Faschingspredigt von Pfarrleiterin Angelika Paulitsch

Am Feiertag, nach Mitternacht
Bin ich ganz plötzlich aufgewacht.
Mit einem Auge kann ich sehn
Der Wecker steht erst auf halb zehn.
Ich hab den Ohren nicht getraut
Denn draußen ist es ziemlich laut.
Von Ferne hör ich Trommelklang
Und dann so etwas wie Gesang.
Und ich denke mir dazu
Hat man denn nimmer seine Ruh
Haben denn die Demonstrierer
Überhaupt keinen Genierer?
Darf es denn sein, dass um die Zeit
Jemand was in ein Mikro schreit
Die Meute wiederholt es laut
Dass‘s mich aus den Schlapfen haut.
Dazu die Trommeln und Trompeten
Ist das denn wirklich noch vonnöten?
Der Appetit aufs Frühstücksei
Ist bei dem Lärm sofort vorbei.
Was kann den Haufen nur bewegen
Wofür sind die oder wogegen?
Für Freiheit oder Sonnenschein
Es könnte auch was andres sein.
Vielleicht das Recht viel Lärm zu machen
Das Recht zu Weinen und zu Lachen
Das Recht zu gehen auf den Strassen
Und andre zuschauen zu lassen?
Vielleicht für Hunde in jedem Haus
Vielleicht für einen Heringsschmaus
Vielleicht für das Recht auf Musik
Vielleicht als PR Werbungstrick.
Jetzt schrein die irgendwas von Brot
Von Überfluss und was von Not.
Treibt diese Menge eine Sendung
Gegen Lebensmittelverschwendung?
Sind diese Umweltschützer gar
Für Bäume wo früher keiner war?
Statt dem Parkplatz der pflegeleicht
Für 25 Autos reicht?
Gilt der Protest gar jenen Frauen,
die gern in fremde Fenster schauen?
Oder dem Sammeln in den Akten
Von recht alternativen Fakten?
Vielleicht will dieser ganze Schwung
einstehn gegen Lärmbelästigung?
Doch muss das sein, dass ihr Protest
Die Nachbarschaft nicht schlafen lässt?
Ich hör Musik und hör auch Glocken
Wolln sie mich auf die Strasse locken?
Für Frieden – ja da würd ich gehen.
Und Leut die zu einander stehn.
Wo es gelingt, auch mal zu streiten
Über Groß- und Kleinigkeiten
Ob Politik, Gesundheit, Frust
Um Vorlieben und Lebenslust.
Doch nachher ist man wieder gut.
Der Friede kommt und Zwietracht ruht.
Man geht nach Haus und freut sich dran
Dass man mit allen gut sein kann.
Auf große und herrliche Herrn
will ab sofort gar niemand hörn.
Und wer von Krieg spricht, Kampf und Macht,
wird einfach kräftig ausgelacht.
Wo Kämpfe keinen Sieger finden
Soldaten nur vom Frieden künden
Die Waffen werden zu Pflugscharen
Mit Panzern wird nicht mehr gefahren.
Statt dem solln alle kleinen Leute
zusammen gehen gleich ab heute
Für eine Solidarität
Wo jeder fest zum andern steht.
Wo Menschen andre Menschsein lassen
Dafür sollten sich fülln die Straßen
Die Kirchen und Gasthäuser auch
Das wär ein schöner, neuer Brauch!
So steh ich da auf dem Balkon
Genieß die Sonnenstrahlen schon
und träum davon – wie einst als Kind
dass alle Menschen glücklich sind.
Ganz schwungvoll klingt jetzt die Musik
Der Zug kommt näher Stück für Stück
Vor Neugier bebt die Kaffeetasse
Der Zug kommt jetzt in meine Strasse.
Jetzt will ich wissen Sinn und Zweck.
Jetzt biegen sie ums nächste Eck …
Es ist – ich glaub, ihr ahnt es schon -
Nur die Fronleichnamsprozession.
Angelika Paulitsch, 24.2.22