Gemeinsam für eine Zukunft in eigener Hand
Predigt zum Familienfasttag der Kath. Frauenbewegung:
Im Evangelium haben wir gehört, wie Petrus, Jakobus und Johannes Jesus in einem besonderen Licht sehen. Es ist für sie ein himmlisches Erlebnis, eine überwältigende Erfahrung, eine, die alle bisherigen Erfahrungen übersteigt. Ein Stück Himmel wird für sie Wirklichkeit.
Vielleicht sind uns solche Erfahrungen bekannt, wo wir ein Stück Himmel spüren, ein Stück stimmiger, glücklicher Wirklichkeit, die uns für kurze Zeit, wie von selbst, den Himmel eröffnet.
Aber es gibt auch andere Himmelserfahrungen, solche, die Schritt für Schritt erarbeitet werden müssen, solche, wo mit Anstrengung und Mühe ein neuer Weg versucht wird, der schließlich ein Mehr an Leben und ein Mehr an Zukunft eröffnet.
Von so einem Stück Himmel möchten wir heute erzählen, wenn wir ein Projekt in Indien vorstellen, das von der KFB unterstützt wird.
Indien ist das siebtgrößte Land der Welt und 40mal so groß wie Österreich. Die Hauptstadt ist Neu-Delhi, und mit 900 Mio. Wahlberechtigten ist Indien die größte Demokratie der Welt. Indien hat 28 Bundesstaaten, einer davon heißt Jharkhand.
In der Kolonialzeit war Jharkhand die erste Schatzkammer der Briten. Für die indigene Bevölkerung hat sich damals das Leben zum Negativen verändert.
Aber lassen wir eine Indigene, eine Adivasi, wie sie dort genannt wird, nun selbst zu Wort kommen.
I: Ich heiße Marium Soren und wohne im Nordosten Indiens, in einer Region, die man in unserer Sprache "Hazaribag" nennt. Das heißt übersetzt "Garten der tausend Bäume". Hazaribag war früher einmal eine fruchtbare Gegend mit vielfältigen Wäldern und frischen Bächen. Die Menschen dort konnten gut von Ackerbau, Viehzucht und von dem leben, was der Wald ihnen schenkte. Aber leider hat unsere Gegend schon länger nichts mehr mit diesem wunderbar klingenden Namen zu tun.
Ö: Was ist passiert? Warum hat sich euer "Garten der tausend Bäume" verändert?
I: Vor zirka 100 Jahren wurden in den Hügeln und Bergen unserer Region Eisenerz, Bauxit und Kohle entdeckt. Mit dem Vorwand, den Menschen Geld und ein einfacheres Leben zu bringen, wurden Wälder abgeholzt und fruchtbare Böden zerstört. Es entstanden riesige Steinwüsten, in denen mit schweren Maschinen nach Kohle und Erzen gegraben wurde. Die Menschen, die dort wohnten, verloren ihr Land und wussten nicht mehr, wovon sie leben sollten. Sie mussten wegziehen oder unter kaum erträglichen Bedingungen in den Bergwerken und Fabriken arbeiten. Die Folgen waren Hunger, einseitige Ernährung und Krankheit. Das belastete vor allem uns Frauen und Mütter, weil wir trotz schwerer Arbeit nicht genug Geld für Essen, Medizin und Schulgeld für unsere Kinder hatten.
Ö: Wie gelang es euch, aus dieser Spirale auszusteigen?
I: Als Not und Verzweiflung immer größer wurden, haben sich einige beherzte Frauen und Männer zusammengetan, um sich gemeinsam für die Rechte der Bäuer*innen und der Arbeiter*innen einzusetzen. Sie ermutigten die Frauen, kleine Gärten anzulegen, damit sie nicht das teure Gemüse am Markt kaufen mussten, das sie sich nur selten leisten konnten. Sie trugen das alte Wissen ihrer Vorfahr*innen zusammen, die viele Heilkräuter gekannt hatten, und machten es durch Kurse wieder bekannt. Wo es noch Land gab, wurden wieder alte Getreide- und Hirsesorten angebaut, die widerstandsfähiger sind und besser gedeihen.
Ö: Das sind erfreuliche Schritte!
I: So wie ich haben viele Frauen in Hazaribag durch diesen Zusammenhalt und die Unterstützung wieder Mut gefasst, und ihr Leben neu in die Hand genommen. Wir produzieren Saatgut sowie natürlichen Dünger und errichten traditionelle Steindämme zum Schutz vor Bodenerosion und zur Bewässerung unserer Felder.
Viele von uns können nun ihre Familien gesünder ernähren, und es bleibt sogar Geld für Schule, Kleidung oder Arztbesuche.
Auch ihr in Österreich könnt dabei mithelfen, denn die Organisationen, die die Frauen schulen und ermutigen, werden mit den Geldern der Aktion Familienfasttag unterstützt.
Ö: Ich engagiere mich hier in Österreich, mit vielen anderen Frauen, für die Aktion Familienfasttag. Doch manchmal frage ich mich, was es wirklich braucht, damit alle Menschen auf dieser Welt ein gutes, menschenwürdiges Leben führen können.
I: Zu erkennen und auch danach zu handeln, dass deine Taten in Österreich mit unserem Leben in Indien zusammenhängen, das ist der erste Schritt. Wichtig ist, dass wir nicht auf Kosten der jeweils anderen, sondern in Verbundenheit miteinander leben. Und da gibt es noch viel zu tun, was das Leben bei uns fördert.
Ö: Danke, Marium, für das Gespräch!
L: Wenn wir heute die Aktion Familienfasttag der Katholischen Frauenbewegung Österreichs unterstützen, dann setzen wir uns gemeinsam für ein gutes Leben für alle ein. Wir tun dies aus unserem christlichen Verständnis von Selbst- und Nächstenliebe, wir tun es aus unserem christlichen Glauben heraus. - - - Stille - - -
Predigt der Kath. Frauenbewegung zum Familienfasttag. Gehalten von Gerda Bauer, Monika Hois und Barbara Ritzl