Das Weltgericht
Predigt 26. Sonntag im Jahreskreis, 29.9.2024
Perikopen: Jak 5,1-6 Mk 9,38-43.45.47-48
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
Das heutige Evangelium ist nicht unbedingt das Leichteste. Aber wir sollen uns nicht darüber hinwegschummeln. Wir sollen trotzdem Darüber nachdenken und dieser Botschaft stellen. Auch hier hat uns Jesus etwas zu sagen.
Erstens: Die Hölle. Im Evangelium ist drei Mal von der Hölle die Rede, ein Wort, das man heute sonst eher vermeidet zumindest in der Kirche. Früher haben wir in der Kirche genau gewusst, wie es in der Hölle aussieht. Da sind wir heute vorsichtiger geworden. Gleichwohl ist in der Alltagssprache das Wort noch nicht verschwunden. Denken wir an die Hölle von Ausschwitz oder die Hölle von Stalingrad. Für viele Menschen in der Ukraine ist das Leben dort zur Hölle geworden. Und bei Demonstrationen gegen den Ukrainekrieg gab es gegen Putin Transparente mit der Aufschrift „Go to hell – fahr zur Hölle.“ Und im jean Paul Satres Drama „Bei geschlossenen Türen“ werden nach dem Tod drei Menschen in einen Raum eingeschlossen, in dem sie sich ohne Hoffnung auf Ende gegenseitig als Peiniger und Opfer ausgeliefert sind. Daraus folgt: Die Hölle, das sind die anderen. Wir Menschen können uns und einander das Leben zur Hölle machen. Aber was würde Jesus dazu sagen? Die Sünder lagen ihm doch sehr am Herzen. Wie ein Hirte ist er ihnen nachgegangen. Jesus hat Liebe zu den sündigen Menschen, aber die Sünde als solches ächtet er. Deshalb spricht er von Heulen und Zähneknirschen und beschreibt die Hölle in den apokalyptischen Bildern seiner Zeit. Das ist freilich nicht unbedingt die Sprache unserer Zeit. Wir sagen: Die Hölle ist kein Ort, sondern ein Zustand der totalen Entfernung und Entfremdung von Gott. Er betrifft nicht nur Kriegsverbrecher, Massenmörder und Kinderschänder, sondern jeden Menschen und alles, was wir einander antun. Ja, die Hölle können wir Menschen sein.
Zweitens: Es geht Jesus immer um Gerechtigkeit für alle. Jemand, der wirklich schwere Schuld auf sich geladen hat, kann nicht einfach so davon kommen. Opfern und Tätern muss Gerechtigkeit widerfahren. Der Philosoph Max Horkheimer spricht von der „Sehnsucht danach, dass der Mörder nicht über das unschuldige Opfer triumphieren möge.“ Das Evangelium spricht vom letzten Gericht. Gott, nicht der Mensch, schafft Gerechtigkeit für alle. Darin drückt sich aus, dass alle Menschen gleich sind, auch an Lebensverantwortung vor Gott. Wir haben Verantwortung müssen auch einmal vor Gott gerade stehen eingedenk, wie der heilige Franz von Assisi gesagt hat: „Was du in den Augen Gottes bist, das bist du.“ Gott möchte Gerechtigkeit für alle, die andere, die größere Gerechtigkeit, von der Jesus in seiner Verkündigung gesprochen hat.
Drittens: Die Botschaft vom Weltgericht. Worauf kommt es da an? Dass wir unten sind bei den Hungrigen, Durstigen, Obdachlosen, Nackten, Geschundenen und Gefangenen. Das sind seine Brüder und Schwestern. Und er identifiziert sich mit ihnen: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder und Schwestern getan habt, habt ihr für mich getan.“ Der Weltenrichter begegnet uns in der Gestalt der Menschen, in den geringsten Brüdern und Schwestern. Und hier macht der Richter ernst mit der Liebe. Die Liebe richtet auf. Die Hölle bedeutet, sich von der Liebe Gottes auszuschließen. Am Ende unseres Lebens werden wir einmal nach der Liebe gerichtet. Darauf kommt es an. Freilich, das dürfen wir nicht übersehen, die Botschaft vom Weltgericht spricht schon auch von der Möglichkeit des ewigen Verderbens. Sie verbietet uns, dass wir von vornherein mit einer billigen Versöhnung für alles rechnen dürfen. Hölle bedeutet, dass jemand partout nicht lieben und geliebt werden will, Es sind Menschen gemeint, die sich unerreichbar machen für das Gute, das ihnen durch andere zuteilwird. Es bleibt die Hoffnung, dass der böseste und schlechteste Mensch noch den Weg zurückfindet in die Barmherzigkeit. Diese Hoffnung bleibt.
Liebe Brüder und Schwestern!
Kein leichtes Evangelium, keine leichte Botschaft, aber doch eine wichtige. Die Hölle, das sind in erster Linie wir Menschen. Es geht Gott um die Gerechtigkeit. An die dürfen wir glauben und uns ihr überlassen, damit sich das Gericht Gottes einmal auflöst in die vollkommene Liebe Gottes, wenn wir am Ende unseres Lebens einmal nach unserer menschlichen Liebe gerichtet werden. Amen.