Karl Sperker
![KAINRATH_PETER____4400_STEYR](/img/cd/61/2482e0320ee8a3b01f29/-Sperker.jpg)
Geschätzte Damen und Herren, die Sie zu dieser Gedenkfeier und Denkmalenthüllung gekommen sind!
Als Hausherr des Friedhofs heiße ich Sie alle ganz herzlich „Willkommen“.
Ich freue mich, denn ihre Anwesenheit ist ein Ausdruckszeichen:
Nicht, dass Sie uns in Sierning die Ehre geben, sondern den Menschen, denen wir heute hier gedenken.
In diesem Bewusstsein darf ich die Gäste nun ausdrücklich nennen:
* die Präsidentin der jüdischen Kultusgemeinde Linz, Frau Dr. Charlotte Herman
* als Vertretung der Freunde von Yad Vashem, Gerlinde und Heribert Malzner
* als Vertretung der französischen Lagergemeinschaft im KZ-Mauthausen (Amicale de Mauthausen), Patrice und Chantal Lafaurie
* als Vertretung des Mauthausen Komitee Steyr, Karl Ramsmaier und andere
* mehrere Vertretungen von Gemeinden aus dem Ennstal, dem Kremstal und dem Steyrtal, wo Todesmärsche durchgezogen sind
* alle Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, im besonderen Frau Gertrude Walchshofer und Pfarrer Franz Greil
Als Vertretungen der politischen Öffentlichkeit begrüße ich:
* die Bürgermeister und Vizebürgermeisterinnen und Vizebürgermeister. Stellvertretend darf ich nennen Herrn Johann Singer, als Abgeordneter zum Nationalrat
Von den umliegenden Kirchengemeinden heiße ich willkommen:
* die evangelischen Gemeindeglieder der Pfarren Neukematen und Steyr, Pfr. Meißner hat sich aus Termingründen entschuldigt
* die Nachbarpfarrer von Schiedlberg und Sierninghofen-Neuzeug, Franz Greil und Karl Gruber
Ich begrüße weiters:
* die Autorin des Buches Nirgendwohin, Frau Ines Bernt-Koppensteiner
* die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Bibliothek
* den Künstler und Bildhauer des Mahnmales und des neugestalteten Grabes, Karl Reiter
* die Medienvertreter
* die Sierninger Gemeinderätinnen und Gemeinderäte
* die Pfarrgemeinderätinnen, Pfarrgemeinderäte und die Jugend
* und alle, die der Einladung zur heutigen Gedenkfeier gefolgt
* Und ich freue mich, zu guter Letzt, dich, Herrn Bürgermeister Kalchmair, lieber Manfred, willkommen heißen zu dürfen. Denn als gemeinsamer Wunsch und im guten Miteinander sind dieses Mahnmal und das neugestaltete Grab entstanden.
Beim Propheten Maleachi lese ich in Kap. 2, V10:
Haben wir nicht alle den selben Vater?
Hat nicht der EINE Gott uns erschaffen?
JA – wir haben alle den selben Vater.
JA – der Eine Gott hat uns alle erschaffen.
Doch die Konsequenz dessen, was das bedeutet, wurde im Nationalsozialismus mit Stiefel getreten. Diese Konsequenz wird auch heute in erschreckendem Maß nicht, oder nur sehr ansatzweise gelebt.
Darum steht auf dem Denkmal da draußen, das eben auch ein Mahnmal sein will:
Vergib uns unsere Schuld
und bewahre uns vor dem Bösen
Wir bitten unser aller Vater und unseren einen Gott um Vergebung, um Erbarmen und um Bewahrung vor dem Bösen.
Ich bitte auch die Opfer um Vergebung und um Erbarmen:
die 26 auf diesem Friedhof bestatteten Opfer des Todesmarsches der Saurer-Werke, und ebenso die Opfer des Todesmarsches der ungarischen Juden.
Wir können uns selbst als Nachgeborene nicht freisprechen von der Schuld, die auf uns liegt und die ihre schlimme Wirkung tut, solange wir nicht hinschauen, die Schuld benennen und bekennen.
Hervorgehoben benenne ich hier die Schuld an den auf diesem Friedhof erschossenen Juden. Ihre Erschießung erhielt keinerlei Vermerk in der pfarrlichen Chronik; auch nicht sonst wo. Ihre Bestattung wurde weder im Gräberbuch eingetragen, oder wenigstens nachgetragen, noch wurde das Grab in irgend einer Form erkenntlich gemacht.
Für diese Unterlassung und diese Beraubung der Personwürde und auch für das so lange Schweigen entschuldige ich mich als offizieller Verantwortlicher der Pfarre und des Friedhofs:
Ich bitte, nach über 72 Jahren, die namenlosen Juden und deren Angehörige um Verzeihung.
Wir wissen, dass sie ziemlich genau hier, wo ich stehe, erschossen wurden,
aber wir wissen nicht, wo ihre sterblichen Überreste ruhen.
Es gibt zu der Grube, die damals gegraben wurde – und auch zur Personenanzahl – unterschiedliche Aussagen und Dokumente.
Umso wichtiger und wertvoller sehe ich es, dass nun – im gemeinsamen Anliegen von Pfarre und Gemeinde – dieser Mahnort und Gedenkort entstanden ist. Das Schweigen hat ein Ende gefunden, das Unrecht ist benannt und bekannt. Ihr Erinnern und Gedenken hat einen bleibenden, sichtbaren Ort.
So lade ich ein, dass wir uns zu dessen Enthüllung zum Friedhofeingang begeben.
Pfarrer Karl Sperker