Erdbestattung
Erst unter dem Einfluss von Kulturen, in denen das Verbrennen von Toten Zeichen des Glaubens und der Hingabe in den Religionen ist, ist diese Form auch bei uns möglich. Und doch ist die Beisetzung in der Erde nach wie vor jene Form, die am ehesten unserem Glauben entspricht und die Würde des menschlichen Heimgangs besonders deutlich macht. Dazu hier einige Gedanken.
„Von der Erde bist du genommen und zur Erde kehrst du zurück ...“
Wir erinnern uns, daß nach der Schöpfungserzählung des Buches Genesis Gott hat Gott den Menschen aus dem Ackerboden geschaffen. Darin spiegelt sich wider die Erfahrung des Menschen, daß er im Kreislauf des Lebens zur Erde zurückkehrt. So kehrt der Mensch im Tod zurück zu seinem Schöpfer. Von diesem Kreislauf spricht auch der Dinge und des Lebens spricht auch das Buch Kohelet.
Von der "Mutter Erde“
Ein sehr naturhaftes Bild schon in den Mythologien des Altertums stellt die Erde als Mutter dar, die den Menschen hervorbringt. Umgekehrt kehrt der Mensch mit seinem Begräbnis in den Mutterschoß der Erde zurück. So könnte man auch sagen, daß wir unsere Verstorbenen in den Schoß der Mutter betten.
Die Weihnachtsikone und das Grab des Herrn.
Wer die östlichen Weihnachtsikone betrachtet, merkt, daß Maria mit dem neugeborenen Kind sich in einer Höhle befindet. Vielleicht eine Anspielung auf das Wort des Propheten Jesaja: „Die Erde tue sich auf und bringe das Heil hervor“ (Jes 45,8), das wir im Adventlied besingen mit den Worten: „... denn verschlossen war das Tor, bis der Heiland trat hervor.“ Die Geburt in einer Höhle ist die eine Seite. Die andere Seite ist die Beisetzung in einem Höhlengrab. So ist das Grab des Herrn zum Vorbild für das Begräbnis des Christen geworden.
Das Vorbild ist Christus.
So wie Jesus nach seinem Tod am Kreuz ins Grab gelegt wurde, wo möchte auch der Christ wie er aus dem Grab erstehen. Dafür haben wir in Steyr ein klassisches Beispiel:
„Das Schlafhaus“ von Steyr
Wer vom Schnallentor her den Friedhof betritt, sieht am Turm über dem Eingang eine lateinische Inschrift und deren Übersetzung, die lautet:
„Diese Stätte hat Steyr den Leibern der Toten bereitet
Fruchtbarer Acker jedoch ist sie, des ewigen Herrn
Schlaf, nicht den Tod ersiehst Du im Sterben der Frommen,
denn geborgen in Gott werden, die sterben, ja sein. –
Bedenk mensch das wir sterblich sein
Du gehest hir aus und ein.
Glaube an Christum den Herrn,
So wirst nicht ewig sterben.
tausendfünfhundertachtzigvier
Baut Steirstadt das Schlafhaus alhier.
Auferstehn und ewigs leben
Wird uns Gott aus Gnaden geben.“
Der Renaissance-Friedhof mit seinen schönen Arkaden birgt in seiner Mitte eine „Heilig-Grab-Kapelle“, die dem Grab des Herrn in Jerusalem nachgebaut ist. Die also im Friedhof ruhen, „schlafen“ gleichsam der Auferstehung entgegen. Und das Begräbnis ist dann so zu sehen, wie wenn eine Mutter ihr Kind zum Schlafen bettet.
Roland Bachleitner
in: Pfarrgemeinde aktuell, Nr. 3/2004