Sensation ohne Medien

Es gab zwar zur Zeit Jesu keine Zeitungen, kein Fernsehen und kein Internet. Aber Nachrichten haben sich dennoch über verschiedene Kanäle verbreitet: durch Kaufleute, Soldaten und Kuriere.
Und Jesus führte ein Leben, in dem er und sein Wirken stark im Interesse der Öffentlichkeit stand. Da waren seine Zeichen und Wunder: Da waren Blindenheilungen, eine Brotvermehrung, Totenerweckung und Heilung von Gelähmten, Dämonenaustreibung und Fieberheilungen. „Und alle staunten, die das sahen, die davon hörten ...“ In Scharen sind ihm Menschen nachgelaufen, „weil sie die Zeichen sahen, die er wirkte“.
Und dazu kommen die Ereignisse von der Wallfahrt am Palmsonntag nach Jerusalem und sein Auftreten im Tempel. Und als ihm vor Pontius Pilatus der Prozess gemacht wurde, wurde er zur öffentlichen Hinrichtung vor die Stadt hinausgeführt, wo er am Kreuz starb. Begafft von Schaulustigen, die sich begierig am Leiden der Sterbenden weideten, verachtet von vielen seines Volkes, betrauert von einer Schar Menschen, die ihm nahe standen. Alles in einer medienwirksamen Öffentlichkeit! Schließlich war eine Hinrichtung ein Volksschauspiel.
Das Begräbnis war schon nicht mehr interessant. Hauptsache der Leichnam war vor dem Sabbat entsorgt! Und damit war das Medieninteresse weg. Aber dass noch etwas kommen konnte, das hielt man nicht für möglich. Nach Matthäus wollte man nur verhindern, dass die Jünger auf die Idee kämen den Leichnam zu stehlen; deshalb die Geschichte von den Wachsoldaten.
Aber das Ereignis der Auferstehung hatte keine Augenzeugen. Es geschah im Verborgenen. Erst die Entdeckung des leeren Grabes sorgte für Aufregung bei den Jüngern. Aber auch nur bei ihnen. Keine Medien! Keine Kuriere! Niemand war dabei! Nur ein leeres Grab und ein paar Leinenbinden! Und das hat keine Wache verhindern können.
Aber Hand aufs Herz: Das Ereignis der Auferstehung ist so außergewöhnlich, dass keine Medien es fassen könnten. Es geschieht in einem Bereich, der für die Kategorien unserer Erfahrungen nicht fassbar ist. Es wäre sogar unmöglich gewesen, das Geheimnis der Auferstehung zu fassen. Und ist es nicht bemerkenswert: Niemand von den vielen, die in der Öffentlichkeit das große Wort führten, sei es als Richter, Ankläger oder Schreihälse hat nur irgend etwas mitbekommen.
Die einzigen, die vom Ereignis der Auferstehung erfuhren, waren Menschen, die im Glauben Jesus verbunden waren: Maria von Magdala, die drei Frauen, die zur Salbung zum Grab gingen, die Jünger in Emmaus, die Apostel in Jerusalem. Alles Menschen, die zu Zeugen des Auferstandenen wurden. Diesen hat er sich geoffenbart. Diese sind ihm nach seiner Auferstehung begegnet.
Was wir mit den Massenmedien vermittelt bekommen, nehmen wir mit den Augen und Ohren wahr. Diese Ereignisse sind Momenterlebnisse und Bilder, die meist eben so rasch entschwinden, wenn wir sie nicht mehr sehen und hören. Schon übermorgen ist vieles von dem verschwunden, was gestern noch ein Topereignis war.
Auferstehung entzieht sich diesen Vorgängen in Raum und Zeit. Sie muss vom Menschen mit dem Herzen wahrgenommen werden. Darum geht der Herr bei seiner Auferstehung aus der sich fast pantheistisch gebärdenden Medienwelt heraus, wie er es zu allen Zeiten auch mit den Medien von damals getan hat. Wir können den Auferstandenen nicht vermarkten.
Er gibt sich geheimnisvoll denen als Überwinder des Todes zu erkennen, denen er begegnen will. Die ruft er beim Namen! Diese brauchen nicht durch Argumente bei Diskussionen überzeugt werden. Si wissen im innersten: Der Herr ist auferstanden. Er hat den Tod überwunden. Und diese müssen es weiterkünden, wie es in der Ostersequenz heißt:
Singt das Lob dem Osterlamme,
bringt es ihm dar, ihr Christen.
Das Lamm erlöst’ die Schafe:
Christus, der ohne Schuld war,
versöhnte die Sünder mit dem Vater.
Tod und Leben, die kämpften
unbegreiflichen Zweikampf;
des Lebens Fürst, der starb, herrscht nun lebend.
„Maria Magdalena, sag uns, was du gesehen.“
„Das Grab des Herrn sah ich offen
und Christus von Gottes Glanz umflossen,
die Binden und das Linnen.
Er lebt, der Herr, meine Hoffnung.
Er geht euch voran nach Galiläa.“
Lasst uns glauben, was Maria den Jüngern verkündet.
Sie sah den Herren, den Auferstandnen.
Ja, der Herr ist auferstanden,
ist wahrhaft erstanden.
Du Sieger, König, Herr,
hab Erbarmen.
Amen. Halleluja.
Roland Bachleitner,
in: Pfarrgemeinde aktuell, Nr. 1/2004