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Predigtmeditation für Zuhause zum 4. Fastensonntag, 22.03.2020
Ein herzliches „Grüß Gott“ allen, die sich, bedingt durch die veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht in der Pfarrkirche, sondern Zuhause zum „virtuellen Pollhamer Sonntagsgebet“ Zeit nehmen. Der heutige Sonntag trägt in der Tradition unserer katholischen Kirche die Bezeichnung „Laetare“ - was übersetzt heißt: Sich freuen, seine Freude über irgendein Ereignis zum Ausdruck bringen. Der heutige Sonntag steht somit im Zeichen der Vorfreude auf das Osterfest. Schon jetzt, noch mitten in der Fastenzeit, klingt die Osterfreude über die Erlösungstat und die Auferstehung Jesu an. Vielleicht brauchen wir gerade in Krisenzeiten diesen hoffnungsfrohen Ausblick, damit das Vertrauen nicht schwindet.
Meine Gedanken zum Sonntagsevangelium beginne ich mit einer Frage:
Kann ein Blinder sehen, oder umgekehrt, kann ein Sehender blind sein?
Die frohe Botschaft vom heutigen Sonntag, in ihr begegnen wir dieser Frage, zählt zu den besonders berührenden Stellen innerhalb des Johannesevangeliums. Wir erfahren einerseits von der Begegnung eines Menschen mit Jesus, die sein Leben völlig umkrempelt, weil er von einem körperlichen Gebrechen geheilt wird. Andererseits schildert der Evangelist auch recht eindrücklich die distanzierte, geradezu feindselige Reaktion der Pharisäer auf dieses Ereignis. Beide Ebenen sind zu bedenken.
Gleich im Einleitungssatz werden wir mit knappen Worten mit dem traurigen Schicksal jenes Mannes bekanntgemacht, der seit Geburt blind sein Dasein bewältigen musste. Um uns ein wenig intensiver in die inneren Welten dieses Mannes und der ganzen Bibelstelle hineinzufühlen, lade ich ein, die Augen zu schließen und in der Wohnung zuhause einen kurzen Weg, den wir oft gehen, als „Blinde/r“ zu bewältigen.
In jedem von uns lebt symbolisch ein Stück von diesem blinden Bettler: Manchmal sehen wir nicht weiter, es fehlt uns der Durchblick oder wir verlieren den Überblick in unserem Leben. Es gibt auch manches, das wir gar nicht sehen wollen: Diese oder jene Person kann ich einfach nicht mehr sehen, so sagen wir manchmal selbst. Wir verschließen die Augen, nicht selten auch vor der Wahrheit des eigenen Lebens, es fehlt uns das Einsehen. Es kann auch geschehen, dass wir Gott aus den Augen verlieren, ihn nicht mehr erkennen im Dunkel der Welt, in der Erfahrung der Krise. Das Evangelium fordert auf, uns auch selbstkritisch in den Blick zu nehmen.
In diese vielschichtige Blindheit hinein könnte uns der Bettler zurufen: Sucht so wie ich die Begegnung mit Jesus von Nazareth, denn er ist es, der euch die Augen öffnen kann. Sein Wort lässt euch ein Licht aufgehen, denn er selbst ist das Licht der Welt. An einer anderen Stelle in der Hl. Schrift heißt es von den Jüngern Jesu: „Da gingen ihnen die Augen auf und sie erkannten ihn im Brotbrechen.“
Gleichsam wie vorprogrammiert ist auch bei dieser Heilungserzählung der tragische Konflikt mit den religiösen Führungspersönlichkeiten. Jesus verletzt durch sein Handeln das Sabbatgebot und stellt sich damit provokant gegen das religiöse Gesetz und dessen Hüter. Wer das Gesetz Mose nicht achtet, kann nicht von Gott sein, sondern ist ein Sünder - so lautet kurz und bündig deren Urteil.
Die Pharisäer sind in dieser Stelle diejenigen, die klar sehen, wo es lang geht, die den Durchblick besitzen und die Wahrheit zu erkennen glauben. Sie meinen, sie seien die Sehenden. Jesus aber zeigt auf, dass sie sehenden Auges blind sind, weil sie in ihrer starren Gesetzestreue und Engstirnigkeit nicht mehr erkennen, was die Menschen wirklich bewegt. Menschen, die sich für scharfsichtig halten, können im Herzen tatsächlich blind sein, das ist die jesuanische Diagnose im heutigen Evangelium.
In den Tagen der Fastenzeit und rund um Ostern wünsche ich uns heilsame Begegnungen mit Jesus, dem Facharzt für unsere Seelenaugen. Wolfgang Froschauer