Pfarrkirche St. Stephanus
Wann in Sierning die erste Kirche erbaut wurde, ist unbekannt. Im Urkundenbuch der oö. Stadthalterei in Linz scheint Sierning bereits 777 als Pfarrdorf auf.
Der erste Kirchenbau – vermutlich eine Holzkirche – wird deshalb ins ausgehende 8. Jahrhundert zu datieren sein.
Um das Jahr 1000 wurde das steinerne Mittelschiff bis zum Triumphbogen erbaut und mit einer hölzernen Balkendecke versehen. Später wurde die Decke durch ein hochgotisches Netzrippengewölbe, das von “Diensten” (halbkreisförmige Säulen an den Wänden und Pfeilern) getragen wird ersetzt und ziert seither das Gotteshaus.
Das Mittelschiff wurde 1288 vollendet. Es ist 15 m hoch und 46 m lang. Der Altarraum ist um fünf Stufen erhöht und endet mit einem 3/8 Schluss. Die Kirche ist geostet. Das heißt, der Hochaltar steht am ostseitig gelegenen Ende des Gotteshauses.
Die Seitenschiffe und die Sakristei wurden 1487 angebaut. Die Kirche wurde damit zur 26 m breiten dreischiffigen Hallenkirche, genauer zu einer Staffelkirche, weil die Gewölbehöhen der beiden Seitenschiffe niedriger sind als jene des Mittelschiffs.
Exkurs:
In der Fassade des südlichen Seitenschiffs sieht man einen in Stein gehauenen Männerkopf, im Volksmund „Heidenkopf“ oder „Römerkopf“ genannt. Er soll von einer römischen Statue herrühren. Da unter dem Kopf die Jahreszahl 1487 eingemeißelt ist, erscheint es wahrscheinlicher, dass sich hier der Baumeister der Kirchenerweiterung in Stein verewigen ließ, wie im Mittelalter durchaus üblich.
Das südliche Seitenschiff, das im Jahre 1906 verlängert wurde, weist ein Kreuzrippengewölbe auf. Es endet ostseitig mit einem 3/8 Schluss und westseitig in der Gedenkkapelle. Auch das nördliche Seitenschiff - die Taufkapelle - ist kreuzrippengewölbt. Es endet östlich mit einem 5/8 Schluss und westlich am angebauten Turm.
Der Turm ist quadratisch und misst an der Basis 8 m. Er ist 60 m hoch und steht im Nord-West-Eck der Kirche. Durch eine alte gotische Tür kommt man in das „Läuthaus“. Eine schmale Holzstiege mit 136 Stufen führt zur Glockenstube. Der Glockenstuhl trägt die Jahreszahl 1668. Im vierten Geschoß des Turmes befinden sich die Uhr und darüber die Glockenstube mit großen Schallfenstern.
Das Dach des Mittelschiffs sitzt mittig über dem Gebäude. Die Seitenschiffe sind mit Pultdächern überdeckt und bilden die flachere Fortsetzung des steilen Satteldaches über dem Mittelschiff. Die Eindeckung wurde 1997 gänzlich erneuert. Dabei wurden 75.000 Kirchenbiber (Ein Ziegel wiegt 2,6 kg) mit einem Gesamtgewicht von 190.000 kg neu verlegt. Seither wird der First am Westende mit einem Wetterhahn und am Ostende von einem Doppelkreuz mit Knauf geschmückt.
Das Mauerwerk besteht aus dem hier vorgefundenen Steyrtalkonglomerat. Der Stein wurde an der sogenannten „Gassner Leiten“ abgebaut. Heute ein steiler Abhang unterhalb des "Gassner" am südlichen Paichberg, gut 1 km von der Kirche entfernt.
Der Haupteingang mit dem Hauptportal befindet sich am Westende des Mittelschiffes. Der Partalvorbau stammt aus der Neugotik und erhielt bei der großen Renovierung 1969 eine zweiflügelige Bronzetür.
Zwei Emporen erheben sich oberhalb des Hauptportals: Die Mittelempore, welche 1969 um ein Joch verkürzt wurde und die Orgelempore. An der Westfassade erhellt ein gotisches Maßwerkfenster, die HL. Cäcilia darstellend, die Orgelempore.
Die Seiteneingänge erschließen die beiden Seitenschiffe. Ähnlich dem Hauptportal sind dort Kirchenpforten mit einem kleinen Vorraum. Den südlichen Portalvorbau zieren neugotische Spitzblumen. Im Spitzbogen des Portals findet sich ein Hochrelief, das die Bibelszene „Rückkehr des verlorenen Sohnes“ darstellt. Es ist aus weißem Marmor und trägt die Jahreszahl 1908.
Die Strebepfeiler an der Außenmauer erheben sich in mehreren Stufen und schließen mit einem Pultdach ab. An allen vier Seiten des Gotteshauses lassen vorwiegend spitzbogig, gotische Gemäldefenster Licht in das Innere.
Der Friedhof, der sich rund um die Kirche zog, wurde zu klein und anlässlich des 1000-Jahr-Jubiläums 1777 aufgelassen und an den Ortsrand verlegt, wo er 1896 um ein Drittel vergrößert wurde und in diesem Ausmaß bis heute besteht. Am aufgelassenen Friedhofsareal wird 1788 - 1789 ein Schulhaus mit zwei Klassen errichtet. Dieses Haus erhält in der Folgezeit die unterschiedlichsten Nutzungen. Als „Karan-Haus“ war es zuletzt bekannt.
Das Kriegerdenkmal wurde 1962 vom nördlichen Kirchenvorplatz an die Südseite der Kirche verlegt. Es zeigt ein Hochrelief des Hl. Georg - aus der Hand des Künstlers Max Stockenhuber – mit der Aufschrift: „Den Opfern der Kriege 1914 - 1918, 1939 - 1945“.
Exkurs:
Neben den Gefallenen und Vermissten zählen zu diesen Opfern:
* Kapuzinerbruder Servatius Bachmayr aus Sierning 144 (heute
Mühlberg 53), der 1918 bei einem Gasangriff seine Maske
einem Verwundeten überließ und so sein Leben gab.
* 5 Personen aus Sierning, die im Nationalsozialismus wegen
ihrer Behinderung in Hartheim ermordet wurden.
* 10 ungarische Juden, die am 19.4.1945 am Sierninger Friedhof
erschossen wurden.
* 26 KZ-Häftlinge, Opfer des Todesmarsches von den Saurer-Werken,
die am Friedhof ihre letzte Ruhestätte gefunden haben.
Das Pfarrheim „Fokus“ wurde 2017 in unmittelbarer Kirchennähe neu errichtet. Dafür wurde das alte „Karan-Haus“ geschliffen. Das Fokus aus dem 21. Jhdt. umarmt den gotischen Altarraum. Kirche und Pfarrheim, alt und neu, stellen in der Spiritualität und in der Materialität eine gelungene Einheit dar und bereichern einander.
Die Geschichte des Innenraums
Während die Bauweise der Kirche in den Hauptformen fast durchwegs einheitlich ist, weist die Einrichtung Stile verschiedener Epochen auf.
Der ursprünglich gotische Kirchenraum wurde anlässlich des 1000-Jahr-Jubiläums (1777) barockisiert. Die Sakristei wurde zur 1000- und 1200-Jahr-Feier (1777 und 1977) jeweils mit einer neuen Einrichtung ausgestattet.
1904 wurden der barocke Hochaltar und der rechte Seitenaltar durch neugotische Altäre ersetzt.
Exkurs:
Die nicht mehr benötigten Barockstatuen des Hochaltars fanden Aufnahme bei zwei Sierninger Bauern. Der Hl. Florian steht bis heute im Kapellen-bildstock des Auergutes in Frauenhofen. Für den Hl. Georg begann eine Odyssee. Er kam ursprünglich in die Kapelle des Baumgartnergutes in Droißendorf. 1957/58 wurde die Figur an die Pfarre zurückgeschenkt mit dem Versprechen, sie bei einer Rebarockisierung wieder aufzu-stellen. Dieses Versprechen ging im Lauf der Zeit verloren und wurde nicht eingelöst. Anfang der 80er Jahre wurde die Figur der Markt-gemeinde Sierning geschenkt, zu einem Hl. Florian umgestaltet und im Foyer des Schlosses aufgestellt, wo sie bis heute in Ehren gehalten wird.
Vom Rest des Hochaltars zeugte bis 2004 nur noch das einzig vor-handene Foto im Pfarrarchiv, vom Graphischen Institut Emil Prietzel, K. und K. Hoflieferant, Steyr.
Die frühgotische Mensa (Altarplatte), mit der eingemeißelten Jahreszahl (1288), lag bis 1904 auf dem Unterbau des Hochaltars. Die Platte besteht aus Adneter Marmor, ist 1.500 kg schwer und hat eine Fläche von 2,5m x 1,6m. Der Unterbau der Altarplatte ist in der hinteren Hälfte in seiner gotischen Ursprungsform erhalten.
Wegen des 1904 errichteten neugotischen Hochaltars musste die alte Platte weichen. So lag sie fortan als Altarplatte auf dem neugotischen Altar im rechten Seitenschiff.
1969 erfolgte eine weitreichende Neugestaltung des Kirchenraumes in der Umsetzung der Neuerungen des Zweiten Vatikanischen Konzils.
Der neugotische Altar im rechten Seitenschiff, der kunsthistorisch als minderwertig empfunden wurde, machte dem barocken Marienaltar Platz, der seit dem 17. Jhdt. im linken Seitenschiff stand.
Exkurs:
Bei der Kirchenrenovierung 1969 wurde der kunstvoll geschnitzte neugotische Altaraufbau abgebaut und war vom Pfarrer dem Mesner versprochen, um ihn zu Brennholz zu verarbeiten. Dem „Bau´n Hans von Paichberg“, der bei der Renovierung mithalf, erbarmte der Altar. "Den Altar nehm ich mit und bring dir stattdessen eine Fuhre Brennholz", meinte er zum Mesner. Seither steht das Kunstwerk im Oberstock seiner Hoftenne.
Die alte Mensa schien somit wieder verwendungslos. Doch nein! Sie dient seit 1969 als Altarplatte am neu errichteten Volksaltar, dessen Unterbau dem gotischen Unterbau nachempfunden wurde.
Ein Rundgang durch die heutige Kirche
Durch das Hauptportal betreten wir die Kirche, die dem Hl. Stephanus geweiht ist. Dabei zentriert sich der Blick von selbst auf die gegenüberliegende Kirchenapsis.
Der neugotische Hochaltar
Der Altar wurde 1904 errichtet, ist 13,55 m hoch und 4,60 m breit und prägt den Kirchenraum. Der aus Eichenholz geschnitzte, zierlich gegliederte Aufbau ist in seiner Ausführung einmalig. Sämtliche Krabben an den kleinen Türmchen sind nicht aufgesetzt, sondern mit dem Türmchen aus einem Holz händisch gearbeitet. Die Reichhaltigkeit der Ausführung wird deutlich bei einer Zählung der Details. Der Altar hat 7 große und 307 kleine Türmchen, 220 Kreuzblumen, 2966 große und kleine Krabben, 14 hängende, 18 stehende Kapitelle, 7 Wasserspeier und 232 Ornamente.
Der Tabernakel in Blattgoldfassung ist flankiert von sechs Heiligenfiguren mit ihren Attributen. Von links: Hl. Agnes mit dem Lamm (Gotteslamm), Hl. Sebastian, von Pfeilen durchbohrt, Hl. Antonius der Eremit mit Glocke auf dem Bettelstab und Eber, Hl. Barbara mit Kelch und Turm, Hl. Rochus mit Hund, sowie Hl. Hieronymus mit Bibel und Totenkopf.
Über dem Tabernakel und dem Aussetzungsthron findet sich eine Kreuzigungsgruppe.
Die Figuren der „Schreinwächter“, der Hl. Georg und der Hl. Florian sind überlebensgroß. Sie sind ein Zeugnis der Frömmigkeit und des Standes der Bevölkerung. Der Hl. Georg ist Schutzpatron der Bauern, da er einmal die ländliche Bevölkerung von einem Drachen befreit hat, dem sie täglich zur Besänftigung zwei Lämmer opfern mussten. Der Hl. Florian ist der Schutzpatron gegen Feuer, als auch gegen Dürre. Von beidem sind die Bauern bis heute immer wieder geplagt.
Die Hauptgruppe - im Schrein - zeigt die Steinigung des Hl. Stephanus. Der kniende Stephanus trägt den barocken Goldornat des Diakons, hat die Hände weit ausgebreitet und den Blick zum Himmel gerichtet. Er tritt als zentrale Figur der Darstellung etwas aus dem Schrein hervor. Die übrigen Figuren mit ihren aggressiven Gesichtsausdrücken und Gesten, bilden den bedrohlichen Hintergrund.
Wie bei den meisten Hochaltären, thront über allem eine figürliche Darstellung der Dreifaltigkeit.
Die Apostelgeschichte berichtet:
Stephanus, erfüllt vom Heiligen Geist blickte zum Himmel empor, sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus zur Rechten Gottes stehen und rief: Siehe, ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen. Da erhoben sie ein lautes Geschrei, hielten sich die Ohren zu, stürmten einmütig auf ihn los, trieben ihn zur Stadt hinaus und steinigten ihn. (Apg 7,55-58a).
Diese Dramaturgie des Geschehens ist in der Darstellung lebendig. Der Altar stammt aus der Werkstätte des akademischen Bildhauers Ludwig Linzinger / Linz und stellt eines der bedeutendsten Werke der Neugotik nicht nur Österreichs, sondern Mitteleuropas dar.
Herr Anton Landerl, der größte Gönner der Pfarre, stiftete den Altar und auch die Glasfenster im Presbyterium. In den Fenstern werden die kirchlichen Hochfeste Weihnachten, Ostern und Pfingsten dargestellt.
Anlässlich der 1000-Jahr-Feier im Jahre 1777 wurde eine spätbarocke Monstranz mit klassizistischem Einfluss angeschafft. Sie steht im Tabernakel und wird bei der Fronleichnamsprozession mitgetragen.
1905 ließ Anton Landerl eine 82 cm hohe, neugotische Monstranz, ein Meisterwerk des päpstlichen Hofgoldschmiedes August Witte zu Aachen anfertigen. Der Fuß der über fünf kg schweren Monstranz ist mit händisch getriebenen Symbolen (Adler, Phönix, Hirsch, Löwe, Lamm), die von ornamentalen Randwerk umgeben sind, verziert. Im Schaft befinden sich die Figuren der 12 Apostel in farbigem Grubenschmelz. Der reich gegliederte Aufbau, der in einem Glaszylinder die kostbare, mit 72 Diamanten besetzte Lunula birgt, enthält 36 silberne Heiligen- und Engelsfiguren. Die Flügel der größeren Engelsstatuetten und die Heiligenscheine sind aus vielfarbigem, durchscheinendem Fensteremail.
Das südliche Seitenschiff
Die Gedenkkapelle bildet den hinteren Abschluss des Seitenschiffs. Der Raum wurde 2013 nach dem Entwurf der Sierninger Designerin Barbara Ambrosz neu gestaltet. Auf Augenhöhe steht auf einem Sockel eine neugotische Pietá aus dem Jahr 1910.
Die Darstellung der trauernden Maria mit dem Leichnam des vom Kreuz abgenommenen Sohn in ihren Händen ist ein gern besuchter Gebetsort und lädt zum Entzünden einer Kerze und zur stillen Andacht ein.
Das besondere Augenmerk gehört jedoch der schlichten, gewollt unauffälligen Stele der Erinnerung und des Gedenkens der Kinder, die in der Schwangerschaft verstorben sind. Nur dem/der bewussten Betrachter/in erschließt sich der „fehlende Teil“ und das Schriftwort: Ihr alle, die ihr des Weges zieht, schaut doch und seht, ob ein Schmerz ist wie mein Schmerz. (Klgl 1,12a)
Am Nordpfeiler neben der Gedenkstele ist eine Grabplatte aus dem Jahr 1684 eingelassen, von der Familie Rindfleisch „Spitallmeyster“ zu Aychstätt.
Fünf gotische Fenster mit Maßwerken erhellen das Seitenschiff. Am unteren Rand der Fenster sind in einem Glasstreifen ihre Stifter eingeschrieben und die Jahreszahl 1906. Die Stifter waren die Familien Holzbaur, Bäckerei, Sierning 93 (heute Bahnhofstraße 1) und Kaindl, Messerverleger, Sierninghofen.
Die Motive der bemalten Fenster:
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Herz-Jesu-Vision der Hl. Margaretha Maria Alacoque
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Primat des Petrus: Weide meine Lämmer, weide meine Schafe! (Joh 21,15-19)
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Emmausjünger (Lk 24,13-35)
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Die Verleugnung des Petrus: Ehe der Hahn kräht, wirst Du mich dreimal verleugnen.
(Mt 26,69-75) -
Jesus und die Ehebrecherin: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie. (Joh 8,1-11)
Der barocke Marienaltar geht auf das Jahr 1626 zurück und stammt ursprünglich aus dem Stift Garsten. Der offene Barockschrein über dem für diese Zeit eher schlichten Tabernakel, zeigt die gekrönte Gottesmutter mit Kind im Strahlenkranz. Zwei Putti schweben jubelnd über der Himmelskönigin, während ihr zwei große vergoldete Barockengel auf seitlich angefügten, überdeckten volutenverzierten Konsolen stehend, in demütiger Haltung huldigen. Der Altar ist aus Holz, teilweise gefasst (bemalt), teilweise vergoldet und marmoriert und spärlich mit Akanthus (nach einem Blatt gebildete Schmuckform) geschmückt.
Den Schrein begrenzen zwei angedeutet korinthische Säulen mit vergoldeten Kapitellen (oberster hervorspringender Teil einer Säule). Der Tabernakel wird gleichsam gestützt von zwei Pilastern (Wandpfeilern), deren unteren Abschluss vergoldete Voluten (Schnecke, spiralförmige Einrollung) bilden.
In der Weihnachtszeit steht auf dem Altartisch ein Barockschrein mit der Krippe, die mit Barockfiguren ausgestattet ist. Die Krippe zeigt zwei Szenen des Weihnachtsgeschehens: Die Geburt Christi in Bethlehem mit Anbetung der Hirten, und ab dem 6. Jänner die Anbetung der Heiligen Drei Könige. Über dem Schrein sitzt ein musizierender Barockengel.
Im Altarraum des Seitenschiffs finden sich an der rechtsseitigen Mauer zwei Grabplatten: der Frau Maria Magdalena Eyblin „geweste“ Pflegerin zu Gschwendt und Losenstein (1668) und des Pfarrers Siegbert von Geilenkirchen (1662).
Zur rechten des Marienaltars, unterhalb des Herz-Jesu-Fensters, sind romanische Gedenksteine eingelassen. Sie stammen aus der Zeit von 1000 bis 1200.
Das Mittelschiff
Der Kreuzweg im Mittelschiff, an den Mauerpfeilern und im Altarraum, ist ein Juwel neugotischer Bildhauerkunst, zumal in dieser Zeit an Kreuzwegstationen hauptsächlich Hochreliefs und keine Vollskulpturen geschaffen wurden. Nur in der Pfarrkirche Schwanenstadt in O.Ö. gibt es ähnliche Kreuzwegstationen, ebenfalls aus der Werkstätte des akademischen Bildhauers Ludwig Linzinger / Linz.
Die 14 handgeschnitzten Stationen sind eine Stiftung aus dem Umgestaltungsjahr 1904.
Sie waren ursprünglich mit einem neugotischen Holzsockel und Holzhintergrund versehen. Bei der Renovierung 1969 kamen die Stationen auf Steinsockel an die Außenwand des südlichen Seitenschiffs. Im Zuge der Ausmalung der Kirche 2002 wurde der Kreuzweg in das Mittelschiff zurück geholt und auf zeitgemäße eisene Sockel gestellt, die eine Verbindung zur „Eisenregion Steyrtal“ herstellen.
Der Triumphbogen im Mittelschiff ist an der rechten Basis mit einer gefassten Reliefdarstellung der Heiligen Familie aus 1903 oder 1904 geziert.
An seiner linken Seite ragt die Barockkanzel aus dem Jahr 1730 in das Kirchenschiff.
Sie stellt ein harmonisches Schnitzwerk des Barock dar, reich vergoldet, gefasst und marmoriert.
Vier scheinbar den Korpus stützende Voluten tragen die Symbole der vier Evangelisten in Porträtdarstellung: Markus – Löwe, Johannes – Adler, Matthäus – Engel, Lukas – Stier.
Dazwischen vergoldete Reliefbilder aus Lindenholz: Mitte: Jesus lehrt im Tempel. Zwei Reliefs flankieren: Jesus wäscht Petrus die Füße, die Sünderin salbt Jesus die Füße.
Die Rückwand der Kanzel ziert ein vergoldetes Medaillon, Adam und Eva im Paradies, begrenzt durch zwei zarte Goldranken und umrahmt durch den vergoldeten Vorhang aus dem Baldachin, den der darüberliegende Schalldeckel bildet. An den geschwungenen Kanten des Baldachins sitzen drei Putti, die gleichsam das Heilswerk umjubeln.
Petrus und Paulus blicken voll Dankbarkeit und Bewunderung zu dem, auf der Weltkugel thronenden Erlöser empor. Christus der Auferstandene bildet die Krönung des Erlösungswerkes und der Einheit dieser prächtigen Barockkanzel.
Dass das gesamte Heilsgeschehen und die Verkündigung des Wortes Gottes durch den Beistand der Heiligen Dreifaltigkeit geschieht, drückt ein geradliniger Darstellungsverlauf von oben nach unten, vom Auferstandenen weg, aus: Christus, Erlöser der Welt – an der mittleren Kante des Schalldeckels das, mit Arabesken (Blattranken, Ziermuster aus verschlungenen stilisierten Blattranken) verzierte vergoldete Auge Gottes – an der Unterseite des Schalldeckels der Hl. Geist in Gestalt der Taube, der Geist, Herz und Lippen des Predigers beeinflussen soll, damit er - wie Christus im Tempel - das Volk lehren kann (Mittelrelief am Korpus der Kanzel).
Aufbau und Thematik der Kanzel ist der Sieg des Erlösungswerks über das Böse in der Welt durch Demut und grenzenlose Liebe zu den Menschen. Die Kanzel wird somit zum Ort der Verkündigung der Lehre des christlichen Glaubens aus Altem und Neuem Testament.
Das barocke Hochaltarbild an der rechten Wand des Altarraums kehrte 2004 in die Kirche zurück. Als 1904 der barocke Hochaltar dem neugotischen Altar weichen musste, kam das Altarbild mehrmals gefaltet wie ein Leintuch in den Dachboden über dem südlichen Seitenschiff, wo es vergessen und unbemerkt über 100 Jahre lagerte. Auf Anregung und großzügiger Mitfinanzierung des Lions-Club Sierning-Steyrtal wurde es in über zweijähriger Arbeit im Bundesdenkmalamt Wien durch Frau Mag. Waltraud Darnhofer renoviert.
Das Bild zeigt die Steinigung des Hl. Stephanus und entstand um 1777 mit den Ausdrucksmitteln der spätbarocken Malerei. Laut der Studie des Kunstgeschichtsprofessors Dr. Johann Sturm steht es dem Schaffen des Steyrer Malers und Zeichenmeisters Franz Xaver Gürtler (1740–1818) nahe. Dieser lieferte ab 1769 eine größere Anzahl von Gemälden an die Jesuitenkiche St. Michael in Steyr, von denen jedoch einige mit Sicherheit von seiner Frau Maria Katharina stammen. Offenbar führte das Künstlerpaar größere Aufträge und Bildwerke gemeinsam aus. Das dürfte auch für dieses Bild zutreffen, ohne dass nach dem jetzigen Stand der Forschung die Anteile im Einzelnen genau zugewiesen werden können.
Das nördliche Seitenschiff: Die Taufkapelle
Der Raum wurde 2021/2022 nach dem Entwurf der Sierninger Designerin Barbara Ambrosz neu gestaltet und mit zwei Objekten des Steyrer Künstlers Johannes Angerbauer ausgestattet.
Der Taufstein bildet das zentrale Element der Taufkapelle. Er ist aus Adneter Marmor wie die alte Mensa (1288) und mit einem Bronzedeckel (Peter Dimmel, 1969) versehen. Er definiert die räumliche Mitte, um die drei Bänke aus gekalkter Eiche positioniert sind.
Der Schrein der heiligen Öle hebt sich in der Querachse zum Taufstein von der Außenwand ab. Im hinterleuchteten Schrein aus Glas und gekalkter Eiche sind in drei eleganten Ölbehältnissen aus Porzellan, scheinbar schwebend, die heiligen Öle sichtbar.
Exkurs:
Das Chrisamöl wird für die Taufe, die Firmung und bei der Priesterweihe verwendet.
Mit dem Katechumenenöl werden Erwachsene und Kinder gealbt und in einem eigenen Ritus in den Kreis der TaufwerberInnen aufgenommen.
Als drittes ist das Krankensalbungsöl im Schrein aufbewahrt.
Der "Sierninger Tauftropfen" über dem Schrein ist eine großformatige runde Fotoarbeit von Johannes Angerbauer. Er zeigt die Detailaufnahme eines Wassertropfens, der ausgehend vom Weihwasserbehälter einen Wasserfleck am Boden hinterlassen hat. Tropfen und Schatten des Weihwasserbehälters erzeugen im spannungsvollen Kontrast ein abstraktes Bild aus hellen und dunklen Stellen. Der Künstler bezeichnet die Aufnahme auch als „Spurensicherung“.
Das Bild mit der vergrößerten Aufnahme des Weihwassertropfens am Boden wurde als „Edition“ als kleines Format produziert. Es liegt bei einer Taufe im Taufbecken und wird als „Sierninger Tauftropfen“ in einer Schatulle an die Tauffamilien weitergegeben.
Der Beichtort als eigener begehbarer Raum (Innengestaltung: Waltraud Kienesberger, Gmunden) ist raumprägend losgelöst von der Ostwand positioniert. Die Vorderseite ist mit gekalkten Eichenbalken verkleidet. Mit der Schauseite schließt er den Raumteil nach Osten hin ab. Einer der Balken ist höher konzipiert und ist Basis für ein zweites Werk von Johannes Angerbauer.
Die Kreuzigungsgruppe zeigt ein barockes Kruzifixus aus dem Jahr 1680, flankiert von zwei gefassten gotischen Schnitzfiguren, der Schmerzensmutter Maria und dem Lieblingsjüngers Johannes, aus der Zeit um 1480.
Ein barocker Gedenkstein am vorderen Pfeiler berichtet von Pfarrer Dr. Georg Friedrich Koller, der kaiserlicher Rat Ferdinand Ⅲ, Rektor der Universität Wien und Reformationskommissär in Wels war. Von 1629 bis 1653 war er Pfarrer von Sierning.
Die Fenster sind eine Stiftung aus den 50-iger Jahren und stellen die drei Göttlichen Tugenden, Glaube, Hoffnung und Liebe dar.
Historische Daten
777 Erwähnung der Pfarre Sierning in der Stiftungsurkunde von Kremsmünster
als Sirnicha.
Um 800 Erste Pfarrkirche (Holzkirche?)
975 Sierning wird von Kremsmünster abgetrennt und als Passauer Besitz beglaubigt.
1000 Auf diese Zeit geht das Mittelschiff bis zum Triumphbogen zurück.
Ursprünglich mit einer Holzdecke.
1288 Fertigstellung des gotischen Mittelschiffes.
Die alte Hochaltarplatte trägt diese Jahreszahl.
1487 Fertigstellung des Gotteshauses als dreischiffige gotische Hallenkirche
mit Sakristeianbau.
1777 Barockisierung der Innenausstattung anlässlich der 1000- Jahr- Feier
und Verlegung des Friedhofs auf die Anhöhe am nordwestlichen Ortsrand.
1798 Die Pfarre Sierning wird endgültig vom Hochstift Passau getrennt
und zur selbstständigen Pfarre der Diözese Linz ernannt.
1884 Großreparatur des im 17. Jahrhundert barockisierten Kirchenturms.
1904 Umgestaltung des Gotteshauses durch eine neugotische Innenausstattung.
Das Prunkstück ist der Hochaltar.
1916/17 Ablieferung der Glocken zum Einschmelzen für Kriegszwecke im 1. Weltkrieg
1924 Glockenweihe des neuen bronzenen Geläutes.
1942 Das Geläut musste für den 2. Weltkrieg geopfert werden.
1951 Glockenweihe des neuen Geläuts von 6 Glocken
mit einem Gesamtgewicht von 6.ooo kg aus der Gießerei St. Florian.
1962/63 Erneuerung der Turmkuppel und der Laterne mit feierlicher Turmkreuzstreckung.
1962 Errichtung des Kriegerdenkmals an der Südseite der Pfarrkirche.
1969 Generalrenovierung mit Errichtung des Volksaltars.
1977 Festjahr 1200 Jahre Sierning.
1997 Erneuerung des Kirchendachs.
2002 Innenrenovierung
2004 Rückkehr des barocken Hochaltarbildes
2013 Gestaltung eines Gebets- und Gedenkortes
2017 Neugestaltung des Kirchenplatzes und
Segnung des Pfarrheims „FOKUS“
2022 Neugestaltung des nördlichen Seitenschiffs: Die Taufkapelle
2025 Im Zuge der Territorialreform der Diözese Linz wird die Kirche
mit Wirkung 1.1.2025 zur Pfarrkirche der Pfarre Steyrtal