Arbeitsgruppe Liturgie
Am Beispiel des Fachausschusses für Liturgie sind die Möglichkeiten und Grenzen des synodalen Weges der Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1963-1965) besonders zu erleben.
Ab dem Jahr 1967 begann in unserer Diözese mit dem Aufbau des Pfarrsynodenrates ein wesentlicher Teil, die Beschlüsse des Konzils in den Pfarren umzusetzen. Diesen Beginn der Pfarrsynodenräte habe ich als Kaplan in Bad Leonfelden und in Gramastetten je ein Jahr erlebt. Mit Beginn meines Dienstes in Puchenau ab September 1969 war die Suche nach Mitarbeiter/innen in allen Bereichen die Hauptaufgabe nicht nur in den ersten Monaten, sondern Jahren. Nachträglich im Herbst 1969 wählten wir in Puchenau einen Pfarrsynodenrat, dessen erste Aufgabe es war, die Bischöfliche Visitation Herbst 1970 durch Weihbischof Dr. Alois Wagner vorzubereiten.
Die Konstitution über die Liturgie vom Jahr 1964 blieb die für alle Gläubigen auffälligste Reform, und dabei die Übernahme der Landessprache:
“Denn sooft ihr von diesem Brot eßt und aus dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn” (1. Kor. 11,26).
Seit Ende des Konzils im Herbst 1965 bis in die 70iger Jahre war die Durchführung der Konzilsbeschlüsse zentrale Aufgabe in den Pfarren, und damit vor allem in den Fachausschüssen für Liturgie. Und diese hatten es wahrlich nicht leicht in der Spannung zwischen Beharrung und Erneuerung um ihrer selbst Willen, und vor allem in der zögerlichen Herausgabe der liturgischen Bücher durch die verantwortlichen Stellen:
- Statt eines gebundenen Meßbuches wie in Deutschland, gab es in Österreich fragwürdige Einzelhefte, die üble liturgische Zettelwirtschaft! Erst zehn Jahre nach dem Ende des Konzils im Jahr 1975 folgte das Meßbuch für den gesamten deutschen Sprachraum.
- Die ersten Lektionare kamen 1969, allerdings schwierig zum Vortragen; gut gedruckt in Sinnzeilen erst 1983, ein gutes Geschäft für die Verlage durch doppelte Herausgabe der Bücher.
- Besonders in der Erneuerung des Liedgutes wurden die Pfarren auf eine harte Geduldsprobe gestellt: Das “Unser Messbuch” mit Gebets- und Liedteil wurde nicht mehr nachgedruckt, das “Gotteslob” ließ auf sich warten. Zu Pfingsten 1972 kamen “Gesänge zur Meßfeier” als Vorausdruck des Gotteslobes - gut gemeint, aber führte dann zum Liednummern-Durcheinander nach Erscheinen des “Gotteslob” mit 1. Fastensonntag 1975.
- “Das Lob” - geistliches rhythmisches Liederbuch begann 1979 als private Intitative eines engagierten Religionslehrers aus Pettenbach - eine Erfolgsgeschichte (viele Auflagen) im religiösen Liedgut für die Jugend bis heute. Erst 1997 brachten die beamteten Jugendfunktionäre der Diözese ihre “Liederquelle” in Druck.
- Die liturgischen Texte für Taufe, Trauung, Begräbnis, Segnungen ließen auf sich warten. Dicke “Studienausgaben” waren Geschäft für Verlage und die Pfarren liturgische Versuchskaninchen.
Eine stürmische Zeit in der Spannung von hoher Sachkompetenz bis peinlicher Dilettantismus.
In unserer Pfarre nutzten wir diese Zeit für die Suche von
- Lektoren
- Kirchenchormitgliedern
- Organisten, später
- Kommunionspendern
- und vor allem durch den Religionsunterricht immer wieder Suche nach genügend Ministranten.
Suche nach geeigneten Personen, Ansprechen, Argumentieren, Bitten — durch noch soviele Sitzungen können Mitarbeiter/innen nicht “erbrütet” werden, sondern nur durch Nachgehen, Bitten, Überzeugungsarbeit leisten. Nirgends werden die Grenzen des “Linzer Sitzungskatholizismus” so deutlich wie in der Suche nach engagierte Mitarbeiter/innen.
Aus der Vergangenheit wurde leider zu wenig gelernt: Beim zunehmenden Priestermangel wird es immer dringender, Lektoren zuerst einmal für den Notfall geeignete Vorlagen zu geben. Doch was im Buch “Wortgottesfeiern” (2004) geliefert wurde, ist eine liturgische “Baustoffhandlung”, statt eine Kollektion “Fertighäuser”, ein trauriges Beispiel liturgischer Theoretiker, bar jeder Ahnung, was in den Pfarren benötigt wird.
Die vielen Erneuerungen, die eigentlich meistens ein Rückgriff auf die Quellen, vor allem die Liturgie des 4. Jahrhunderts waren, notwendig und sinnvoll, sind in Gefahr, seit den 1980iger-Jahren Selbstläufer zu werden. Wir erlebten in diesem Jahrzehnt einen großen religiösen Aufbruch in unserer Pfarre, doch in der Liturgie mußten alle lernen, dass es nicht mehr um Neues um seiner selbst gehen kann, sondern Verbesserung und Vertiefung. Der Kirchenkrise der 90iger Jahre in der Kirche Österreichs konnten wir durch lebendiges Pfarrleben lange widerstehen, bis sie nach der Jahrtausendwende auch in unserer Pfarre voll durchschlug.
In allen Bereichen der Liturgie erleben wir gegenwärtig eine gute Konsolidierung, vor allem in der Kirchenmusik: Heranbildung junger Organisten/innen und Mitglieder des Kirchenchores, wobei sich alle Chorleiter der letzten Jahrzehnte bestens bemüht haben, gegenwärtig unsere Chorleiterin Tanja Glinsner mit dem Kirchenchor St. Andreas - Puchenau, immer wieder Heranbildung neuer Lectoren, und es gelingt dank der Mithilfe vieler Eltern, genügend Kinder und Jugendliche für den Dienst als Ministranten zu gewinnen.
Für die Zukunft gilt es, neben Kommunionspendern auch Leiter von Wortgottesdiensten an Sonntagen und Begräbnisleiter auszubilden, die vor allem bei Verhinderung (Erkrankung) des Pfarrers diese Dienste leisten.
Die Möglichkeiten und Grenzen von Fachausschüssen für Liturgie hat Diözesanbischof Dr. Ludwig Schwarz in seinem Fastenhirtenbrief 2009 deutlich angesprochen: “Das Verharren im Gebet, wie es die Apostelgeschichte beschreibt, ist ebenfalls Kennzeichen einer lebendigen Gemeinde. In ihr zeigt sich ihre Offenheit auf Gott hin am überzeugendsten. Denn im Gebet wird nicht über Gott gesprochen, sondern mit ihm. Darum ist der eigentliche Ort kirchlicher Versammlung nicht der Sitzungssaal, sondern das Gotteshaus: Dem Gottesdienst soll nichts vorgezogen werden, mahnt der hl. Benedikt. So wächst der Glaube dort, wo wir beten, wo wir aus der Kraft der Sakramente leben, wo wir den Sonntag heiligen und unser Leben nach dem Evangelium und der kirchlichen Lehre ausrichten.”