Danke an Wini
Als Jungscharleiter, Religionslehrer, Nikolaus-Double, Firmvorbereiter, Gottesdienst- und Begräbnisleiter, stimmgewaltiger Sänger und Gitarrist sowie als hauptamtlicher Pastoralassistent war er in der Pfarre so gut wie omnipräsent.
Das nachfolgende Interview hat PGR-Mitglied und WG-Leiter Andreas Fürlinger mit dem nunmehrigen Jungpensionisten geführt.
Wini, wenn du an deine Anfangszeit in der Pfarre Ottensheim zurückblickst, was kommt dir dabei in den Sinn?
Eines Tages im Jahr 1975 (ich war 16 Jahre alt) stand P. Petrus Mittermüllner (1939-2015) da im Haus in der Stifterstrasse bei meinen Eltern und meinte, ich solle Jungscharführer werden. Ich war seit der zweiten Klasse Volksschule Ministrant, habe aber dann aufgehört. Mein Vater hat mich gelegentlich zu den „Roten Falken“ mitgenommen, um mich für die sozialistische Kinderarbeit zu gewinnen – er war ja sozialistischer Vizebürgermeister. Bei mir hat er aber diesbezüglich nichts erreicht, das war nicht meins. Und im ersten Lehrjahr als Konditor bin ich schließlich Jungscharführer geworden. Das war der Beginn meiner Mitarbeit in der Pfarre Ottensheim. Als ich 17 Jahre alt war, wurde ich angefragt, als Vertreter der Jungschar in den Pfarrgemeinderat zu gehen. So bin ich langsam, Schritt für Schritt, hineingewachsen in die Pfarre.
Die ersten Erinnerungen sind sehr intensive – an die Jungscharlager, an die Jugendreisen. Wir haben einen Flohmarkt gemacht, was 70.000 Schilling hereinbrachte, 20.000 Schilling haben wir uns durch gelegentliche Jobs und Hilfsarbeiten verdient. Mit dem Geld kauften wir einen VW-Bus. Damit sind wir dann sehr viel herumgefahren. Wir hatten eine Hütte am Hauser Kaibling und waren sehr viel Schifahren. Das war „offene Jugendarbeit“. Gleichzeitig existierte ein Jugendchor, den ich zehn Jahre begleitete. Mein Stüberl im Haus war gleichzeitig ein „Jugendtreff“. Der Kühlschrank war immer gut gefüllt – da hat vieles stattgefunden bei mir im Haus.
Und ich erinnere mich, wie ich P. Petrus meinen Wunsch, Religionslehrer werden zu wollen, mitteilte, meinte er nur, Portier im Diözesanhaus wäre eher was für mich. Aber schließlich stand er doch dahinter. Ich habe dann den Vorbereitungslehrgang in Graz gemacht, der später als Studienberechtigung anerkannt wurde. Nach einem Jahr religionspädagogischer Ausbildung setzte ich diese in Linz fort und fing 1982 an, Religion zu unterrichten. Zuerst in St. Martin im Mühlkreis zwei Jahre lang und dazu in Linz am Bindermichl, in St. Gotthard an der Volksschule war ich auch. 1984 begann ich dann mit allen Volksschulstunden in der Volksschule Ottensheim, 1985 dann an der Hauptschule Ottensheim und am Poly. Ich hatte immer mehr als eine volle Lehrverpflichtung, in den ersten zehn Jahren unterrichtete ich immer zwischen 28 und 36 Stunden pro Woche. Das war eine intensive Zeit.
Als P. Theobald Grüner keinen Kaplan mehr bekam, wurde mit Herrn Christian Landl eine Pastoralassistentestelle in Ottensheim geschaffen und besetzt. Und als Christian wegging, habe ich mich als Pastoralassistent beworben und wurde angestellt. Zwei Jahre lang musste ich berufsbegleitend eine Zusatzausbildung an der Katholisch-Theologischen Privatuniversität in Linz machen, um mich für die Arbeit voll zu qualifizieren.
Wenn du jetzt mal innehältst am Ende deiner beruflichen Laufbahn: Was bedeuten dir persönlich Religion, Glaube und Kirche?
Mein Glaube ist am stärksten gewachsen durch die Jungschar, durch die Menschen darin. Auch durch die beiden Priester Fritz Purrer und Rudi Wolfsberger, die leider beide schon verstorben sind. Diese beiden haben mich da am meisten geprägt, durch ihre Lebensfreude und vor allem durch die Musik. Mein Glaube war sehr stark verbunden mit dem Singen und Gitarre spielen, mit dem, was aus den Liedern „herauswächst“ und entsteht, mit dem, was man den Menschen damit schenken und mitgeben kann. Mit Rudi Wolfsberger haben wir die „Sing in“ als Jugendchor in Linz-Christkönig begonnen und sind damit in ganz Oberösterreich herumgefahren. Rudi hat mich da sehr einbezogen in die Gestaltung der Gottesdienste. Ich habe also nicht nur als Tenor im Chor gesungen, sondern war Lektor, habe Texte ausgesucht, vorgetragen, war bei vielen Auftritten so oder so eingebunden.
Auch prägend für mich war P. Karl Maderner (heute Shalom-Franziskaner-Kloster Pupping). Er gründete damals das „Haus der Stille“ und ich half ihm, das verlassene Kloster umzubauen. P. Karl hat mich auch hin und wieder ins Kloster mitgenommen. Das war für mich eine Zeit, in der ich mich intensiv mit dem Franziskanerorden auseinandergesetzt habe. Deswegen habe ich auch meine Abschlussarbeit an der Religionspädagogischen Akademie über Franz von Assisi geschrieben.
Zusammenfassend kann ich sagen: Die geistliche Musik, der Franziskanerorden und vor allem die Personen, mit denen ich zu tun hatte, haben mich und meinen Glauben geprägt. Und natürlich die Jungschar. Ein Jahr war ich auch in der Diözesanleitung der Jungschar. Insgesamt bin ich bei 20 Schulungen der Jungschar in Hinteranger dabei gewesen, um Jungschargruppenleiter:innen auszubilden.
Das kann ich zu Glaube und Religion sagen.
Der Kirche gegenüber war ich manchmal sehr skeptisch und kritisch und hoffe, das ich das heute auch noch manchmal bin. Denn Religion, Glaube und Kirche passen ja nicht immer ganz zusammen. Leider habe ich diesbezüglich meinen Mund oft zu weit aufgemacht. Die Grenzen sind da ja nicht immer fließend, sondern manchmal auch „zackig“ und schmerzhaft.
Was war dir in den ersten Jahren als Pastoralassistent ab 2002 besonders wichtig?
Da ich schon vor meiner Anstellung viele Gottesdienste gestaltet habe als Schulgottesdienste, Oasengottesdienste in der Pfarre Linz-Christkönig und Hartkirchen, wir viele Taufen und Hochzeiten musikalisch begleitet haben, war mir das Gottesdienst feiern nicht fremd. P. Theobald war sehr mutig, 1995 habe ich in Ottensheim die ersten „Versuche“ mit Wortgottesdiensten gemacht. Und dann habe ich schließlich auch die Ausbildung zum Wortgottesdienstleiter gemacht. 1997 habe ich schon regelmäßig Wortgottesdienste geleitet. Das war neben dem Lehrberuf sehr zeitfordernd. Und schließlich durfte ich das ab 2002 auch als Beruf machen. Dazu hat dann gehört, dass ich auch die Ausbildung zum Begräbnisleiter absolvierte. Auch Taufen durfte ich durchführen, für die P. Theobald „den Kopf hingehalten“ hat, weil die offizielle allgemeine Tauferlaubnis bekam ich erst viel später.
Mit Taufen und Begräbnissen kann man die Menschen am stärksten erreichen, mit all dem, was davor, währenddessen und danach geschieht. Das hat mir sehr gefallen. 20 Jahre war ich „nur“ Lehrer und dann hat mir dieses zweite Standbein, haben mir dieser andere Zugang, diese anderen Möglichkeiten, sehr gut getan. Mit meiner Anstellung als Pastoralassistent war plötzlich Platz für das, was vorher immer nur „hineingepresst“ war.
Was waren die „Schwerpunkte“ deiner Arbeit im Laufe der Jahre?
Die Schwerpunkte waren die Wortgottesfeiern, Begräbnisse und Taufen. Ich habe 2002 mit den „Oase“-Gottesdiensten begonnen – daraus sind im Laufe der Jahre 148 geworden, erst mit der Corona-Pandemie hat sich das leider aufgehört. Auch die Ministrant:innenarbeit, die ich fast 19 Jahre geleitet habe, hat mir irrsinnig Spaß gemacht. Das Schöne dabei war, mit den Kindern in einer „Nicht-Schul-Atmosphäre“ zusammenzuarbeiten. In manchen Zeiten waren um die 40 Ministrant:innen, da war was los, eine Faschingsfeier mit 40 Kindern war wirklich eine lustige Feier. Und auch die Mini-Ausflüge waren legendär.
Was an deiner Arbeit hast du am liebsten gemacht?
Am liebsten mache ich die Wortgottesfeiern am Sonntag. Taufen sind irrsinnig schön. Und auch Menschen bei einem Begräbnis zu begegnen, ihnen zur Seite zu stehen, auch wenn man manchmal persönlich betroffen ist, was auch ziemlich tief gehen und Kräfte rauben kann, ist sehr schön. Menschen zu unterstützen in meiner Funktion und sie zu begleiten, wenn sie da vielleicht unsicher oder unbeholfen sind, ist sehr schön. Da entsteht eine Wechselbeziehung, da spürt man, man hat ihnen in dieser Situation helfen können. Nach einem Sonntagsgottesdienst bekommt man manchmal ein Echo, aber messbarer ist das bei einem Begräbnis oder bei einer Taufe, ob es den Leuten gut gegangen ist.
Auf welche besonders schönen Dinge in den vergangenen Jahrzehnten als Pastoralassistent blickst du gerne zurück? Gab es irgendwelche „Highlights“?
Seit Beginn meiner Anstellung leite ich die Firmvorbereitung. Da hatte ich tolle Teams, mit denen ich auch privat Zeit verbrachte. Das war immer ein „Aufleben“, wenn man miteinander Zeit verbracht hat. Das war bereichernd, schön und hat gut getan.
Die Highlights waren immer die Firmgottesdienste, die Firmfeiern in Ottensheim. Das ist im Laufe der Zeit aber mühsamer geworden. Allerdings die letzten beiden Jahre, als wir die Firmgottesdienste in Wilhering mitgefeiert haben: Das waren Highlights. Abt P. Reinhold Dessl hat es geschafft, mich so miteinzubinden, dass ich mich wohlfühlen konnte. Da habe ich auch Kirche als Pastoralassistent auf Augenhöhe mit den Priestern erlebt. Das waren schöne, feierliche Momente. Natürlich ist auch der Stiftshof in Wilhering toll – eben ein Highlight.
Und Highlights waren auch die Pfarrreisen. Du bist mit den Leuten schon vorher lange in Kontakt, sie sprechen dich immer wieder an und durch das gemeinsam fortfahren wächst man natürlich auch zusammen.
Wenn du noch einmal in dein erstes Jahr als Pastoralassistent starten würdest, würdest du irgend etwas anders machen?
Ich würde gleich von Beginn an schauen, dass ich einen Computer zur Verfügung habe. Christian Landl hat es nicht geschafft, dass wir in der Pfarre einen Computer bekommen. Und auch mich hat es viel Überzeugungsarbeit gekostet, bis schließlich der erste Computer in der Pfarre angeschafft wurde und bis P. Theobald akzeptierte, dass ich auf meinem Laptop im Pfarrbüro arbeite. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.
Ich selber wurde sparsam, zurückhaltend erzogen und wollte das Pfarrbudget nicht belasten – also habe ich mit einem alten Sessel und einem Brett über zwei Rollcontainern im Pfarrbüro begonnen. Das war mein erster Schreibtisch. P. Theobald war immer ein Sparmeister und ist es noch immer.
Im selben Ort zu wohnen und zu arbeiten hat Vor- und Nachteile. Wie hast du es selbst erlebt?
Es gibt viele Zeiten, wo das sehr schön und gut ist, wenn man die Leute kennt, ihnen begegnet und man spürt, da sind Fragen, da ist Interesse. Aber es gibt Zeiten – und je länger ich Pastoralassistent war, desto mehr Gedanken dazu habe ich mir gemacht – da werden die Grenzen nicht geachtet. Ich bin viel mit meinem Hund spazieren, und dann reden mich die Leute an. Wenn man von der Marktgemeinde etwas will, gibt es Amtszeiten. Bei mir ist das oft sehr locker und durchlässig betrachtet worden. Und ich wollte die Menschen dann ja auch nicht vor den Kopf stoßen und auch einen positiven Eindruck hinterlassen bzw. offen sein für die Menschen. Ich habe das eben in beide Richtungen erlebt – mit guten Seiten und manchmal wurde es auch zu viel.
Gab es irgendwelche Rückmeldungen an dich als Pastoralassistent, die dich besonders ermutigt oder berührt haben?
Ermutigt haben mich Rückmeldungen nach Gottesdiensten oder auch Zeichen.
Bei den Oase-Gottesdiensten, wenn die Leute wiedergekommen sind, wusste ich, ich habe die richtige Sprache und Form gefunden. Wenn sich Menschen nach einem Begräbnis bedanken, etwas schreiben und etwas noch einmal zur Sprache bringen; oder bei einer Taufe, wenn jemand ein Foto schickt oder noch einmal anruft oder einen Brief schreibt, dann sind das schöne Rückmeldungen, die gut tun.
Wie hast du die Entwicklung der Pfarre und des Ortes Ottensheim in den vergangenen Jahrzehnten erlebt?
Das ist eine gewaltige Entwicklung. Ottensheim galt im Stift Wilhering immer als „schwierige“ Pfarre. P. Petrus Mittermüllner hat ein ganz klares Regiment geführt. Das war auch unter anderem ein Grund, warum ich „meine“ Firmvorbereitung anders gestalten wollte. Seit 1979 habe ich in der Firmvorbereitung mitgearbeitet. Ich erinnere mich, dass P. Petrus uns, als ich selbst Firmkandidat war, Vorträge hielt und uns die Grundgebete abprüfte. Und wenn wir diese gekonnt haben, bekamen wir die Firmkarte. Das war damals Firmvorbereitung. Später hatten wir Firmvorbereitung in Kleingruppen, heute haben wir Projektarbeit.
P. Petrus war eine Institution – wie das früher war: Bürgermeister, Lehrer, Arzt – und eben Pfarrer.
Als nächstes ist mir P. Laurenz Burgstaller in Erinnerung. Er war ein lieber Mensch, aber leider organisatorisch völlig unfähig. Ich erinnere mich, dass ich damals ehrenamtlich in der Pfarrkanzlei für sehr vieles zuständig war. Auch die Finanzen waren nicht unbedingt sein Geschick, das war keine einfache Zeit.
Der Paukenschlag kam mit P. Theobald Grüner. Früher durfte man nichts sagen, es wurde einem alles vorgesetzt. Und dann plötzlich kommt wer, der sagt: „Mach es!“ Dieser Änderungsprozess zog sich über viele Jahre, auch bei mir selbst. In St. Martin musste ich bei den Gottesdienstvorbereitungen jedes Wort vom Pfarrer absegnen lassen, P. Theobald hat mir da vieles ermöglicht: „Frag nicht immer, tu es!“ Das war schon gewaltig, ein Prozess, der da in der Pfarre stattgefunden hat.
Auch als Gemeinde hat sich vieles verändert. Ottensheim wurde eine starke Zuzugsgemeinde, das hat vieles verändert. Frühe gab es einen „Alt-Ottensheimer“ Kern, der hat sich aber um 180 Grad gedreht, das ist alles anders geworden. Da waren früher bestimmte Personen, bestimmte Institutionen. Alleine der Sportverein: Beim Sonnwendfeuer stand man fast „Habt Acht!“. Da hat sich schon vieles toll entwickelt.
In der Gemeinde hat sich vieles geöffnet, sehr zum Positiven. Auf der anderen Seite geht vieles verloren, was die Menschen gewohnt waren. Man kennt sich nicht mehr selbstverständlich. Durch die großen Siedlungsgebiete, die dazugekommen sind, ist es nicht mehr möglich, dass sich alle kennen. Es gibt viele Leute, die wahrscheinlich nur in Ottensheim wohnen, aber nur gelegentlich an etwas teilnehmen im Ort. Da spürt man schon einen großen Unterschied zu früher.
Wenn du einem Fremden etwas über die Pfarre Ottensheim erzählen würdest, welche drei Dinge würdest du nennen?
Seit P. Theobald da ist: Das „Über den Tellerrand Hinausschauen“ find ich sehr toll. Er hat sich sehr lange bemüht, mit der Evangelischen Gemeinde zusammenzuarbeiten. Es fanden Wanderungen statt, das Pfarrheim und die Kirche wurden für die Evangelische Gemeinde geöffnet. Diese Ökumene, zumindest mit der Evangelischen Kirche, gefällt mir sehr.
Bei Amnesty bin ich „nur“ Mitglied und Spender, aber ich finde es schön, wie Hermann Kitzberger der Gemeinde immer wieder die Augen öffnet für Menschenrechtsverletzungen.
Und auch die ehemalige „Selbstbesteuerunggruppe“, die heutige „IGWelt“ (die eben 40 jähriges Bestehen feierte) – wie diese Gruppen mit der Pfarre in Verbindung stehen und das Hand in Hand geht, ist etwas Schönes.
Wie würdest du die typische Ottensheimerin, den typischen Ottensheimer beschreiben?
Den gibt es nicht mehr. Vielleicht werden das Jüngere anders formulieren, aber was in meiner Geschichte „typischer“ Ottensheimer ist, hängt mit der Vergangenheit zusammen, und deshalb tu ich mir da schwer, das zu definieren.
Trotzdem: Für mich ist ein typischer Ottensheimer einer, der die Donau liebt, das gehört für uns einfach dazu, das Wasser der Donau, auch wenn es da sehr unterschiedliche Erlebnisse gibt: von positiv bis Hochwasser.
Früher war Kultur zu erleben hauptsächlich in Linz möglich, heute haben wir ein sehr breites kulturelles Angebot in Ottensheim – eine schöne Sache, die in Ottensheim gelebt wird.
Nach dem Hochwasser war es toll, welche unterschiedlichen Gruppen da zusammengeholfen haben. Diese Offenheit zeichnet Ottensheimer:innen aus. Nicht wie früher, dass die Linien parteipolitisch oder religiös gezogen wurden, sondern offen. Menschen, die aus Flucht-Situationen zu uns gekommen sind und auch ihren Glauben gelebt haben, fanden hier offene Menschen, das ist schön, das zeichnet uns aus. Also nochmals kurz: Natur, Kultur, das Wasser der Donau.
Der Strukturprozess der Diözese ist voll im Gange – wie erlebst du den Umstellungsprozess (der dich ja beruflich nicht mehr treffen wird)?
Ich habe im Laufe der Zeit meiner kirchlichen Tätigkeit immer wieder die Versuche, neue Formen zu finden, erlebt: Umstrukturierungen, Einsparungen, Umdenken. Auch im schulischen Bereich. Da gab es anfangs A- und B-Zug, dann unterschiedliche Formen der Leistungsgruppen, unterschiedlichste Formen der Integration. Durch „Gesund-Sparen“ wurde vieles in der Realität nicht so umgesetzt, wie geplant und wurde schließlich nach einiger Zeit wieder verändert. Mein Fazit: Alles lebt und stirbt mit den Menschen, die in einem Bereich tätig sind. Wenn da Herzblut reinfließt, dann wird es leben, anderenfalls wird es sterben.
Zum jetzigen Strukturprozess: Ich habe mich zuletzt zurückgehalten, weil ich kein Bremser sein wollte und nichts verhindern wollte. Vielleicht liegt eine Chance in diesem Prozess, vorrangig sehe ich aber den Sparstift stehen. Beim letzten Mitarbeiter:innen-Treffen der Pastoralen Berufe der Diözese Linz war die Rede von ca 30 Prozent Einsparungen, die wir zu bewältigen haben, das ist die Realität.
Die Realität im Strukturprozess ist, dass wir keine Priester mehr haben. Damit müssen wir zurechtkommen. Ich bin eher skeptisch, habe mich aber da zurückgehalten und will auch da nicht mehr mitplanen. Für mich passt es jetzt gut, dass ich in Pension gehe, wenn die Umsetzung bei uns beginnt.
Wenn du einem jungen Menschen im kirchlichen Beruf etwas raten könntest, was wäre es?
Schau es dir an, wenn dein Herz brennt, dann versuche, deinen Weg zu gehen.
Was ist dein persönliches Resümee aus den vielen Jahren kirchlicher hauptberuflicher Arbeit?
Man hat in Vielem Träume und Vorstellungen. Realisieren lässt sich nur Manches. Das drückt auch manchmal ein wenig.
Zum Beispiel die Jugendarbeit, die ich wirklich intensiv betrieben habe: Meine Vorstellung war, etwas mitzutransportieren, um Menschen für die Tätigkeit in der Kirche zu gewinnen. Das ist nur wenig gelungen, und oft auf ganz anderen Wegen. Ich dachte mir, ich lege den Jungen etwas in die Schuhe, und hoffte, dass das rauskommt, was ich mir vorstellte. Aber so läuft das nicht. Da ist man gefährdet, dass man in solchen Erwartungshaltungen lebt und dann zweifelt. Aber die Sache ist eben sehr viel vielfältiger. Die 24 Jugendlichen, die ich damals begleitet habe: Sie sind noch zusammen heute, sie verbringen auch als Familien Zeit miteinander, sie helfen sich gegenseitig, sie leben Nächstenliebe. Christ:in sein heißt ja so viel. Und ist nicht nur gebunden an irgendwelche Strukturen und Formen der Kirche.
Wirst du der Pfarre irgendwie „erhalten“ bleiben, wenn du in Pension gehst?
Ja. Was ich nicht mehr mag, sind irgendwelche Sitzungen. Vieles wiederholt sich ja auch in 47 Jahren, die ich im Pfarrgemeinderat bin.
Soweit es gewünscht wird, werde ich Wortgottesdienste halten, wenn ich gebraucht werde, halte ich auch Begräbnisse, auch im Waldinger Bezirksseniorenheim habe ich schon zugesagt, alle zwei Monate einen Wortgottesdienst zu halten. Und auch für Taufen würde ich einspringen, wenn niemand zur Verfügung steht. Aber unter dem Vorbehalt meiner zeitlichen Verfügbarkeit.
Worauf freust du dich, wenn du an die Zukunft denkst?
Ich muss lernen, mit der Pension umzugehen. Ich war in einem Rad drinnen und merke es, wie oft ich ins Pfarrbüro schaue und abchecke, was los ist. Darum werde ich mich ab Juli drei Monate von möglichst allem herauszuhalten, damit die Leute lernen, mit der neuen Situation umzugehen, dass es dann anders ist. Und dann möchte ich für das genannte wieder zur Verfügung stehen.
Ich freue mich, dass ich meine Familie, die in Kärnten lebt, öfter besuchen kann – das nehme ich mir zumindest vor.
Nach der Schule habe ich vieles in Schachteln gegeben – das gehört noch sortiert.
Und auch meine umfangreiche Diasammlung möchte ich teilweise digitalisieren. Und in Haus und Garten möchte ich noch einiges richten für die nächste Zeit.
In den letzten Monaten und Jahren hatte ich weniger Zeit für Konzerte oder Kino – da hoffe ich, dass ich dafür wieder mehr Platz finde.
Interview Andreas Fürlinger am 15.4.2024 mit PAss Dipl. Päd. Winfried Kappl anlässlich seiner bevorstehenden Pensionierung per 30.6.2024 bei Wini zu Hause in der Stifterstrasse.