Eine ganz schöne Herausforderung
Eine ganz schöne Herausforderung das heutige Evangelium!
Schon alleine was die Länge betrifft. Und vom Inhalt her gibt uns Jesus auch allerhand zu denken. Auch wenn auf den ersten Blick vieles klar scheint:
Du sollst nicht töten - eine eindeutige Sache. Dem werden wir vorbehaltlos zustimmen.
Du sollst nicht stehlen - auch diese Vorgabe ist klar! Wo kämen wir denn hin, wenn sich jeder am Eigentum das anderen bedienen dürfte.
Schwöre keinen Meineid - auch das stimmt mit unserem Rechtsverständnis überein.
Das mit dem Ehebruch und der Scheidung ist schon ein wenig verzwickter. Dem steht der eine oder andere von uns schon ein wenig zwiespältig gegenüber. Die Zeiten haben sich schließlich geändert. Früher war es auch leichter, das mit dem "bis das der Tod euch scheidet".
Aber - das ist ja nur die halbe Botschaft des heutigen Evangeliums.
Das sind ja "nur" die Gesetze aus dem AT und die Schriften der Propheten. Jesus stellt diese Gesetze auch nicht in Frage: "Ich bin nicht gekommen, die Gesetze aufzuheben, sondern sie zu erfüllen."
Jesus sagt aber auch, dass das zu wenig ist, dass die Einhaltung dieser Vorschriften nichts Besonderes ist. "Tun das nicht auch die Heiden?"- heisst es bei Matthäus ein paar Abschnitte weiter.
Als Christen fordert Jesus uns auf, mehr zu tun, weiter zu gehen in unserem Denken und Handeln.
Warum?
Gott will, dass wir gut miteinander leben - in unserem eigenen Interesse.
Und wie kann ich gut leben, wenn ich mit meinem Nachbarn zerstritten bin:?
Wie kann ich gut leben, wenn ich meiner Umgebung alles neide?
Wie kann ich gut leben, wenn meine Sprache abwertend ist und meine Gedanken negativ?
Wie kann ich gut leben, wenn ich mit meiner Selbstverwirklichung so weit gehe, dass ich mit meinem Tun meine mir nahe stehenden Menschen verletze?
Jesus will das wir nachdenken.
Denkt nach, wie ihr euer Zusammenleben gestaltet!
Denkt nach wie ihr miteinander redet und wie ihr über andere redet.
Das Gesetz zu erfüllen ist das eine, gut, rücksichtsvoll und liebevoll miteinander umzugehen ist das andere.
Aber es menschelt halt recht unter uns Menschen.
Wir schaffen es nur sehr unzureichend uns an Jesu Wort zu halten.
Und von allen Seiten wird uns eine andere Botschaft herangetragen:
Die Ich-Botschaft, die "weil ich es mir wert bin-Botschaft" die "ich zuerst-Botschaft".
Diese Botschaften reden uns ein, dass es uns besser geht ohne besondere Rücksichtnahme und Zurückhaltung.
Aber stimmt das wirklich?
Gibt es nicht gerade in unserer Zeit, wo Leute 1000 followers haben und haufenweise Likes - mehr einsame Menschen und mehr Menschen die aufgrund von Beziehungslosigkeit krank werden?
Gibt es nicht immer mehr Menschen die sich nach echter Beziehung und Partnerschaft sehnen, die aber nicht mehr bereit sind, dafür auf eigene Wünsche zu verzichten?
Leiden wir heutzutage unter einem Zuviel an Selbst-Verwirklichung?
Wie schaffen wir es aber dem entgegenzuwirken?
Ich schlage vor: Durch Übung!
Genauso wie ich meinen Körper trainieren kann, kann ich auch meine Gedanken trainieren.
Ich muss nicht im alten Muster, in der alten Denkweise stecken bleiben! Ich kann mein Gedankenmuster durchbrechen.
Ich kann mich ärgern über schlechtes Benehmen und unfreundliche Menschen ich meinem Umfeld und mir denken "du dumme....." - aber ich muss nicht. Ich kann die Situation mit einem Lächeln und freundlichen Worten entschärfen. Und dieses andere Reagieren muss geübt werden.
Wie oft denken wir ganz automatisch, du Depp! Im Straßenverkehr zum Beispiel; oder du Blödmann usw.
Das geht schon ganz von selbst. Man schimpft mit, man stimmt ein in den allgemeinen Tenor beim Schlechtmachen und Schimpfen.
Und wie oft hat man das Gefühl, der andere macht das absichtlich, damit ich mich ärgere!
Überschätzen wir da nicht manchmal unsere Wichtigkeit?
Nein das passiert jetzt nicht ausrechnet mir damit ich es schwer habe.
Nein, das passiert halt - ohne Absicht und ohne Hintergedanken.
Treten wir doch einen Schritt zurück - betrachten wir manches mit ein wenig Abstand.
Und noch was:
Pflegen und Hüten wir unsere Zwistigkeiten nicht manchmal ganz absichtlich? Sie würden uns fehlen - was hätten wir denn dann zum jammern und klagen?
Ja es stimmt, wir tragen Verletzungen von Mitmenschen mit uns herum. Da ist es verständlich, dass wir dem anderen zürnen.
Und ja, wir tun uns schwer diese loszulassen und zu verzeihen.
Aber - wir können uns verändern. In den Evangelien sind wunderbare Geschichten von Menschen, die Fehler haben und die Unrecht getan haben..... und die sich verändert haben.
Die sich von Jesus berühren haben lassen und dadurch umkehren konnten.
Jetzt können wir sagen, ja diese Menschen hatten es leichter. Sie haben Jesus hautnah und real erlebt. Wenn wir IHN in echt erleben könnten, dann wäre ja vieles einfacher.
Vielleicht stimmt es, vielleicht auch nicht.
Wessen wir uns aber gewiss sein dürfen ist, dass es funktioniert, wenn wir uns auf diesen Jesus von Nazareth einlassen. Ohne wenn und aber. Er kann uns helfen uns dem Besseren zu zuwenden.
Gott kennt uns doch. Er weiß um unsere Schwäche, um unsere Ängste und um unsere Eigensinnigkeit. Er liebt uns so wie wir sind.
Das ist für uns ist manchmal schwer zu begreifen. Aber wir lieben ja auch unseren Partner, unsere Kinder, trotz deren Fehler und Eigenheiten. Und weil wir sie lieben möchten wir das Beste für sie - genauso wie Gott.
Und genauso wie bei unseren Lieben scheint das Beste manchmal das zu sein, das nicht das Bequemste ist. Aber das sehen wir oftmals erst im Nachhinein.
Jesus hat uns im heutigen Evangelium eine lange Rede gehalten. Mir geht es manchmal so, dass ich das Gefühl habe, das Evangelium ist voll mit Vorschriften und Einschränkungen. Das darf ich nicht als guter Christ und dieses Gesetz soll ich erfüllen. Oft auch noch verbunden mit dem Wissen, dass die Vorgabe zu groß für mich ist und mein Scheitern vorprogrammiert ist.
So kann eine wichtige Erkenntnis aus dem heutigen Evangelium sein, die Heilige Schrift so zu lesen, dass ich mich nicht auf die Vorschriften und Verbote konzentriere, sondern auf das Dahinter.
Auf das "warum". Dann können wir erkennen, dass Gottes Worte immer zu unserem Heil sind, dann eröffnet sich für uns seine liebende Zuwendung zu uns Menschen, seine allumfassende Barmherzigkeit und seine nicht endendwollende Güte.
Amen.