", der "Leib Christi".
Ich möchte euch einladen, liebe Mitchristen:
Wenn ihr zu Hause - am Radio oder im Fernsehen - mitfeiert, allein, oder wenn es möglich ist, im Familienkreis: singt mit, betet mit, feiert mit,
auch die Kommunion:
Richtet den Tisch, zündet eine Kerze an. Nehmt ein Stück Brot, vielleicht auch ein Glas Wein - brecht und teilt das Brot, teilt den Wein - "Nehmt und esst, nehmt und trinkt: das ist mein Leib, das ist mein Blut" - und vertraut auf Gottes Gegenwart - in eurem Zusammensein.
Dieses "Geheimnis" unseres Glaubens möge euch stärken.
Wenn die Zeiten, so wie sie jetzt sind, manches nicht zulassen: "trotzdem" wünsche ich euch ein besinnliches Erleben der Kartage - und ein gesegnetes Osterfest.