Hl. Familie
Predigt Fest der hl. Familie, 29.12.2024
Perikopen: 1 Joh 3,1-2.21-24 Lk 24,41-52
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
Was macht die Heilige Familie zur Heiligen Familie? An fehlenden Konflikten kann es nicht liegen. Vielleicht sagt uns der Satz, der vor dem heutigen Evangelium steht worum es geht. „Das Kind wuchs heran und wurde stark, erfüllt mit Weisheit, und Gottes Gnade ruhte auf ihm.“ Es ist der Abschluss der Erzählungen des Evangelisten Lukas über die Geburt Jesu. Gleich danach erzählt er die Geschichte des 12-Jährigen Jesus im Tempel. Mit einem Satz werden die ersten zwölf Lebensjahre Jesu zusammengefasst. Für den heiligen Lukas war offenbar das Wichtigste über die ersten Lebensjahre Jesu gesagt. In ähnlicher Kürze beschreibt er übrigens auch die weiteren Jahre bis zum ersten öffentlichen Auftreten Jesu. Dort heißt es: Jesus „kehrte nach Nazaret zurück und war ihnen gehorsam. Seine Mutter bewahrte all die Worte in ihrem Herzen. Jesus aber wuchs heran und seine Weisheit nahm zu und er fand Gefallen an Gott und an den Menschen.“ Wenn wir heute das Fest der Heiligen Familie feiern, das Fest des heranwachsenden Jesus bei Maria und Josef, geht es nicht darum, uns das ideale Konzept einer christlichen Familie vor Augen zu führen. Vielmehr sollten wir uns daran erinnern, was den Kern und das Wesen der christlichen Frömmigkeit für jeden Menschen ausmacht, egal, wo er lebt, egal, in welcher Familienkonstellation er sich im Augenblick befindet. Dieser Kern ist mit den Worten des Evanglisten Lukas gesprochen: „Die Gnade Gottes ruhte auf ihm.“ Genau das will uns er uns deutlich machen: In all diesen Jahren, in denen Jesus heranwuchs und von denen wir eigentlich nichts wissen, in all diesen Jahren ruhte die Gnade Gottes auf ihm – lebte er in der Gegenwart Gottes, war Gott und seine Gegenwart lebendig, erfahrbar, spürbar.
Liebe Brüder und Schwestern!
Genau das wäre unser Auftrag, die wir jedes Jahr das Fest der Heiligen Familie feiern: sich dieser Gnade Gottes mitten unter uns wieder bewusst zu werden. Durch die Taufe sind wir mit dieser Gnade beschenkt. Solange wir Gott nicht aus dem Haus jagen, also aus unserem Herzen, solange ist er bei uns und wir in ihm. Unsere Gefahr besteht nicht so sehr darin, dass wir Gott ablehnen, andernfalls wären wir gar nicht mehr hier und würden miteinander Gottesdienst feiern. Unsere Gefahr besteht vielmehr darin, in unserem ganz normalen Alltag auf die Gnade Gottes und seine Gegenwart in und um uns einfach zu vergessen. Genau das sollten wir so gut es geht jeden Tag verhindern, nicht nur in unseren Familien, sondern immer und überall. „Maria bewahrte alles in ihrem Herzen“, heißt es. Genau das sollten wir auch tun: Gott in unserem Herzen bewahren, ihn also nicht vergessen, sondern ihn wirken und seine Gegenwart spürbar werden lassen, in uns und um uns herum. Vielleicht wäre das ja auch einmal ein besonderer Neujahrsvorsatz: Ich werde wieder beginnen, mir täglich bewusst zu machen, dass Gott bei mir ist und meinen Tag mit seiner Gnade begleitet. Amen.