Gott is ma untakema
Predigt Allerheiligen, 1.11.2024
Perikopen: 1 Joh 3,1-3 Mt 5,1-12a
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
Seit Kurzem, vielleicht haben es manche mitbekommen, läuft eine Kampagne mit dem interessanten Titel „Gott is ma untakemma.“ Junge Menschen erzählen, wie in Gott in nicht unbedingt leichten Situationen des Lebens wie Krankheit, Unfall, oder in einem schnelllebigen Lebensstil, ihnen untergekommen ist. Es kam zu einer tiefen, persönlichen Gottesbegegnung, die das Leben oft radikal auf den Kopf gestellt hat und zu einer tiefen Lebenswende führte. Es sind Geschichten, die von einem großen Vertrauen, einer echten Zuversicht und einer neuen Hoffnung in Gott erzählen. „Gott is ma untakemma,“ genau das feiern wir letztlich zu Allerheiligen. Wir feiern alle Menschen, denen Gott im Laufe des Lebens „untakemma is.“ Denn das, was einem Menschen unterkommt, beschäftigt ihn und er wird zu demjenigen Menschen, der er ist. Und wem Gott unterkommt, der wird Kind Gottes, mehr und mehr und ein vollendetes Kind Gottes ist ein Heiliger, eine Heilige. „Gott is man untakemma,“ aber wie und wo? Drei Gedanken dazu.
Erstens: „Gott is ma untakemma im Leben, im alltäglichen Leben.“ Der Großteil unseres Lebens ist nicht Fest-, Feiertag oder Sonntag. Der Großteil des Lebens ist Alltag, normaler Alltag, schöner Alltag, herausfordernder Alltag, manchmal auch harter Alltag. Wenn wir heute alle Heiligen des Himmels feiern und gleichzeitig unserer Verstorbenen gedenken, dann waren das allesamt Menschen, die in erster Linie ein alltägliches Leben gelebt haben. Aber dort ist ihnen Gott untergekommen, und deshalb sind sie Heilige geworden. Gott war im Alltag das tägliche Brot ihres Lebens. Ich glaube wir müssen uns Gott drauf schauen, dass wir unseren Alltag bewusst leben. Es ist oft nicht leicht. Es ist so viel zu tun. Es strömt so viel ein. Noch dazu ist unsere Gesellschaft sehr auf Highlights und Höhepunkte gepolt. Da hat es das Alltägliche, Gewöhnliche und Normale nicht so leicht. Im Alltag bemüht sein, dass Gott uns unterkommt, dass wir uns mit ihm beschäftigen, es gibt so viel Möglichkeiten, und wir mit ihm eine gute Beziehung haben. Der Glaube muss wieder alltagstauglich werden. So wichtig die Sonn- und Feiertage sind, auch das wir sie halten, wir nehmen zu Gott einmal mehr Wochentage, Alltage mit. An ihnen wird sich das Leben messen und wird sichtbar, was wir aus dem Leben gemacht haben. Heilige sind alltägliche Menschen, auch mit Fehlern. Aber jeder Heilige hat eine Vergangenheit und jeder Sünder eine Zukunft.
Zweitens: „Gott is ma untakemma, weil ich auf Jesus geschaut habe.“ Gott kommt uns unter, wenn uns Jesus unterkommt.“ Jesus hat das dem Philippus einmal gesagt: „Schon so lange bin ich bei euch und du hast mich nicht erkannt. Wer mich gesehen hat, der hat den Vater gesehen.“ Jesus sehen, aber wie? Wir haben kein authentisches Bild von ihm, kein Foto, keine Filmaufnahme, wie wir das heute gewöhnt sind. Oder doch? Ja, wir haben ein Bild von Jesus, das heutige Evangelium, die Seligpreisungen. In den Seligpreisungen sehen wir das Gesicht Jesu und gleichzeitig das Angesicht unseres himmlischen Vaters. Wir sehen Jesus in den Armen, Trauernden, Sanftmütigen, Hungernden, Dürstenden, den Menschen mit reinen Herzen, den Friedensstiftern (nicht in den Friedensverhandlern), und in Verfolgten. In diesen Menschen, wo man oft lieber wegschaut, sehen wir Jesus, sehen wir Gott. Was macht dieser Blick auf Jesus, was soll er entfachen? Ich denke eines: Er soll die Leidenschaft in uns entfachen. Die Leidenschaft selber ein wenig ärmer vor Gott zu werden, die Leidenschaft nach innerem Trost, nach Sanftmut, nach Hunger und Durst nach mehr Gerechtigkeit, die Leidenschaft für ein reines Herz und einem friedfertigen Leben, aber auch die Leidenschaft im Leben einmal etwas auszuhalten, was mich verfolgt. Der Blick auf das Antlitz Jesu möge diese Leidenschaft in uns entfachen. Heilige sind ganze Menschen, nicht mal so, mal so. Nichts kennzeichnet uns heute mehr als der Mangel an Leidenschaft Wir finden immer einen Grund zum Kompromiss und unser Elan ist schnell erloschen. Das verhindert den Blick auf Jesus, und dass uns Gott unterkommt.
Drittens: „Gott is ma untakemma, im Sterben.“ Das Doppelfest Allerheiligen und Allerseelen konfrontiert uns unweigerlich mit dem Tod, mit unseren Verstorbenen, aber auch einmal mit dem eigenen Tod. Wir sollen den Gedanken an den eigenen Tod nicht verdrängen. Nicht nur, weil wir weder den Tag noch die Stunde kennen, sondern weil im Tod das Wesentlichste und Wichtigste geschieht, die endgültige Begegnung mit Gott. „Alles Wesentliche im Leben ist Begegnung,“ sagt Martin Buber. Wir könnten das Ganze ummünzen in: „Alles Wesentliche im Sterben ist Begegnung.“ Im Sterben begegnen wir dem Gott des Lebens, der freilich auch über unser Leben befinden wird. Er weiß was recht und was nicht recht war, er weiß was wirklich Leistung und wirklich Versagen war. Wichtig ist nur eines, und das müssen wir schon in diesem Leben einüben. Wir müssen es jetzt schon wollen in einem tiefen Glauben und in einem tiefen Gottvertrauen, dass uns am Ende unserer irdischen Tage, im Augenblick unseres Todes einmal Gott unterkommen darf und soll. Das müssen wir wollen. Ein Psalm-Wort kann uns da eine große Hilfe sein: „Unsere Tage zu zählen lehre uns, dann gewinnen wir ein weises Herz.“ Und wichtig ist auch, dass wir unsere Verstorbenen in der Art und Weise begleiten, dass es unser erstes Ziel ist, dass ihnen Gott unterkommen soll. In diesem Sinn müssen wir uns sehr auf unsere christliche Begräbniskultur schauen (ich fürchte viel ist schon verloren), dass wir nicht zu viel in unsere Begräbnisse hineinstopfen, was eigentlich nicht hineingehört. Aber die alte Weisheit stimmt, dass wenn sich der Glaube durch die eine Tür verabschiedet, der Aberglaube durch die andere Tür herein kommt. Gott soll unseren Verstorbenen unterkommen, Gott soll uns im eigenen Sterben einmal unterkommen.
Liebe Brüder und Schwestern! Gott is ma untakemma,“ eine interessante Kampagne. Vielleicht informiert ihr euch mal im Internet darüber und schaut euch eine derartige Glaubensgeschichte an. „Gott is ma untakemma“ im Alltag, im Blick auf Jesus, im Sterben. „Gott is ma untakemma“ ein ideales Thema für Allerheiligen und Allerseelen, für Lebende und Verstorbene. „Gott is ma untakemma.“ Möge er uns oft unterkommen. Amen.