Die Stadtpfarrkirche Steyr
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Die Stadt Steyr in Oberösterreich, an der Mündung der Steyr in die Enns gelegen, gilt als eine der reizvollsten Städte Österreichs mit einer gut erhaltenen Altstadt. Über dem Stadtplatz wird sie im Norden von der ehemaligen Styraburg, dem Schloß Lamberg, bekrönt, und im Süden von der mächtigen gotischen Pfarrkirche. Wie in vielen mittelalterlichen Städten ist die Stadtpfarrkirche von Steyr wenige Schritte abseits des Stadtplatzes in einer Zone der Ruhe gelegen, wie sie auch dem ehemaligen, die Kirche umgebenden Friedhof entspricht. Sie ist ein Platz, der einlädt zu Stille und Gebet, eine Stelle, um in der Hektik der Zeit zur Ruhe zu kommen.
1275 wird in Steyr erstmals eine Pfarrkirche zu Ehren des hl. Ägidius rkundlich erwähnt. Es handelt sich wohl um den romanischen Vorgängerbau der jetzigen Stadtpfarrkirche. Unter den Babenbergern kam als zweiter Patron der hl. Koloman dazu, der ehemalige Landespatron des Landes ob der Enns. Die Seelsorge von Steyr wurde von Mönchen des nahegelegenen Benediktinerstiftes Garsten wahrgenommen. Der gotische Bau der Stadtpfarrkirche wurde 1443 vom Dombaumeister des Wiener Stephansdomes, Hans Puxbaum, begonnen. Jahrzehntelang dauerten die Bauarbeiten, die immer wieder von Rückschlägen begleitet waren. So brannten 1479 der fast fertiggestellte Turm und 1522 bei einem Stadtbrand auch die Kirche.
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wirkten an der Stadtpfarrkirche Steyr evangelische Prediger, nachdem die Bürger der Stadt weithin zur Lehre Martin Luthers gewechselt hatten. In den fünfzig Jahren unter der evangelischen Lehre wurde die Kirche um die westliche Vorhalle mit einem großen Doppelportal der Westempore zur Stadtmauer hin erweitert (1554). Ebenso erhielt 1569 die Kirche das schöne Taufbecken mit 14 Zinnreliefs, das bis heute verwendet wird.
Um die Wende zum 17. Jahrhundert übernahmen die Benediktinermönche von Garsten wieder die Seelsorge. Zu dieser Zeit begann auch die Barockisierung der Stadtpfarrkirche. 1630 erhielt der Westteil der Kirche ein Stichkappengewölbe, 1655 die barocken Kirchenstühle und 1688 das Altarbild von Carl Ritter von Reslfeld für den Hochaltar, der 1692 geweiht wurde. Am 26. September 1688 wurden auch die Gebeine eines 14-jährigen Mädchens namens Columba aus einer römischen Katakombe in die Stadtpfarrkirche übertragen. Davon existiert im Museum der Stadt Steyr das älteste Ölgemälde der Stadt.
1854 wurde die vom damaligen Landeskonservator, dem bekannten Dichter und Schriftsteller Adalbert Stifter, geförderte Neugotisierung in Angriff genommen. Wegen der Bedeutung der gotischen Architektur des Kirchengebäudes wurde die barocke Einrichtung aus der Kirche weithin entfernt und durch eine neugotische ersetzt. Als 1876 der barocke Turm abbrannte, wurde 1889 der heutige steinerne Turmhelm nach Plänen des Wiener Dombaumeisters Friedrich von Schmidt fertiggestellt. Diese Phase der Neugotisierung endete mit dem ersten Weltkrieg.