Taufkapelle
Zwei Grundfunktionen und Sakramente
Die Taufe ist das sogenannte Quellsakrament, das erste Sakrament. Aus diesem Grund wird das Seitenschiff als Taufkapelle und nicht als Beichtkapelle bezeichnet.
Die innenarchitektonische Planung und Umsetzung erfolgte durch Lucy.D (Barbara Ambrosz/Karin Santorso).
Das Zentrum der Taufkapelle bildet der frühgotische Taufstein aus Adneter Marmor mit dem Bronzedeckel (Peter Dimmel, 1969). Er definiert die räumliche Mitte, um die drei Bänke aus gekalkter Eiche positioniert sind. Sie bieten gleichermaßen Platz für Andacht in Richtung des Beichtortes, in Richtung der Kreuzigungsgruppe an der Westwand des Seitenschiffs und in Richtung der Nordwand.
Der Osterkerzenständer neben dem Taufstein (Ludwig Linzinger, 1905) wurde aus dem Bestand weiterverwendet, wie auch der Weihwasserkessel. Für die Neugestaltung wurde der 1969 errichtete Bankblock entfernt, der Beichtort von der Nordwand an die Ostwand verlegt und neu gestaltet, sowie die Kreuzigungsgruppe von der Ostwand an die Westwand verlagert.
Die Gestaltung beinhaltet die Objekte für die Taufe, dazu einen Ort für die Heiligen Öle und den Ort der Aussprache für die Beichte.
Weiters ist es Aufgabe, die neuen Objekte subtil in das Gesamtensemble der Kirche einzufügen. Die räumliche Anordnung folgt der klaren Struktur des Seitenschiffes. Damit werden die Sichtachsen in und aus dem Seitenschiff betont.
Die neuen Ausstattungselemente aus gekalktem Eichenholz nehmen Bezug auf das Kirchengestühl aus 1969 und führen das Gestaltungskonzept der 2013 neu gestalteten Gedenkkapelle in Material und Oberflächenwirkung weiter.
Der Ort der Taufe
Die ornamentalen Farbglasfenster an der Nordwand stammen aus den 1950er Jahren und sind den drei göttlichen Tugenden Glaube, Hoffnung, Liebe gewidmet. Unter dem „Glaubensfenster“ wird zwischen zwei Wanddiensten das Sakrament der Taufe ins Zentrum gestellt – in einer Linie zum Taufstein im Raum.
Eine großformatige runde Fotoarbeit des Steyrer Künstlers Johannes Angerbauer-Goldhoff an der Wand zeigt die Detailaufnahme eines Wassertropfens, der ausgehend vom Weihwasserbehälter einen Wasserfleck am Boden hinterlassen hat. Tropfen und Schatten des Weihwasserbehälters erzeugen im spannungsvollen Kontrast ein abstraktes Bild aus hellen und dunklen Stellen. Der Künstler bezeichnet die Aufnahme auch als „Spurensicherung“.
Darunter befinden sich in einem hinterleuchteten Schrein aus Glas und gekalkter Eiche die Heiligen Öle: Das Krankensalbungsöl, das Katechumenenöl für die Erwachsenentaufe und das Chrisamöl, das für die Taufe, die Firmung und bei einer Priesterweihe verwendet wird. Die drei Ölgefäße sind Unikate aus Porzellan und wurden von Beate Seckauer in ihrer Porzellanmanufaktur „Neuzeughammer“ gefertigt. Links und rechts davon befinden sich zwei mit Loden bespannte Tafeln, auf denen die Fotos der Täuflinge des jeweiligen Jahres zu sehen sind.
Sierninger Tauftropfen
Das Bild des Weihwassertropfens an der Wand wurde als „Unikat Edition“ im kleinen Format geschaffen. Es liegt bei der Taufe im Taufbecken und wird dabei mit dem geweihten Wasser, mit dem der Täufling getauft wird, benetzt. Als „Sierninger Tauftropfen“ wird es in einer Schatulle an die Tauffamilien weitergegeben. Somit stehen der kleine und der große Weihwassertropfen in unsichtbarer Verbindung.
Audioansprache von Pfarrer Sperker zur Taufe
Der Ort der Beichte und der Aussprache
Der Beichtort als eigener begehbarer Raum ist raumprägend losgelöst von der Ostwand positioniert. Die Vorderseite ist mit gekalkten Eichenbalken verkleidet. Mit der Schauseite schließt er den Raumteil nach Osten hin ab. Einer der Balken ist höher konzipiert und ist Basis für ein zweites Werk von Johannes Angerbauer. Im ersten Jahr (2022) war seine Bodengold-Installation aus blattvergoldeten Paneelen auf dem Boden des Ausspracheraum ausgelegt, um Spuren aufzunehmen. Im darauffolgenden Jahr (2023) wurden die Paneele als sichtbares Zeichen dieses Sakramentes auf den höheren Balken montiert. Aus der „Bodengold-Ebene“ wurde im Prozess durch die Spuren der Menschen, die den Beichtort betreten eine „Bodengold-Stele“.
Die Arbeiten von Johannes Angerbauer kreisen seit nahezu vier Jahrzehnten um den „Goldbegriff“. Seit 1996 setzt er sich intensiv mit dessen Erweiterung auseinander. So wird mit dem positiv besetzen Begriff des „Social Gold“ das Gold entmaterialisiert und stellt den Menschen in den Vordergrund. Gold wird, so der Künstler, zu Social Gold und zu HUMANgold.
Boden-Gold: Neue Aufrichtung durch Beichte und Versöhnung
Pfarrer Karl Sperker interpretiert die künstlerische Arbeit am Beichtort wie folgt:
„Die vergoldeten Platten am Boden widerspiegeln den Menschen in seiner Würde. Auf diesen Platten hinterlässt er bei der Beichte/Aussprache seine Spur, belastet und gebeugt. Doch bleibt es nicht dabei. Da geht es weiter. Gott richtet ihn auf in der Versöhnungszusage. Darum werden die verkratzten Goldplatten vom Boden genommen und auf der langen Planke aufgerichtet. Auf sinnbildliche Weise wird dabei das Sakrament der Versöhnung visuell erfahrbar. Es macht die Zusage sichtbar: Der Mensch mit seinem Versagen und mit seinen Kratzern wird durch das Erbarmen Gottes neu aufgerichtet und ausgerichtet.“ Ansprache von Pfarrer Sperker
Biografien:
Das Studio Lucy.D wurde von den Designerinnen Barbara Ambrosz und Karin Santorso 2003 in Wien gegründet und seit 2016 um ein Studio in Steyr erweitert. Beide studierten Industrial Design an der Universität für Angewandte Kunst in Wien, wo Ambrosz seit 2008 auch lehrt. Den beiden Designerinnen geht es in ihren Arbeiten um einen klaren Zugang zu den Dingen. So entstehen Produkte in den Kategorien Produktdesign, Architektur und Corporate Design. Die grundsätzliche Herangehensweise von Lucy.D ist es, die Poesie im Alltäglichen zu ergründen. Das ist der Ausgangspunkt für die Entwicklung von inspirierenden wie praktischen Produkten. Bei ihren Gestaltungskonzepten stimmen Form, Funktion und Technik intelligent überein. Ambrosz und Santorso arbeiten interdisziplinär und sind mit verschiedensten Technologien vom Handwerk bis zu Roboter gesteuerten Prozessen vertraut. Sie planen Konzepte mit Feingefühl für die Marke und für das Material und begleiten in der Umsetzung und Produktion bis zum fertigen Produkt. Zu den Kunden von Lucy.D gehören u.v. Alessi, Lobmeyr, Augarten, Wiesner-Hager und Wombats.
Johannes Angerbauer-Goldhoff wurde 1958 in Steyr geboren. Eine frühe Prägung – auch in Bezug auf die Beziehung zum Werkstoff Gold - erhielt er im Goldschmiedeatelier seiner Eltern Prof. Johann und Gertrude Angerbauer. Sakrale Kleinplastiken (u.a. Monstranzen) und Schmuck prägten diese frühe Werkphase. Von 1977-1982 studierte Angerbauer Metallplastik und Bildhauerei an der Kunstuniversität Linz. Nach der kurzfristigen Übernahme des Ateliers aufgrund des frühen Todes seiner Eltern wandte er sich ab 1984 eigenen künstlerischen Arbeiten im Kontext einer von ihm so bezeichneten „Prozessorientierten Konzeptkunst“ zu. Über seine lebenslange Auseinandersetzung mit dem Material und Begriff „Gold“ transformierte sich sein Begriff des „Socialgold“ zum „HUMANgold“.
Das Werk von Johannes Angerbauer ist durch zahlreiche nationale und internationale Rauminstallationen, Aktionen und Ausstellungen bekannt.
Die Neugestaltung der Taufkapelle erfolgte unter der Leitung von PGR-Obmann Alois Dambachmayr und Pfarrer Karl Sperker
Fachstellen:
Kunstreferat/Diözesankonservatorat: Martina Gelsinger
Abteilung Kirchliches Bauen der Diözese Linz
Bundesdenkmalamt, Landeskonservatorat für OÖ
Ausführende Firmen:
Malerei: Karl Rosatzin
Tischler: Franz Heindler
Elektro: Harald Pichler
Raumausstatter/Tapezierer: Dagmar Singer, Singer Wohnen